IWF-Prognose Wirtschaftliche Erholung in Europa verstärkt sich

Der Internationale Währungsfonds blickt zuversichtlich in die Zukunft: Laut IWF-Prognose hat sich die wirtschaftliche Erholung in Europa verstärkt. Damit liefere Europa einen großen Beitrag zur globalen Wirtschaftsleistung.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die wirtschaftliche Erholung in Europa verstärkt sich Quelle: dpa

Europa wird nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) immer mehr zur Zugmaschine der Weltwirtschaft. In seinem am Montag veröffentlichten regionalen Ausblick erklärte der Fonds: „Die europäische Erholung hat sich verstärkt und merklich verbreitert.“ Das Wachstum in Europa liefere einen großen Beitrag zur Steigerung der globalen Wirtschaftsleistung.

Die Analyse des IWF bezieht sich auf den gesamten Kontinent, nicht nur auf die Länder der EU. Eine Rolle spielen dabei auch Staaten wie Ungarn, Polen, Russland und die Türkei. Vorgestellt wurde die Analyse im bosnischen Sarajevo.

Die Experten der internationalen Organisation, die auch Finanzhilfen für angeschlagene Volkswirtschaften gegen Reformzusagen bereitstellt, betonten, dass es jedoch weiter Ungleichgewichte gebe. So bleibe die Entwicklung am Arbeitsmarkt in den Ländern Europas unterschiedlich.

In einigen wirtschaftlich noch schwächeren Staaten hätten die Arbeitslosenquoten das Niveau vor der letzten großen Krise erreicht - ebenso in einigen hoch entwickelten Ländern. Die meisten Schwellenländer profitierten von einem robusten Lohnwachstum. In vielen fortgeschrittenen Ländern Europas blieben diese Steigerungen hingegen schwach. Zuvor hatte auch die Europäische Zentralbank (EZB) auf die verhaltene Lohnentwicklung in der Eurozone hingewiesen.

