Die Rendite für 10-jährige deutsche Staatsanleihen war jüngst wieder positiv: Am 7. September lag sie noch bei minus 0,12 Prozent, am 13. September bei plus 0,07 Prozent. Hat die „Normalisierung der Zinslandschaft“ begonnen? Vermutlich nicht. Vielmehr scheint ein neues geldpolitisches Experiment begonnen zu haben.
Die Zentralbanken haben erkannt, dass die Politik der nominalen Null- oder gar Negativzinsen sich nicht dauerhaft durchführen lässt. Sie bedroht die Banken existenziell: Den Geldhäusern gehen die Gewinnmöglichkeiten aus. Aber auch Unternehmen leiden. Beispielsweise steigen ihre barwertigen Pensionsanwartschaften und zehren das Eigenkapital auf.
Zudem entmutigen Null- und Negativzinsen die Sparer und ermutigen die Konsumenten. Der Aufbau des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks fällt hinter seine Möglichkeiten zurück, und die künftigen Reallöhne fallen entsprechend geringer aus. Der Null- und Negativzins sorgt zudem für Spekulationsblasen und damit für Fehllenkung von Kapital und knappen Ressourcen.
Zur Person
Dr. Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa und volkswirtschaftlicher Berater eines Alternative Investment Fund.
Kurzum: Eine Abkehr von der Politik der nominalen Null- oder Negativzinsen ist unausweichlich. Das neue Experiment, das nun vermutlich gestartet wird, lautet: Das Regime der nominalen Null- oder Negativzinsen mit moderater Inflation wird gewandelt zu einem der positiven Nominalzinsen mit höherer Inflation.
Was in den 1940er Jahren in den USA geschah
Wenn die Inflation den Nominalzins übersteigt, wird der Realzins negativ. Das ist für überdehnte Schuldner höchst willkommen. Ihre Altschulden werden auf diese Weise entwertet. Dieser „Trick“ funktioniert aber nur, wenn die Zentralbank den Nominalzins kontrolliert und künstlich niedrig hält.
Genau diese Politik wurde schon einmal praktiziert, von 1942 bis 1951. Die USA finanzierten ihre Kriegsausgaben mit viel Kredit. Um die Zinskosten niedrig zu halten, erhielt die US-Zentralbank Fed im Jahr 1942 den Auftrag, die Zinsen für Staatspapiere mit kurzer Laufzeit bei 0,38 Prozent, die für lang laufende Staatsanleihen bei 2,5 Prozent zu fixieren.
Die Fed kaufte Staatsschulden auf und bezahlte die Käufe mit neu geschaffenen US-Dollar. Die Folge war eine anwachsende Geldmenge, die die Preise auf breiter Front in die Höhe trieb. Da die Fed jedoch die Zinsen kontrollierte, konnte der Nominalzins nicht ansteigen – und die Halter von Staatsschulden erlitten eine negative reale Verzinsung.
Durch diese Politik der Zinskontrolle, die erst Anfang 1951 aufgehoben wurde ("Treasury-Fed Accord"), entschuldete sich der Staat auf Kosten der Geldhalter und Besitzer von festverzinslichen Papieren. Von 1942 bis 1951 fiel die Kaufkraft des US-Dollar um rund 40 Prozent. Die Staatsschuldenquote fiel von 118,9 Prozent im Jahr 1946 auf 73,5 Prozent im Jahr 1951.
Helikopter-Geld
Die Politik des negativen Realzinses erfährt nun eine Renaissance. Die Zentralbanken kontrollieren bereits die Marktzinsen: Sie fragen Anleihen im Markt nach. Will eine Zentralbank beispielsweise verhindern, dass die Marktzinsen steigen, kann sie einen Mindestpreis für Anleihen verkünden.
Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen
In Deutschland beliebte Sparformen wie Tages- und Festgeld werfen kaum noch etwas ab. Die niedrige Inflation gleiche die negativen Effekte der niedrigen Zinsen allerdings aus, betont EZB-Präsident Mario Draghi. Derzeit liege die Verzinsung minus Inflation höher als im Durchschnitt der 1990er Jahre. „Zu der Zeit hatten Sie höhere Zinsen auf dem Sparbuch, aber zugleich meist Inflation, die weit darüber lag und alles auffraß“, sagte Draghi jüngst in einem Interview. Im Mai lagen die Verbraucherpreise in Deutschland nach vorläufigen Berechnungen gerade einmal um 0,1 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Stand: 07.06.2016
Finanzinstitute müssen Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Für den durchschnittlichen Privatkunden sind Strafzinsen bislang kein Thema. Man werde „alles tun, um die privaten Sparer vor Negativzinsen zu schützen - in Teilen auch zu Lasten der eigenen Ertragslage“, sagte jüngst der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon. Wenn die aktuelle Niedrigzinsphase aber lange andauere, würden die Sparkassen die Kunden letztlich nicht davor bewahren können. Zudem könnten Geldhäuser nach Angaben des Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich, gezwungen sein, an der Gebührenschraube zu drehen: „Jeder muss in seiner Bank überlegen, wie er über Konditionen-Gestaltung gegen die Ertragsverluste anarbeitet, die ohne Zweifel da sind.“
Lebensversicherern fällt es immer schwerer, die hohen Zusagen der Vergangenheit zu erwirtschaften. Die Folge: Die Verzinsung des Altersvorsorge-Klassikers sinkt seit geraumer Zeit. Auch Betriebsrenten leiden, Firmen müssen wegen der Zinsschmelze immer mehr Geld für die Pensionsverbindlichkeiten zurücklegen. Viele Unternehmen versprechen bei Neueinstellungen daher keine konkreten Leistungen mehr, sondern sagen lediglich zu, einen bestimmten Betrag pro Monat in Vorsorgekassen einzuzahlen. Das Zinsrisiko tragen die künftigen Pensionäre.
Fortan wird kein Investor mehr Anleihen zu einem Preis verkaufen, der geringer ist als der Kurs, den die Zentralbank zahlt; der Marktpreis der Anleihen fällt nicht mehr unter den von der Zentralbank ausgerufenen Mindestpreis. Mit einem solchen Vorgehen setzt die Zentralbank de facto eine Zinsobergrenze.
Die Zentralbank kann die Langfristzinsen auch von null Prozent auf beispielsweise zwei Prozent heraufschleusen. Dazu schränkt sie ihre Wertpapiernachfrage vorrübergehend ein und kauft erst wieder, wenn der Zins das gewünschte Niveau erreicht hat. Wenn die Zentralbank dabei den Realzins im Negativbereich halten will, muss sie die geldpolitische Gangart verschärfen.
Zentralbanken bestimmen die Höhe der Inflation
Sie muss die Inflation in die Höhe treiben. Das erfordert, dass die Geldmenge entsprechend schneller anschwillt. Schließlich ist Inflation – verstanden als steigende Preise – in letzter Konsequenz immer und überall ein monetäres Phänomen. Und daher sind es auch die Zentralbanken, die es letztlich in der Hand haben, welche Höhe die Inflation annimmt.
Die Zentralbanken sind die Monopolisten der Geldproduktion. Sie können, wenn es politisch gewünscht ist, die ungedeckten Papiergeldmengen jederzeit in jeder beliebigen Höhe ausweiten und dadurch die Inflation antreiben. Der klassische Weg dazu ist die Finanzierung der öffentlichen Haushalte mit der elektronischen Notenpresse.
Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen
Verbraucher sparen bei Darlehen, ob für den neuen Fernseher oder für die eigenen vier Wände. Hausbauer können sich zu historisch günstigen Konditionen Geld leihen. Nach Angaben des Bankenverbandes BdB sind Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung derzeit zu Effektivzinsen von durchschnittlich etwa 1,4 Prozent zu haben. 2007 lagen sie noch bei mehr als fünf Prozent.
Billiger ist es auch geworden, das eigene Konto zu überziehen. Vor fünf Jahren lagen die Dispozinsen nach Angaben der Finanzberatung FMH im Schnitt noch bei 11,26 Prozent. Mittlerweile sind es demnach durchschnittlich 9,51 Prozent.
Seit Jahren ist günstiges Notenbankgeld der zentrale Treibstoff für die Börsen. Aktionäre können von steigenden Kursen profitieren. Zuletzt wagten sich die eher börsenscheuen Deutschen wieder stärker an den Aktienmarkt. Knapp 9,01 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts im vergangenen Jahr Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds - das ist der höchste Stand seit 2012.
