Geistesblitze der Ökonomie (XIII) Der Meister der effizienten Verteilung

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Alle Grabenkämpfe überstanden

Mit denen beschäftigte sich Pareto als Soziologe und Politikwissenschaftler, und hier war er mindestens so einflussreich wie bei den Ökonomen. Politik stellt sich ihm als permanenter Machtkampf verschiedener Eliten dar, ein anfechtbares Konzept: Für demokratische Ideen bleibt bei Pareto wenig Platz.

In der Wirtschaftswissenschaft jedenfalls hat das Pareto-Kriterium alle ideologischen Grabenkämpfe innerhalb der Disziplin unbeschadet überstanden. Noch heute, mehr als 100 Jahre nach der ersten Formulierung des Prinzips, lernt niemand die Grundlagen der Mikroökonomie, ohne gleich zu Beginn auf Pareto zu stoßen. Im Standardwerk „Grundzüge der Mikroökonomik“ von Hal Varian wird das Konzept der Pareto-Effizienz gleich im ersten Kapitel eingeführt. Der Name Pareto ist einer der ersten, den junge Studenten der Volkswirtschaftslehre hören.

Dabei war er im Vergleich zu anderen ökonomischen Genies ein Spätzünder. Pareto ging schon auf die 40 zu, als er sich erstmals wissenschaftlich mit Themen der Volkswirtschaft beschäftigte. Geboren wurde er im Revolutionsjahr 1848 in Paris als Sohn eines italienischen Flüchtlings und einer Französin. In der Heimat seines Vaters studierte er zunächst Mathematik und Physik und promovierte dann in Turin in Ingenieurwissenschaften. Später arbeitete er bei der staatlichen italienischen Eisenbahngesellschaft, anschließend bei Unternehmen der Eisenindustrie. 1886 wurde er schließlich an der Universität Florenz Dozent für Wirtschaftswissenschaften. Sein akademischer Durchbruch kam 1893, als er an der Universität Lausanne den Lehrstuhl des hoch angesehenen Ökonomen Léon Walras übernahm.

Johann Heinrich von Thünen gilt als Begründer der modernen Agrar- und Raumwirtschaft. Mit seinen Thünenschen Ringen lieferte er ein Modell, wie sich Flächen am effizientesten nutzen lassen.
von Bert Losse

Das Interesse des Ingenieurs an Gleichgewichtszuständen verhalf Pareto zu neuen ökonomischen Einsichten. Als er 1906 sein Effizienz-Kriterium definierte, schuf er auch die Grundlage für die Analyse von Marktgleichgewichten. „Mit der Pareto-Effizienz verfügen wir über ein Kriterium, das es uns erlaubt, effiziente von ineffizienten Gleichgewichten zu unterscheiden. Praktisch die gesamte moderne, auf der neoklassischen Mikroökonomie aufbauende Wohlfahrtstheorie basiert darauf und damit auch die Theorie der Wirtschaftspolitik“, sagt Volkswirt Wagener.

Wohlfahrtsökonomik geht in ihren Grundlagen auf Adam Smith und auf die allgemeine Gleichgewichtstheorie von Paretos Vorgänger Walras zurück. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Kenneth Arrow und Gérard Debreu formalisiert. Die Pareto-Effizienz bleibt aber entscheidendes Kriterium.

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