Die EU im Aufwind
DeutschlandDer Euro-Zone winkt nach Ansicht der Brüsseler EU-Kommission das kräftigste Wirtschaftswachstum seit zehn Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte demnach 2017 um 2,2 Prozent zulegen. Deutschland wird laut der am Donnerstag vorgelegten Prognose der EU-Behörde exakt dasselbe Wachstumstempo anschlagen, während Frankreich und Italien noch etwas hinterher hinken.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 2,2* 2,1 2,0 Inflation 1,7 1,5 1,6 Arbeitslosigkeit 3,7 3,5 3,2 Haushaltsbilanz 0,9 1,0 1,0 * Alle Angaben in ProzentQuelle: EU-Kommission Quelle: dpa
FrankreichFrankreich sei laut der EU-Kommission auf einem guten Weg, auch wenn das Wachstum nicht so üppig wie im Euroraum insgesamt ausfällt. Die wirtschaftliche Aktivität soll um mindestens 1,6 Prozent anziehen. Die Chancen stehen außerdem gut, dass Frankreich das wegen seines übermäßigen Haushaltsdefizits eingeleitete EU-Verfahren 2018 hinter sich lassen könne. Dazu müsste das Land zwei Jahre lang unter der von der EU gesetzten Obergrenze von drei Prozent des BIP bleiben: Für 2017 und 2018 veranschlagt die EU-Kommission ein Haushaltsloch von 2,9 Prozent des BIP.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 1,6 1,7 1,6 Inflation 1,1 1,2 1,5 Arbeitslosigkeit 9,5 9,3 8,9 Haushaltsbilanz -2,9 -2,9 -3,0 Quelle: REUTERS
ItalienItaliens Konjunkturerholung beschleunigte sich 2017, gestützt durch eine gesteigerte Nachfrage aus dem In-und Ausland. Niedrigere mittelfristige Wachstumsaussichten dürften gegen Ende des Prognosezeitraums das Wachstum dämpfen. Die Preise für Industrieerzeugnisse ohne Energie und Dienstleistungen werden eine höhere Gesamtinflation vorantreiben, während der Lohndruck begrenzt bleibt. Das gesamtstaatliche Defizit dürfte im Prognosezeitraum leicht zurückgehen, während die Schuldenquote nicht unter 130 Prozent fallen dürfte.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 1,5 1,3 1,0 Inflation 1,4 1,2 1,5 Arbeitslosigkeit 11,3 10,9 10,5 Haushaltsbilanz -2,1 -1,8 -2,0 Quelle: Reuters
PortugalDas Bruttoinlandsprodukt und die Beschäftigung in Portugal dürften 2017 durch Exporte und Investitionen deutlich ansteigen. Trotz einer gewissen Abschwächung dürfte die Wirtschaftsleistung in den Jahren 2018 und 2019 angesichts des weiteren Exportwachstums und der niedrigeren Arbeitslosigkeit stark bleiben. Das gesamtstaatliche Defizit dürfte im Prognosezeitraum unter 1,5 Prozent bleiben.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 2,6 2,1 1,8 Inflation 1,5 1,4 1,5 Arbeitslosigkeit 9,2 8,3 7,6 Haushaltsbilanz -1,4 -1,4 -1,2 Quelle: dpa
SpanienFür Spanien erwartet die Kommission für 2017 ein Plus beim BIP von 3,1 Prozent. Die Verfassungskrise um Katalonien habe die Märkte bislang kaum bewegt. Allerdings sei noch nicht abzuschätzen, wie sich der Konflikt in den kommenden Jahren auswirken werde: "Wir können der Entwicklung nicht vorgreifen und möchten auch nicht spekulieren", sagte der EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 3,1 2,5 2,1 Inflation 2,0 1,4 1,5 Arbeitslosigkeit 17,4 15,6 14,3 Haushaltsbilanz -3,1 -2,4 -1,7 Quelle: dapd
GriechenlandDie griechische Wirtschaft wächst wieder. Griechenland wird sich von seiner Krise voraussichtlich langsam erholen. Steigende Investitionen sollen dabei helfen. Der Arbeitsmarkt erholt sich schnell, es wird erwartet, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinken wird, obwohl die Durchschnittslöhne nur allmählich zunehmen werden. Die öffentlichen Finanzen bleiben auf Kurs, um die im Rahmen des ESM-Programms vereinbarten Primärüberschussziele zu erreichen. Die Verschuldung Griechenlands ist mit 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukt weiterhin hoch, soll aber zwischen 2016 und 2019 um 10,7 Prozent sinken.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 1,6 2,5 2,5 Inflation 1,2 0,8 1,3 Arbeitslosigkeit 21,8 20,4 18,7 Haushaltsbilanz -1,2 0,9 0,8 Quelle: dpa
IrlandEs wird erwartet, dass das BIP-Wachstum über den Prognosezeitraum hinweg robust bleiben wird, aber das Tempo dürfte sich leicht abschwächen. Die Aktivitäten multinationaler Unternehmen verzerren weiterhin die Zahlen und erschweren die makroökonomischen Prognosen. Das Staatsdefizit rückt näher an das Gleichgewicht heran.  2017 2018 2019 Wirtschaftswachstum 4,8 3,9 3,1 Inflation 0,3 0,8 1,2 Arbeitslosigkeit 6,1 5,5 5,3 Haushaltsbilanz -0,4 -0,2 -0,2 Quelle: obs

Auf mittlere Sicht gebe es eine Reihe von Wachstumsrisiken, warnt der IWF. Er verweist auf die ungünstige Bevölkerungsentwicklung in den zunehmend älter werdenden Gesellschaften und auf das verhaltende Produktivitätswachstum. Die Politik sollte daher die verbesserten allgemeinen Aussichten nutzen und die Staatsfinanzen festigen. Zudem sollten die Wirtschaftsstrukturen reformiert werden, um künftig Schocks besser auffangen zu können. Gerade Staaten mit soliden Staatsfinanzen müssten hier ihre Spielräume nutzen.

Da die Inflation in weiten Teilen Europas niedrig sei, könnten die meisten Notenbanken in Europa ihre Geldpolitik locker halten. Das Zinsniveau ist nach wie vor ebenfalls extrem gering - was Kredite und Investitionen billig hält, aber Sparer schwer belastet. Um die Eurozone widerstandsfähiger zu machen, ist laut IWF eine Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion notwendig.

Bereits in seinem Oktober-Ausblick hatte der IWF die Prognosen für Europa deutlich angehoben. So rechnet er hier im Jahr 2017 insgesamt mit einem Wachstum von 2,4 Prozent, 2018 dann von 2,1 Prozent. In der Eurozone werden 2,1 Prozent (2017) und 1,9 Prozent (2018) erwartet.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%