EZB und Fed Trump erleichtert längere Geldflut

Donald Trumps Wahlerfolg hat auch Folgen für die Geldpolitik, denn die wirtschaftliche Unsicherheit steigt. Das stärkt vor den wichtigen Dezember-Sitzungen der Notenbanken die Befürworter der lockeren Geldpolitik.

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EZB-Präsident Mario Draghi: Der Ausgang der US-Wahl macht eine Verlängerung der EZB-Anleihekäufe noch wahrscheinlicher. Quelle: AP

Frankfurt Chefvolkswirt Peter Praet war am Mittwoch das erste hochrangige EZB-Mitglied, das sich nach dem überraschenden Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl zu Wort meldete. Seine Botschaft: Ruhe bewahren. Es sei zu früh, um Schlüsse aus der Wahl zu ziehen, sagte Praet am Mittwoch in Brüssel. „Wir müssen ruhig sein, ruhiger als die Märkte.“ Noch sei es zu früh, um auf das US-Wahlergebnis zu reagieren. Die Notenbank wolle durch die Volatilität an den ersten Tagen hindurchschauen und die Lage genau beobachten, sagte Praet. „Wir müssen geduldig sein und sehen wie sich die Dinge entwickeln.“

Bislang sind die Ausschläge an den Märkten jedoch nicht so dramatisch, wie manche befürchtet hatten. Zwar gibt es eine Flucht in Sicherheit. Die Zinsen für Bundesanleihen sind gefallen. Umgekehrt stiegen die Zinsen etwa für italienische Staatsanleihen. Eine Panik mit deutlich steigenden Risikoprämien gibt es aber bisher nicht.

Eines scheint jedoch klar: „Trumps Wahlsieg sorgt für politische Unsicherheit,“ sagt ING-Diba-Chefvolkswirt, Carsten Brzeski. Dadurch habe EZB-Chef Draghi weitere Argumente für eine Verlängerung der umstrittenen milliardenschweren Anleihekäufe der Notenbank.“

Denn angesichts der Unsicherheit erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass die US-Notenbank Fed noch in diesem Jahr die Leitzinsen erhöht. Bislang gingen viele Analysten davon aus, dass die Fed auf ihrer Dezember-Sitzung eine weitere Erhöhung verkünden wird. Für die EZB wäre nun eine Verschiebung schlecht. Denn dies würde tendenziell zu einer Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar führen. Ein härterer Wechselkurs dämpft die Preisentwicklung und auch das Wirtschaftswachstum. In diesem Umfeld ließe sich ein Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik schwerer vermitteln.

EZB-Chef Draghi liebäugelt ohnehin damit, die milliardenschweren Anleihekäufe der Notenbank im Dezember zu verlängern und die Regeln dafür zu lockern. Die EZB hat Arbeitsgruppen eingesetzt, die entsprechende Optionen prüfen. Streitpunkt ist vor allem der sogenannte Kapitalschlüssel, der aufgliedert, wie viele Anleihen die EZB aus den Mitgliedsländern der Euro-Zone kauft. Denn einige Bonds – darunter Bundesanleihen – werden mittlerweile knapp. Deshalb erwägt die EZB, stattdessen mehr Anleihen aus anderen Euro-Staaten zu kaufen. Vor allem die deutschen Vertreter im EZB-Rat wie Bundesbank-Chef Jens Weidmann und Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger sehen dies kritisch. Sie sind generell gegen eine Verlängerung der Anleihekäufe.


Schwerere Verhandlungsposition für Kritiker der Geldflut

Das Thema hat vor allem in Deutschland politische Sprengkraft, denn schon jetzt ist die Kritik an der Notenbank intensiv. Gerade erst haben die fünf Wirtschaftsweisen des Sachverständigenrats der Bundesregierung in ihrem Jahresgutachten dafür plädiert, die Anleihekäufe der EZB früher als geplant auslaufen zu lassen. Die Geldpolitik der EZB verdecke die Strukturprobleme in der Euro-Zone und "gefährdet zunehmend die Finanzmarktstabilität", warnte der Sachverständigenrat.

Brzeski meint: „Durch das Ergebnis der US-Wahl hat sich die Verhandlungsposition der deutschen Kritiker verschlechtert.“ Er geht davon aus, dass die Anleihekäufe im bisherigen Volumen von monatlich knapp 80 Milliarden Euro um drei bis sechs Monate verlängert werden. Die Bindung der Käufe an den Kapitalschlüssel werde jedoch beibehalten, ist Brzeski überzeugt. Stattdessen könnte das Programm über andere Stellschrauben angepasst werden.

Die EZB hat sich Grenzen für Anleihekäufe gesetzt, um sich nicht dem Vorwurf der Staatsfinanzierung auszusetzen. Zum Beispiel darf sie keine Anleihen kaufen, deren Zinsen unter dem Einlagensatz von aktuell minus 0,4 Prozent liegen. Bei vielen Bundesanleihen notiert der Zins aber inzwischen unter dieser Marke. Um dennoch genügend deutsche Staatspapiere zu finden, könnte sie künftig auch Anleihen kaufen, deren Zins unterhalb des Einlagensatzes liegt. Für die Bundesbank dürfte dies deutlich leichter zu schlucken sein, als wenn die Bindung der Anleihekäufe an den Kapitalschlüssel angetastet würde.

In den USA hat Trump mit der republikanischen Mehrheit im Kongress einen Hebel in der Hand, die Notenbank Fed personell und inhaltlich neu auszurichten, was die Unsicherheit über die zukünftige US-Geldpolitik deutlich erhöhen dürfte. Die Amtszeit von Fed-Chefin Janet Yellen läuft 2018 aus. Da Trump sie im Wahlkampf als Befehlsempfängerin Obamas bezeichnete, dürften ihre Tage an der Spitze der Fed gezählt.

Die unabhängige Notenbank muss sich zudem darauf gefasst machen, dass Trump sie im Zusammenspiel mit der republikanischen Mehrheit im Kongress härter an die Kandare nimmt. Dort gibt es bereits Bestrebungen, die Fed zu zwingen, ihre Entscheidungsprozesse transparenter zu machen. Einige Republikaner wollen zudem das Doppelmandat der Fed – Förderung von Vollbeschäftigung und Sicherung der Preisstabilität – einengen oder gar ihre geldpolitische Bewegungsfreiheit durch konkrete Vorgaben einschränken.

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