EZB-Kurs Commerzbank-Chefökonom warnt vor Währungskrieg

Die neue EZB-Geldschwemme birgt erhebliche Risiken. Sie schwächt den Euro und provoziert damit Konflikte mit anderen Währungsräumen, warnt Commerzbank-Chefökonom Krämer. Die USA könnten zum Gegner Europas werden.

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Die massive Abwertung des Euro birgt erhebliches Konfliktpotential mit anderen Staaten – auch mit den USA. Quelle: Reuters

Berlin Der sinkende Euro-Kurs infolge des geplanten Staatsanleihen-Kaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) könnte nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Commerzbank, Jörg Krämer, in einen Währungskrieg münden. „Wenn die EZB ungelöste wirtschaftliche Probleme durch eine Euro-Abwertung lösen möchte, dann schafft sie Konflikte mit anderen Ländern. Die USA halten derzeit nur deshalb still, weil es ihnen wirtschaftlich recht gut geht“, sagte Krämer dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Die Abwertungspolitik der EZB belaste aber auf Dauer die Beziehungen zu den USA und den asiatischen Ländern.

Dessen ungeachtet hält Krämer es sogar für möglich, dass die EZB ihre am Donnerstag beschlossenen geldpolitischen Maßnahmen noch ausweitet. Kurzfristig entlaste ein abwertender Euro die Konjunktur. Aber langfristig löse er nicht das Wettbewerbsproblem vieler Euroraum-Länder, erläuterte der Commerzbank-Chefökonom. „Deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass die EZB nachlegt und ihr Kaufprogramm in den kommenden Quartalen aufstockt.“ Die Erwartung einer weiteren Lockerung der EZB-Geldpolitik belaste schon heute den Euro.

Die EZB nimmt diese Entwicklung in Kauf, weil ihre Zinspolitik nicht mehr die gewünschte Wirkung entfaltet. In vielen Ländern des Euroraums, so Krämer, seien die Konsumenten und Unternehmen noch zu hoch verschuldet. „Niedrige Zinsen können sie also nicht dazu verführen, ihre Ausgaben zu steigern und so die darbende Konjunktur anzufachen“, erläuterte er. Deshalb wirkten die massiven Anleihekäufe nur über eine Abwertung des Euro. „Denn er verbilligt die im Euroraum hergestellten Güter aus Sicht von Kunden in den USA oder Asien, was die Exporte und die Gewinne der Unternehmen im Euroraum erhöht.“ In Wahrheit sei das Anleihekaufprogramm der EZB daher ein Abwertungsprogramm.

Krämer steht mit seiner Einschätzung nicht allein. Auch die deutschen Exporteure werfen der EZB vor, mit ihrem Billionen-Anleihekaufprogramm einen Währungskrieg zu provozieren. Eine Politik der Schwächung des Euro berge massive Gefahren. „Irgendwann sagen die Amerikaner oder die Asiaten, jetzt reicht es uns“, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, der Nachrichtenagentur Reuters. Dann drohe ein Abwertungswettlauf und damit ein Währungskrieg. Was EZB-Präsident Mario Draghi mache, sei daher „brandgefährlich“.


„Ein Abwertungswettlauf schädigt alle“

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, wies schon im vergangenen Jahr auf die Risiken eines weichen Euro hin. Zwar gebe es kein weltweit reguliertes Währungssystem, erläuterte Hüther im Oktober in einem Beitrag für die „Bild“-Zeitung. Doch bisher hätten die Notenbankchefs auf gezielte Abwertungen verzichtet.

„Grund waren historische Erfahrungen“, so Hüther. „Die Abwertungswettläufe zwischen den Weltkriegen waren der Sargnagel für die Weltwirtschaft.“ Doch jetzt sei man einem solchen Währungskrieg durch bewusst herbeigeführte Abwertungen sehr nahe. „Was jetzt beim Euro passiert, haben wir zuvor beim japanischen Yen erlebt. Besser geht es der japanischen Volkswirtschaft deshalb aber nicht“, betonte Hüther. Abwertungen lösten aber keine strukturellen Probleme. „Ein Abwertungswettlauf schädigt alle“, warnte der IW-Chef.

Weniger dramatisch sieht der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, die Entwicklung. Zwar habe das geplante Anleihe-Ankaufprogramm der EZB zu einer Schwächung des Euro beigetragen. Er sehe deshalb aber „zur Zeit kein Risiko für einen Währungskrieg“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Viele andere Zentralbanken haben ja ähnliche Ankaufprogramme wie die EZB. Und der Euro ist selbst bei seinem jetzigen Wechselkurs nicht deutlich unterbewertet.“

Fratzscher betonte vielmehr die Vorteile der EZB-Politik für Deutschland. „Kaum jemand wird so stark von einem günstigeren Euro profitieren, wie die deutschen Exporteure“, sagte der DIW-Chef. „Denn damit werden ihre Produkte weltweit günstiger und wettbewerbsfähiger, und sie können somit ihre Erträge weiter steigern.“

Ähnlich äußerte sich der Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier. Die aktuell starke Abwertung des Euro gegenüber den wichtigen Währungen, ist aus seiner Sicht ein „willkommener Nebeneffekt“ der jüngst beschlossenen Maßnahmen. „Der schwächere Euro dürfte sich zum einen günstig auf die Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Länder auswirken und damit das Exportwachstum stärken. Zum anderen steigen damit auch die Importpreise, was zu einer höheren Inflationsrate beitragen sollte“, sagte Bielmeier dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Daher rechne ich nicht damit, dass die EZB sich den aktuellen Entwicklungen an den Währungsmärkten in den Weg stellen möchte.“

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