Inflation Angst vor der Inflation

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Gefährliche Lohn-Preis-Spirale

Weltwirtschaftskrise von 1914 bis 1948
Weltkrieg und Hyperinflation vernichten die Vermögen von Millionen Deutschen. Im November 1923 steht ein Dollar bei 4,2 Billionen Mark. Quelle: AKG
Fünfzig Milliarden Reichsmark als Reichsbanknote. Dieser Schein war nur wenige Pennies wert. Quelle: AKG
Spielende Kinder im Jahr 1923. Im Jahr der Hyperinflation war die damalige Reichsmark nichts mehr als Altpapier. Quelle: AKG
Heute erziehen Eltern die Kinder zu gesundem Umgang mit Geld - im Jahre 1923 durften Kinder mit reichlich Geld spielen. Quelle: Interfoto
Börsencrash und Weltwirtschaftskrise lassen die Produktion um fast die Hälfte schrumpfen. Sechs Millionen Deutsche sind arbeitslos. Der Gang zur Suppenküche gehört für die Menschen zum Alltag. Quelle: dpa
Der Börsencrash vom 24. Oktober 1929 breitet sich rasant in der Welt aus. Im Jahre 1933 stellt US-Präsident Franklin D. Roosevelt mit einer Durchführungsverordnung den privaten Besitz von Gold unter Strafe. Quelle: AP
Auf der Konferenz von Bretton Woods 1944 wird das internationale Währungssystem reformiert: 40 Staaten vereinbaren feste Wechselkurse, der Wert des Dollar wird in Gold festgelegt. 1974 brach der Gold-Dollar-Standard von Bretton Woods zusammen. Quelle: dpa

Die gefährliche Lohn-Preis-Spirale wäre in Gang gesetzt. Kater erwartet, dass in den nächsten zwei Jahren die Preise in Deutschland um bis zu vier Prozent steigen werden. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer erwartet drei bis vier Prozent Inflation in der Euro-Zone, sein scheidender Kollege bei der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hält in den Euro-Nordstaaten sechs Prozent für möglich. Thorsten Polleit, Ex-Barclays-Volkswirt und neuer Chefökonom des Edelmetallhandelshauses Degussa, legt noch eins drauf: „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Kaufkraft des Euro sich in den nächsten drei bis fünf Jahren halbiert hat.“

Die Reichen der Republik reagieren schon längst auf diese Bedrohung. Wer richtig viel Geld hat, fragt Helge Achenbach um Rat – den Düsseldorfer Kunsthändler, der auch Museen, Banken und Versicherer mit millionenschweren Werken beglückt. Er beobachtet einen Wandel in der Szene: Während Käufer vor zehn Jahren noch „ein vorrangig intellektuelles Interesse an Kunst“ gehabt hätten, erschließe er nun neue Käuferschichten. „Viele Menschen sind durch die andauernde Finanzkrise verunsichert. Sie misstrauen dem Papiergeldsystem und haben Angst, dass ihr Geld bald nichts mehr wert sein könnte“, sagt Achenbach.

Entwicklung der Geldmenge M3 und des nominalen Bruttoinlandsprodukts

Das Portfolio kunstvoll abrunden

Menschen, denen er „eher eine große Immobilie als eine Kunstsammlung“ zugetraut hätte, wollten nun ihr Portfolio kunstvoll abrunden. Wer 2008 ein Bild eines international anerkannten Künstlers bei ihm gekauft habe, hätte den Wert bis heute um 25 Prozent gesteigert, sagt Achenbach – pro Jahr. Er selbst habe Anfang der Achtzigerjahre ein Kerzenbild von Gerhard Richter für 18.000 D-Mark gekauft – später sei es für Millionen versteigert worden. Anleger sollten aber nie mehr als fünf Prozent ihres Vermögens in Kunst investieren. Für Einsteiger, sagt Achenbach, gebe es Werke mit Potenzial ab 100.000 Euro.

Vermögende räumen ihre Konten, weniger Vermögende finanzieren auf Pump. Die niedrigen Zinsen helfen: 2011 hatten Banken bereits Konsumentenkredite über 228,7 Milliarden Euro ausgegeben. Verbraucher riefen laut Bankenfachverband fast 30 Prozent mehr Barkredite ab, zu denen auch Renovierungskredite zählen. Besonders hohe Nachfrage nach Krediten erwartet der Bankenfachverband in seiner Frühjahrsprognose für Renovierungen des Eigenheims, Unterhaltungselektronik, Autos und Reisen. Schon treten Mahner auf den Plan: „Es wird zurzeit möglicherweise mehr gekauft, als sinnvoll und tragbar ist. In anderen Ländern war das der Anfang der Probleme. Diese Entwicklung muss man beobachten, denn Kredit nehmen die auf, die knapp bei Kasse sind“, sagt Niemeier.

Grafik Kaufkraftschwund der Währungen ausgewählter Länder

Kaufen auf Pump

Honorarberater Stefan Schießer kann sich derzeit nicht retten vor Kunden, die ihren Immobilienkredit unbedingt langfristig festzurren wollen. „Neun von zehn Kunden haben Angst vor Inflation und wollen die niedrigen Zinsen möglichst 25 Jahre und mehr festlegen“, sagt der ehemalige Chefstratege Aktien der DZ Bank.

„Der Immobilienboom begann vor etwa zweieinhalb Jahren unter Wohlhabenden, hat inzwischen aber breite Bevölkerungsschichten erreicht“, beobachtet der Stuttgarter Vermögensverwalter Max Schott, „das Spektrum reicht von der fünfköpfigen Familie, die sich die Raten fürs kleine Reihenhäuschen buchstäblich vom Munde abspart, bis zum mehrfachen Millionär, der sich die 10. oder 20. Immobilie zur Kapitalanlage zulegen will.“

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