Mit der Ausgabe von Anleihen finanziert die öffentliche Hand - neben Steuereinkünften - einen Großteil ihrer Ausgaben. Am Montag fiel die sogenannte Umlaufrendite, die ein durchschnittliches Maß für die „Verzinsung“ von Staatspapieren mit einer Laufzeit von drei bis 30 Jahren ist, in Deutschland erstmals seit der Gründung der Bundesrepublik in den negativen Bereich. Der Bund „verdient“ in einer solchen Situation somit an seiner eigenen Schuldenaufnahme, anstatt den Gläubigern - den Käufern der Anleihen - einen Zins zu zahlen.
Stand: 7. Juni 2016
Die Staaten verschulden sich – wie es einige Ökonomen bereits mit Nachdruck empfehlen – und die neu ausgegebenen Schuldpapiere werden von der Zentralbank gekauft. Das dadurch neu geschaffene Geld wird zum Beispiel durch Infrastrukturprojekte und Transferzahlungen des Staates in die Wirtschaft gepumpt.
Die Zentralbank kann auch Helikopter-Geld ausgeben: Staaten, Private und Unternehmen erhalten „für umsonst“ neu geschaffenes Geld, bis die Inflation auf die gewünschte Rate steigt. Das Konzept, das der amerikanische Ökonom Milton Friedman (1912 – 2006) lediglich für Erklärungszwecke verwandt hatte, ist bereits in aller Munde und wartet auf seinen Einsatz.
Vom Regen in die Traufe
Treibt die Zentralbank die Inflation auf vier Prozent, und ist die Rendite für langlaufende Staatsanleihen bei zwei Prozent fixiert, fällt der Realzins auf minus zwei Prozent. Die Inflation besorgt die Schuldenentwertung. Gleichzeitig können Schuldner neue Kredite zu Konditionen aufnehmen, die ihren Schuldendienst verringern.
Sorgt die Zentralbank auch dafür, dass der Langfristzins über dem Kurzfristzins liegt, können sich die Banken im Zuge der „Fristentransformation“ „gesunden“: Sie refinanzieren langfristige Kredite mit kürzerlaufenden Mitteln und machen dadurch Gewinn. Auch dürfte die Marge im Kreditgeschäft ansteigen, und auch das ist vorteilhaft für die Banken.
Sparer hingegen geraten vom Regen in die Traufe. Der Realzins bleibt schließlich negativ. Die, die sich auf das Versprechen verlassen, dass Geld bleibe wertbeständig, werden ärmer. Doch lässt sich diese Politik dauerhaft durchführen? Sie setzt darauf, dass sich die Menschen täuschen lassen – dass sie eine „Geldillusion“ haben – und stillhalten.
Durchschauen sie jedoch den Plan, das Geld nach und nach, zeitlich gestreckt zu entwerten, setzt eine Flucht aus dem Geld und den Schuldpapieren ein. Will die Zentralbank dann verhindern, dass der Verkaufsdruck die Zinsen steigen lässt, muss sie die auf den Markt geworfenen Schuldpapiere in kurzer Zeit und in großem Stil aufkaufen.
Der Instrumentenkasten der EZB
Wieder einmal blicken alle in der Euro-Schuldenkrise gebannt nach Frankfurt: die Europäische Zentralbank (EZB) soll es im schlimmsten Fall richten, mit ihrem Waffenarsenal intervenieren und so die Märkte beruhigen.
Zwar streiten sich Fachleute und auch die Notenbanker darüber, wie effektiv, nachhaltig und sinnvoll weitere Eingriffe der Geldpolitik sein könnten. Fest steht aber: die EZB verfügt als einzige Institution über einen gut gefüllten und theoretisch sofort verfügbaren Instrumentenkasten, um angeschlagenen Banken unter die Arme zu greifen, Institute im Falle eines Bank-Runs mit neuem Geld zu schützen und durch ihre Finanz-Feuerkraft wenigsten für eine begrenzte Zeit wieder für Ruhe an den Börsen zu sorgen.
