IWF-Tagung Draghi warnt vor starkem Euro

EZB-Chef Draghi stemmt sich gegen die Aufwertung des Euro. Falls der Wechselkurs weiter zulegt, würde dies die Deflationsgefahr erhöhen – und „eine Anpassung der Geldpolitik nötig machen.“

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EZB-Chef Mario Draghi auf der IWF-Tagung in Washington. Quelle: dpa

Washington EZB-Präsident Mario Draghi hat seine Entschlossenheit zur Abwehr von Deflationsgefahren bekräftigt und für den Fall eines weiteren Euro-Anstiegs eine erneute Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt. "Die Stärkung der Wechselkursrate würde eine weitere Anpassung der Geldpolitik nötig machen", sagte Draghi am Samstag bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington. Er betonte, dass der Euro-Kurs für die Geldpolitik eine zunehmend wichtigere Rolle spiele und Auslöser für ein Handeln der Europäischen Zentralbank sein könne. Es ist das bislang klarste Signal, dass die EZB wegen der niedrigen Inflation auch zu unkonventionellen Mitteln wie Wertpapierkäufen in großem Stil bereit ist.

Erst kürzlich hatte der IWF seine Forderung nach einer weiteren geldpolitischen Lockerung der EZB bekräftigt. Dabei verwies er auf die ungewöhnlich niedrige Teuerung im Euro-Raum, die ihn Deflationsgefahren befürchten lässt. "Der IWF hat der EZB zu mehr geldpolitischer Lockerung geraten und das ist auch gut so", sagte Brasiliens Finanzminister Guido Mantega. Dagegen ließ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erneut Skepsis gegenüber einer zu lockeren Geldpolitik erkennen.

Draghi trat wie auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann Befürchtungen entgegen, Europa steuere auf eine die Wirtschaft bremsende Deflation zu. "Unsere Projektionen zeigen, dass unsere Inflationsraten nicht mehr weiter sinken und schrittweise in Richtung zwei Prozent bis Ende 2016 steigen dürften", sagte Draghi. "Es gibt keinen Beleg dafür, dass die Menschen Kaufentscheidungen aufschieben, weil sie niedrigere Preise erwarten", sagte Draghi. Für die derzeit niedrige Inflation von im März nur noch 0,5 Prozent sind nach den Worten des EZB-Chefs in erster Linie sinkende Energiepreise, die Anpassungen in den Euro-Krisenländern, aber auch der Kursanstieg des Euro verantwortlich. Letzterer verbilligt die Importe und dämpft damit zusätzlich den Preisauftrieb. Über die letzen zwölf Monate war der Euro um fast fünfeinhalb Prozent gestiegen und notierte Ende der Woche bei knapp 1,39 Dollar.

Die Finanzmärkte weltweit beobachten derzeit mit Spannung alle Signale zum EZB-Kurs. Anfang des Monats beließ die Notenbank zwar den Leitzins unverändert bei dem Rekordtief von 0,25 Prozent, öffnete aber die Tür für eine mögliche weitere Lockerung auch mit unkonventionellen Mitteln. Dazu könnten etwa umfangreiche Wertpapierkäufe zählen, mit denen die Geldmenge aufgebläht werden könnte.

Wirtschaftlich geht es in der Euro-Zone nach Draghis Worten aufwärts. "Der Aufschwung geht weiter, er ist moderat." Positiv sei auch, dass er weniger ungleichmäßig unter den Euro-Ländern ausfalle als in der jüngsten Vergangenheit. Getragen werde die Erholung zudem stärker von der Binnennachfrage, gestützt werde sie von einer sehr förderlichen Geldpolitik. Allerdings bleibe die Arbeitslosigkeit inakzeptabel hoch, auch wenn sie sich zu stabilisieren scheine.

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