Inflation Milliarden fürs Brot

Seite 2/2

Finanzielle Probleme

Die höchsten Inflationen aller Zeiten
Turkmenistan, Januar 1992 - November 1993Währung: Manat Tägliche Inflationsrate: 5,71 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 12,7 TageQuelle: Institute for Applied Economics, John Hopkins University Baltimore Quelle: AP
Armenien, Oktober 1993 - Dezember 1994Währung: Rubel Tägliche Inflationsrate: 5,77 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 12,5 Tage Quelle: REUTERS
China, Oktober 1947 - Mitte Mai 1949Währung: Yuan Tägliche Inflationsrate: 14,1 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 5,34 Tage
Griechenland, Mai 1941 - Dezember 1945Währung: Drachme Tägliche Inflationsrate: 17,9 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 4,27 Tage
Deutschland, August 1922 - Dezember 1923Währung: Papiermark Tägliche Inflationsrate: 20,9 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 3,70 Tage
Republika Srpska, April 1992 - Januar 1994Währung: Dinar Tägliche Inflationsrate: 64,3 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 1,41 Tage
Jugoslawien, April 1992 - Januar 1994Währung: Dinar Tägliche Inflationsrate: 64,6 Prozent Zeitraum, in dem sich die Preise verdoppelten: 1,41 Tage Quelle: dpa

„Die Reichsbank wurde zum willfährigen Instrument unbegrenzter staatlicher Kreditschöpfung“ und die Regierung „zur Herrin über die Geldmenge“, so Wirtschaftshistoriker Buchheim. Der Bargeldumlauf im deutschen Reich klettert von 6,5 Milliarden Mark (1913) auf 33 Milliarden Mark bei Kriegsende 1918, während sich das Güterangebot gleichzeitig um rund ein Drittel verringert.

Nach Kriegsende steht die junge Weimarer Republik vor gewaltigen finanziellen Problemen. Vor allem die Last der Reparationszahlungen treibt die Staatsschulden in schwindelerregende Höhen. Und wieder weiß die Politik keinen anderen Rat, als die Notenpresse anzuwerfen. Viele Politiker und auch Ökonomen sehen in steigenden Preisen das kleinere Übel im Vergleich zu einem radikalen Sparprogramm, das unkontrollierbare politische Kollateralschäden hätte heraufbeschwören können.

Eine Debatte um eine Vermögensabgabe verläuft im Sande. „Es war in der instabilen Weimarer Republik kein politischer Kompromiss möglich, die Schulden anders in den Griff zu bekommen als durch Inflation“, sagt Nikolaus Wolf, Direktor des Instituts für Wirtschaftsgeschichte an der Humboldt-Universität Berlin. „Dass die Inflation so aus dem Ruder laufen würde, damit hatte allerdings keiner gerechnet.“

Berlin druckt Geld

Doch schon bald hat die Reichsbank jede Kontrolle verloren. Anstatt die geldpolitische Reißleine zu ziehen, verschärfen Politik und Notenbank die Krise sogar immer weiter. Als französische Truppen wegen eines Rückstands bei den Reparationszahlungen ins Ruhrgebiet einmarschieren und die Arbeiter dort in den Generalstreik treten, zahlt die deutsche Regierung ihnen die Löhne weiter – das Geld kommt direkt aus der Notenpresse.Die Reichsbank hält derweil krampfhaft und noch bis Juli 1923 an dem im Kriegsjahr 1914 festgelegten Diskontsatz von fünf Prozent fest, um die staatlichen Finanzierungskosten stabil zu halten. Geschäftsbanken fordern in dieser Zeit bereits Zinsen von über 50 Prozent.

Die Hyperinflation endet erst, als Reichskanzler Stresemann im November eine Währungsreform durchsetzt, die Notenpresse stilllegt und eine Parallelwährung installiert – die „Rentenmark“. Diese wird von einer politisch unabhängigen Rentenbank emittiert. Ihr Grundkapital deckt sie aus einer zwangsweise erhobenen Hypothekenbelastung des gewerblichen Grundbesitzes in Deutschland. Dies ist zwar eher ein symbolischer Akt, hat aber den psychologischen Effekt, dass die Bürger hinter der Rentenmark das volkswirtschaftliche Grundvermögen als Sicherheit vermuten. Zudem kommt es zu politischen Neuverhandlungen über die Reparationsfrage – was sich mäßigend auf die deutschen Inflationserwartungen auswirkt.

Ab 1924 normalisiert sich die Lage – bis 1929 die nächste große Wirtschaftskrise beginnt, die diesmal Deflation heißt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%