Geldpolitik Bank of England verzichtet auf Leitzinssenkung

Entgegen der Markterwartungen verzichtet die britische Notenbank auf eine Zinssenkung. Für die Märkte kommt dies überraschend. Sie hatten damit gerechnet, dass die Bank of England ihre Geldpolitik lockert.

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Chef der Bank of England: Mark Carney. Quelle: AP

Die britische Notenbank lässt drei Wochen nach dem Brexit-Votum den Leitzins unverändert. Der Zinssatz bleibe auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent, teilte die Bank of England am Donnerstag in London mit. Auf diesem Niveau liegt der Zinssatz seit mehr als sieben Jahren. Bankvolkswirte hatten wegen der Unsicherheiten seit dem Votum der Briten für den EU-Austritt mehrheitlich mit einer Zinssenkung gerechnet.

Der geldpolitische Ausschuss sprach sich mit acht zu einer Stimme dagegen aus, bereits im Juli zu handeln. Gleichzeitig stellte er jedoch eine Lockerung im August in Aussicht, um den wirtschaftlichen Schaden abzumildern, der durch das Votum zum Austritt aus der EU entstanden sei. Damit ändert die Bank of England ihre grundsätzliche Position nicht. Der geldpolitische Ausschuss wiederholte seine Einschätzung, dass das Brexit-Votum zu deutlich geringerem Wachstum und deutlich höherer Inflation führen könne als noch im Mai vorhergesagt.

Die Deutsche Bank hatte jüngst einen deutlichen Preisanstieg in Großbritannien vorhergesagt. Grund ist der Verfall des Wechselkurses des britischen Pfunds. Die Währung hat seit dem Brexit-Votum rund zehn Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren, was Importe in Großbritannien teurer macht. Die Analysten schätzen, dass dies die Preise 2017 um bis zu zwei Prozentpunkte erhöhen könnte. Vor dem Brexit-Votum war die Deutsche Bank für 2017 in Großbritannien von einer Inflation von 1,7 Prozent ausgegangen.

Diese Städte wollen das nächste London sein
Die irische Hauptstadt lockt vor allem mit niedrigen Steuersätzen für Unternehmen. Damit hat Irland bereits große US-Konzerne überzeugt – und zugleich Kritik auf sich gezogen. Der IT-Riese Google zum Beispiel muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er deutschen Fiskus austrickst. Quelle: imago images
Um sich dem Zugriff des Staates zu entziehen, verschieben einige Unternehmen über ihre Niederlassungen in Irland Gewinne in andere Steueroasen. Punkten kann Dublin natürlich auch damit, dass Englisch gesprochen wird. Gegen den Standort spricht aber, dass er nicht gerade zentral in der EU liegt und auch nicht gerade viele Banker unbedingt dort hinziehen werden. Quelle: imago images
Der französische Staatschef François Hollande hat gleich Paris als Alternative zu London ins Spiel gebracht – und Banken Hoffnungen auf Steuererleichterungen gemacht. Die Regierung müsse daher „unsere Regeln, darunter die fiskalischen, anpassen, um den Finanzplatz Paris attraktiver zu machen“, sagte Holland. Paris hat als Bankenstadt bereits eine Bedeutung – allein schon, weil die großen französischen Banken dort ihren Hauptsitz haben. Quelle: REUTERS
Und wenn es um Kultur, Lifestyle und Nachtleben geht, hängt Paris sowieso alle anderen Städte ab. Die Attraktivität Paris‘ ist zugleich ein Manko. Die Stadt ist extrem teuer, die Wege sind weit.   Quelle: imago images
Dass Luxemburg ein wichtiger Finanzplatz in der EU ist, ist unbestritten. Viele Banken, Fondsgesellschaften und Dienstleister haben dort große Büros. Der Großteil der Fonds, die in Deutschland verkauft werden, wurde nach den Luxemburger Regeln gestartet. Quelle: dpa
Und ähnlich wie Dublin hat auch das Großherzogtum Unternehmen mit geringen Steuersätzen angelockt. Diese Praxis ist aber mehr denn je hochumstritten. Zudem ist die Stadt mit rund 110.000 Einwohnern alles andere als groß. Fraglich wäre, ob dort einfach tausende weiterer Banker hinziehen könnten. Quelle: imago images
New York ist das globale Finanzzentrum. Entsprechen viele Banken aus aller Welt haben ohnehin einen großen Standort dort. Deshalb dürfte in einigen Fällen – wenn es nicht um Europageschäft geht – naheliegend sein, Jobs von London nach New York zu verlagern. In einer Umfrage der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group nannten Topbanker von sich aus New York  als beste Alternative zu London. Quelle: AP

Die Bank of England hatte bereits vor dem EU-Referendum vor einer Rezession gewarnt und die Abstimmung über einen Austritt aus der Staatengemeinschaft als größtes heimisches Risiko für die Finanzmarktstabilität genannt. Nach dem Votum vor drei Wochen, bei dem 52 Prozent der Briten, für einen Brexit stimmten, sehen Volkswirte schon klare Anzeichen für einen Konjunkturabschwung ­– etwa in der sinkenden Zahl der freien Stellen und beim Einkaufsmanager-Index für den Service-Sektor, der zuletzt stärker gesunken ist als erwartet.

von Yvonne Esterházy, Max Haerder, Christian Ramthun, Silke Wettach, Gregor Peter Schmitz

Credit Suisse rechnet damit, dass Großbritannien im nächsten Jahr in die Rezession stürzt. Das liege unter anderem daran, dass viele Unternehmen auf der Insel keine Brexit-Notfallpläne hätten, ausländische Konzerne wohl vorerst Investitionen in Großbritannien auf Eis legen würden und britische Konsumenten ihre Ausgaben senken dürften, heißt es in einer jüngst erschienen Studie von Credit Suisse.

Ursprünglich hatte der ehemalige britische Finanzminister George Osborne einen Nothaushalt angekündigt, um mit dem Brexit-Schock umzugehen. Doch sein Nachfolger Philip Hammond schloss das am Donnerstag aus. Vor einem Treffen mit Notenbankchef Carney sprach sich Hammond jedoch für entschlossene Schritte aus, um die Folgen des Referendums abzufedern. Auf die Hilfe der Bank of England muss er zumindest vorerst warten.

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