Geldpolitik „Die EZB wird nichts tun, bevor die Fed handelt“

Anders als vor vielen Sitzungen der Europäischen Zentralbank ist die Volatilität an den Märkten zur Zeit ungewöhnlich gering. Wird das die Entscheidungen von Mario Draghi beeinflussen?

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Der EZB-Präsident wird sich am Donnerstag nach dem Zinsentscheid den Fragen der Presse stellen. Quelle: AP

Düsseldorf Die Volatilität an den Märkten vor der EZB-Sitzung am Donnerstag ist so gering wie zuletzt vor der Verkündung des Anleihekaufprogramms der Notenbank im Jahr 2015. Der VStoxx Index, der die Volatilitätserwartungen des Euro Stoxx 50 misst, liegt 23 Prozent unter dem durchschnittlichen Niveau vor den vergangenen zehn EZB-Entscheidungen.

Die geringen Schwankungen sind deshalb bemerkenswert, weil es an den Märkten vor den vergangenen Sitzungen der Notenbank größere Unsicherheiten gab und entsprechend stärkere Ausschläge vorherrschten. Draghi musste sich etwa zu Beginn des Jahres mit einem Einbruch der asiatischen Märkte und einem Absturz der Ölpreise beschäftigen. Auch das Brexit-Votum sorgte für große Unsicherheiten.

Aktuell haben die Märkte den Schock nach der Entscheidung der Briten aber verkraftet, die asiatischen Märkte haben sich gefangen, auch der Ölpreis hat sich auf einem höheren Niveau einigermaßen stabilisiert. Zudem läuft die Konjunktur in den Vereinigten Staaten und auch der Arbeitsmarkt zeigt sich robust. Deshalb haben die Spekulationen über eine Zinserhöhung der US-Notenbank zugenommen, viele Marktbeobachter erwarten nun, dass die Fed schon im September die Leitzinsen erhöhen könnte.

„Es ist ein wenig surreal, dass die Volatilität so gering ist, sagt Peter Garnry, Chef-Aktienstrategie bei der Saxo Bank. „Alle warten ab. Die EZB wird nichts tun, bevor die Fed gehandelt hat. Draghi kann damit leben und die Märkte zunächst auch.“

Der VStoxx Index ist seit seinem Juni-Hoch um 52 Prozent gesunken, nachdem die Zentralbanken in Großbritannien und dem Rest Europas Investoren versichert hatten, dass sie bereit stünden zu reagieren, sollte es weitere Markteinbrüche wegen des Brexit-Votums geben. Druck von der EZB nehmen auch einige Konjunkturdaten aus dem In- und Ausland, die in den vergangenen zwei Monaten besser als erwartet ausgefallen sind.

Auf ihrer Ratssitzung am Donnerstag wird die EZB nach Einschätzung vieler Ökonomen das Anleihekaufprogramm über das bisherige Enddatum März 2017 hinaus verlängern. Außerdem wird es neue Inflationsvorhersagen der Notenbank geben. Diese dürften den Investoren dabei helfen, besser einzuschätzen, was sie für den Rest des Jahres zu erwarten haben.

Daniel Murray, Research-Chef von EFG Asset Management, zeigt sich wegen der bemerkenswert stabilen Makrodaten in Europa optimistisch. Er vermutet, dass die Volatilität auch nach der Ratssitzung am Donnerstag gering bleibt: „Ich glaube nicht, dass es große Überraschungen geben wird“.

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