EZB Achtung, neue Geldschwemme!

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Ordnungspolitischer Sündenfall

Doch egal, wie die Anleihekäufe ausgestaltet werden: Sie bleiben ein ordnungspolitischer Sündenfall, dessen ökonomische Folgeschäden kaum reparabel sind. Denn durch künstlich nach unten gedrückte Zinsen erscheinen Investitionen rentabel, die es bei genauer Betrachtung gar nicht sind. Früher oder später müssen diese Investitionen liquidiert werden. Auf den Boom folgt dann der Bust. Die Eurozone stürzt in die nächste Krise.

Darüber hinaus mindern niedrige Zinsen den Reform- und Spardruck auf die Regierungen. Unter dem Schutzschirm der EZB und der Euro-Rettungsprogramme haben Italien und Frankreich bei ihren Reform- und Sparanstrengungen unlängst nachgelassen. Drückt die EZB die Zinsen weiter nach unten, gibt sie den Politikern Anreize, noch mehr Schulden aufzunehmen. Die Eurozone pervertierte endgültig zur Schuldenunion.

Das aber änderte die Rolle der EZB. Denn je höher die Ausfallrisiken sind, die sie sich durch den Kauf von Staatsanleihen in die Bilanz holt, desto abhängiger wird sie von den Regierungen. Können diese ihre Schulden nicht mehr bedienen, entstehen der EZB milliardenschwere Verluste, die ihr Eigenkapital aufzehren. Für die Rekapitalisierung der EZB müssten die Steuerzahler auch in den solide wirtschaftenden Ländern bluten. „Die EZB wird zusehends Gläubiger von schlechten Kreditnehmern  - und von ihnen abhängig“, warnt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der Degussa. Um ihre Bilanz zu retten, muss die EZB die Regierungen flüssig halten. Im Klartext heißt das: Die Notenbanker werden noch mehr Geld drucken.    

Neue Blasen

Inflation bei Änderung der Geldmengen Quelle: Degussa

Schon der Anleihekauf von 1000 Milliarden Euro könnte der Inflation einen kräftigen Schub verleihen. So kalkulieren die Ökonomen der EZB mit einem Anstieg der Inflationsrate um 0,2 bis 0,8 Prozentpunkte. Deutlich höher könnte der Teuerungsschub ausfallen, wenn die EZB den Betrag von 1000 Milliarden Euro für den direkten Ankauf von Anleihen von Bürgern, Unternehmen und anderen Nichtbanken verwendet. Nach Berechnungen von Degussa-Ökonom Polleit stiege die Geldmenge M3 in diesem Fall um rund zehn Prozent (siehe Tabelle oben).

Wächst die gesamtwirtschaftliche Produktion im Trend um 2,0 Prozent und sinkt die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes um 0,5 Prozent, so klettert das Preisniveau um 7,5 Prozent in die Höhe. Ein Großteil des Inflationsschubs dürfte sich in den Vermögenspreisen entladen, vermutet Polleit. Schon die Geldschwemme der vergangenen Jahre hat vor allem die Preise von Grundstücken, Häusern, Rohstoffen, Aktien und Anleihen in die Höhe getrieben. Die Folgen waren Blasen, deren Platzen die Wirtschaft  in die Krise stürzte.

Fondsmanager Carmignac aber juckt das alles nicht. Finanzjongleure wie er leben von liquiditätsgetriebenen Haussen. Je größer diese ausfallen, desto höher die Kursgewinne, die sie einfahren. Ebbt die Geldzufuhr von der Zentralbank hingegen ab und verharren die Zinsen über der Wachstumsrate des nominalen BIP, drohen die Eurostaaten auf den Bankrott zuzusteuern.

Dann hat auch Carmignac nichts mehr zu lachen. Er müsste seinen Kunden erklären, warum er deren Geld jahrelang in die Schuldpapiere politischer Hasardeure und Bankrotteure gesteckt hat.

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