Jens Weidmann über EZB-Politik „Leitzinsen sind für Deutschland zu niedrig“

Beim Tag der offenen Tür der Bundesbank erklärt Jens Weidmann seine Sicht auf die Geldpolitik der EZB. Das Urteil fällt eher skeptisch aus: Zu locker sei sie, zumindest „wenn man sie durch die deutsche Brille sieht.“

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Bundesbank-Präsident Jens Weidmann präsentiert sich beim Tag der offenen Tür. Quelle: Reuters

Frankfurt Die Leitzinsen in der Euro-Zone sind nach Ansicht von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zu niedrig für Deutschland. „Wenn wir unsere eigenständige Geldpolitik machen würden - was wir nicht tun - sähe sie anders aus“, sagte Weidmann beim Tag der offenen Tür der Bundesbank in Frankfurt am Samstag. Da Deutschland aber Teil der Währungsunion sei, müssten die geldpolitischen Entscheidungen auch nach dem Währungsraum ausgerichtet werden. „Klar ist aber auch, dass die Geldpolitik, wenn man sie durch die deutsche Brille sieht, für Deutschland zu locker ist“, fügte der Bundesbank-Chef, der auch Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, hinzu.

Die EZB hatte die Leitzinsen für die Euro-Zone im vergangenen Monat auf das Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt. Das war Teil eines Maßnahmenpakets, um die Wirtschaft im Euro-Raum anzukurbeln und eine Abwärtsspirale aus fallenden Preisen und sinkenden Investitionen zu vermeiden. Kritik daran kam vor allem aus Deutschland. Die Wirtschaft der größten Volkswirtschaft des Währungsraums hat sich besser als andere Länder geschlagen und oftmals als Lokomotive für die Euro-Zone erwiesen. Weidmann forderte daher, dass die Phase der niedrigen Zinsen nicht länger andauern dürfe als unbedingt nötig.

Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret äußerte sich am Wochenende skeptisch, was die von der EZB für den Herbst in Aussicht gestellte Belebung des Marktes für forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS) angeht. „Die EZB darf nicht zur Bad Bank des Euro-Raums werden“, sagte der Notenbanker der „WirtschaftsWoche“. „Ich bin der Auffassung, dass der Kauf von forderungsbesicherten Wertpapieren kein Instrument der Geldpolitik ist. Zentralbanken sollten den Banken nicht die Kreditrisiken abnehmen.

ABS (Asset Backed Securities) sind Anleihen, mit denen verschiedene Arten von Kreditforderungen wie Hypotheken, Unternehmens- oder Verbraucherdarlehen abgesichert werden können. Die Papiere sind in der US-Hypothekenkrise stark in Verruf geraten, weil die verwendeten Sicherheiten reihenweise ausgefallen sind und die Anleihen in der Folge massiv an Wert verloren haben.

Der Stresstest der 128 Banken in Europa wird nach Einschätzung Dombrets pünktlich Ende August abgeschlossen sein. „Durch den Zeitverzug aufgrund der umfangreichen Fragen der Wirtschaftsprüfer und die zum Teil verzögerte Datenlieferung der Banken lagen wir kurzfristig hinter dem Plan zurück. Die Verspätung ist größtenteils wieder aufgeholt“, sagte Dombret. Die Qualität der Prüfungen sei deutlich höher als beim Stresstest 2011.

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