Vor dem Wahlsonntag in Athen verdichten sich die Hinweise, dass die großen Notenbanken der Welt gemeinsame Sache machen und die Märkte mit Geld fluten könnten. Eine solche konzertierte Aktion der Zentralbanken gab es schon einmal - Anfang Oktober 2008, kurz nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers, als weltweit die Finanzströme zu versiegen drohten.
In der aktuellen Krise rund um die Überschuldung Griechenlands und anderer südeuropäischer Länder hat bislang nur die britische Notenbank angekündigt, dass sie gemeinsam mit dem Finanzminister in London ihren Bankensektor zum Schutz vor aus Griechenland überschwappenden Problemen mit 100 Milliarden Pfund fluten will. Am Freitag sorgte die Aussicht auf eine gemeinsame Intervention der Zentralbanken zunächst für bessere Stimmung an den Märkten.
Aktuell steht der Leitzins der EZB bei 0,75 Prozent. Die Notenbank kann natürlich jederzeit an dieser in normalen Zeiten wichtigsten Stellschraube drehen. Es wäre ein historischer Schritt: Noch nie seit Bestehen der Währungsunion lag der Schlüsselzins für die Versorgung des Finanzsystems mit frischer Liquidität niedriger.
Allerdings nimmt der Spielraum der EZB mit jeder weiteren Leitzinssenkung ab - schließlich rückt damit die Nulllinie unausweichlich immer näher. Fachleute erwarten, dass die Zentralbank mit weiteren Zinssenkungen so lange wartet wie nur möglich, um für den Fall echter Verwerfungen an den Finanzmärkten, wie sie etwa bei einem Austritt der Griechen aus der Euro-Zone drohen würden, noch Munition zu haben.
Um den Geldmarkt wiederzubeleben und die Banken zu ermuntern mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf zu geben, könnte die EZB den sogenannten Einlagezinssatz auf null Prozent kappen. Dieser Zins liegt aktuell bei 0,25 Prozent. Das bedeutet, dass Banken, die keiner anderen Bank mehr trauen, immerhin noch Geld dafür bekommen, wenn sie überschüssige Liquidität bei der EZB parken. Bei einem Einlagezinssatz von einem Prozent entfiele der Anreiz dies zu tun. Doch ob die Banken der EZB den Gefallen tun oder das Geld dann lieber horten, ist fraglich. Aktuell parken sie jedenfalls knapp 800 Milliarden Euro in Frankfurt.
Im Dezember und im Februar ist es der EZB gelungen, mit zwei jeweils drei Jahre laufenden Refinanzierungsgeschäften die Gemüter der Banker wenigstens für eine Zeit lang zu beruhigen. Damals sicherten sich die Geldhäuser insgesamt rund eine Billion Euro bei der Zentralbank zum Billigtarif von nur einem Prozent.
Einige Experten glauben, dass weitere langlaufende Geschäfte dieser Art das durch die Unsicherheit über die Zukunft der Euro-Zone untergrabene Vertrauen wieder zurückbringen könnten. Die Banken, die sich um den Jahreswechsel bei der EZB bedient haben, sind allerdings ohnehin bis mindestens Ende 2014 abgesichert. Außerdem kann jede Bank darüber hinaus bei den wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäften der Notenbank aus dem Vollen schöpfen.
Damit den Banken die Sicherheiten nicht ausgehen, die diese als Pfand bei den Refinanzierungsgeschäften mit der Notenbank stellen müssen, kann die EZB weitere Erleichterungen bei den Anforderungen beschließen. Sie kann dabei auch selektiv nach Ländern vorgehen, um gezielter zu helfen. Allerdings sind Erleichterungen bei den Sicherheiten immer auch ein Politikum, weil dadurch die Risiken steigen, die die Zentralbank durch die Refinanzierung in ihrer Bilanz ansammelt. Im Fall der Fälle müssten diese von den Steuerzahlern der Mitgliedsländer getragen werden.
Die EZB hat seit Mai 2010 Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder für mehr als 200 Milliarden Euro gekauft. Das im Fachjargon SMP (Securities Markets Programme) genannte Programm ist wegen seiner möglichen Nebenwirkungen in Deutschland und einigen anderen nord- und mitteleuropäischen Ländern umstritten. Es ruht derzeit, kann allerdings jederzeit wieder vom EZB-Rat in Kraft gesetzt werden.
