In der Folge aber stellt Arrow fest: Wenn man diesen Bedingungen folgt, gibt es keine Entscheidungsregel, die in der Lage ist, aus paradoxen Individualpräferenzen eine rationale Gruppenentscheidung abzuleiten. Als „Unmöglichkeitstheorem“ hat diese Feststellung die Wissenschaft revolutioniert. Zwar ist es nicht so, dass entsprechende Situationen in der Realität haufenweise zu beobachten wären. Doch allein die Erkenntnis, dass sie entstehen können, zeigt die Grenzen jedes vermeintlich fairen Verfahrens der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung auf. Wer Arrows Werk kennt, vermeidet den Trugschluss, die Mehrheitsregel zum gesellschaftlichen Dogma zu verklären.
Dass Arrow in den folgenden Jahrzehnten zum Bezugspunkt einer ganzen Wissenschaftlergeneration wurde, lag jedoch nicht allein an der Bedeutung seiner Arbeit. Arrow erwies sich zudem als großer akademischer Lehrer. Rund um seinen Lehrstuhl an der Universität von Stanford entstand ein akademischer Zirkel, der zu den produktivsten der gesamten USA gehörte. Bis heute haben fünf von Arrows Schülern selbst den Nobelpreis erhalten. Sie loben vor allem Arrows breites akademisches Wissen, das ihn bei fast jeder Fragestellung zum kompetenten Kritiker macht.
Einer seiner Schüler, Eric Maskin, berichtete, wie er sich als Doktorand einmal gemeinsam mit ein paar Lehrstuhlkollegen über Wochen in ein völlig fremdes biologisches Fachthema einarbeitete, um Arrow durch ein wie zufällig inszeniertes Gespräch beim Mittagessen zu testen. Der Großmeister parierte locker: Das sei ja alles recht interessant, aber gebe es da nicht noch eine andere wissenschaftliche Strömung, die hier völlig außer Acht gelassen werde? Die Teilzeitbiologen mussten passen, so weit waren sie mit der Recherche nicht gekommen.
Wissenschaftlich wurde versucht, Arrows Grundprinzipien in Zweifel zu ziehen oder doch noch einen Entscheidungsmechanismus zu finden, der auf Basis der Regeln einwandfreie Entscheidungen erbringt. Beides ist gescheitert. Stattdessen haben viele Wissenschaftler Arrows Grundprinzipien als Ausgangspunkt genutzt, um existierende Entscheidungsmuster empirisch zu überprüfen.
Welche Prinzipien werden dabei häufig verletzt, und wie verändert das den Charakter von Entscheidungen? Nimmt man das Beispiel des Unternehmensvorstands, wird deutlich, dass in der Realität oft eine Art „beschränkter Diktator“ vorzufinden ist. Dabei wird zwar keinem einzelnen Gruppenmitglied die alleinige Entscheidungsgewalt zuerkannt, im Zweifelsfalle aber hat seine Stimme mehr Gewicht.