Ob es allerdings noch seine erhofften positiven Wirkungen am Bondmarkt entfalten kann, ist unklar. Wegen der Erfahrungen bei der Umschuldung Griechenlands im Frühjahr dürften wenige private Investoren wie Banken oder Versicherungen der EZB folgen und wieder in den Markt gehen, weil sie fürchten, dass die Zentralbank erneut einen Sonderstatus als Gläubiger durchsetzen könnte, wie sie es im Fall Griechenland getan hat.
Theoretisch kann die EZB neben Staatsanleihen auch andere Arten von Wertpapieren kaufen und auf diese Weise Geld schaffen: zum Beispiel Bankschuldverschreibungen, Aktien und Unternehmensanleihen. Während der Ankauf von Bank Bonds eine durchaus denkbare Möglichkeit wäre, Liquidität bei den Banken zu schaffen, scheinen andere Wege wenig erfolgversprechend. So könnte die EZB wohl schlecht erklären, warum sie etwa Aktien von Banken kauft, nicht aber von Auto- oder Chemiekonzernen. Oder sie setzt sich dem Verdacht aus, der einen Bank mehr Aktien abzukaufen als anderen oder zum Beispiel spanische Institute deutschen oder österreichischen Banken vorzuziehen.
Theoretisch kann die EZB auch ihre Anforderungen an die Mindestreserve der Banken, die diese bei ihr halten müssen, absenken. Sie hat dies um den Jahreswechsel bereits getan und den Satz ihrer gesamten Einlagen, den jede Geschäftsbank bei ihr parken muss, von zwei auf ein Prozent halbiert. Dadurch hatte sie damals eine Summe von rund 100 Milliarden Euro für die Banken freigemacht. Ein solcher Schritt würde es für Banken in Südeuropa, die wohl am ehesten unter einer Kapitalflucht leiden würden, leichter machen, Mittel flüssig zu halten.
In der Folge steigt die Geldmenge kräftig, was die Ausverkaufsstimmung auf den Rentenmärkten weiter anheizt. Das Spiel mit der höheren Inflation, verbunden mit einer Zinskontrollpolitik, kann sich als ein geradezu explosives Gemisch erweisen – kann sogar, im Extremfall, zur Hoch- oder gar Hyperinflation führen.
Was Anleger tun können
Trotz dieser Gefahr werden die Zentralbanken die Marktzinsen wohl leicht oberhalb der Nulllinie fixieren und die Inflation so weit erhöhen, dass der Realzins negativ wird. Zumindest für eine gewisse Zeit. Es ist im Grunde die einzige Option, die im ungedeckten Papiergeldsystem wurzelnden Schulden zu entwerten und das System in Gang zu halten.
Mit festverzinslichen Papieren lassen sich also weiterhin keine Renditen mehr erzielen, die nach Abzug der Inflation positiv sind. Viele Investmentberater empfehlen ihren Kunden daher, auf Aktien auszuweichen. Aktien versprechen Kursgewinne und Dividendenzahlungen. Die wichtige Frage lautet dann aber: Wie soll man in Aktien investieren?
Das Investieren in einen breiten Aktienmarktindex schützt nicht notwendigerweise vor Inflation. Beispielsweise fiel in den USA in der Zeit 1973 bis 1982 – einer wirtschaftlich turbulenten Phase – die Inflation im Durchschnitt höher aus als die Kurszuwächse der Aktien. Der Grund: Die Inflation beeinträchtigte die Rentabilität vieler Unternehmen.
Die Alternative ist, sehr wählerisch zu sein und nur in Aktien von Unternehmen zu investieren, die langfristig hohe Renditen auf das eingesetzte Kapital erzielen können, und die langfristig ihre Gewinne pro Aktie steigern können – und das auch in wirtschaftlich schwierigen Phasen.
Damit haben gute "Value Investoren", die sich ausgiebig mit der Bewertung einzelner Unternehmen beschäftigen, die besten Voraussetzungen, langfristig positive reale Renditen für Anleger erzielen zu können – und das auch in einem Umfeld, in dem die abenteuerlichen Zinsexperimente der Zentralbanken weitergehen.