Mexiko galt schon öfter als Geheimtipp für Investoren. Oft wurden die Erwartungen enttäuscht. Wieso sollte es dieses Mal anders sein?
Ich habe tatsächlich auch schon 2001 über Mexiko nachgedacht, mich dann aber auf die BRIC-Staaten konzentriert. Im Endeffekt bin ich sehr froh, Mexiko nicht mit in die Liste der attraktiven Schwellenländer aufgenommen zu haben. Das Land hat sich wirklich sehr schlecht geschlagen.
Nun aber hat die Politik wirklich einen ambitionierten Reformkurs eingeschlagen. Zudem produzieren bereits zahlreiche Unternehmen, insbesondere aus dem Automobilsektor, in Mexiko und machen dort sehr gute Erfahrungen. Kurzum: Jetzt könnte Mexikos Zeit gekommen sein.
Wissenswertes über Mexiko
Mexiko hat rund 120 Millionen Einwohner, wobei die Bevölkerung jährlich um 1,2 Prozent wächst. Der Anteil derer, die unter 54 sind, liegt bei fast 90 Prozent. Die junge Bevölkerung ist einer der großen Vorteile Mexikos.
Das nominale BIP beträgt 2014 1,28 Billionen US-Dollar. Bis 2015 soll es auf 1,36 Billionen ansteigen. Zum Vergleich: Das deutsche BIP betrug 2013 3,51 Billionen US-Dollar. Ein Drittel des BIPs wurde 2012 durch Bergbau und Industrie generiert, ein Fünftel durch Handel und Gastronomie.
Die mexikanische Wirtschaft wuchs in den letzten zehn Jahren (2004-2013) um durchschnittlich 2,6 Prozent. Besonders schwer wog die Finanzkrise. Wuchs die mexikanische Wirtschaft ansonsten stets um mindestens drei Prozent, wuchs sie 2008 nur noch um 1,4 Prozent und schrumpfte 2009 sogar um 4,7 Prozent. Seit 2010 sind die Wachstumsraten wieder relativ stabil bei rund vier Prozent.
Mexikos Staatsverschuldung beträgt 2014 42,2 Prozent des BIP.
Die Inflation liegt derzeit bei vier Prozent. Für 2015 gehen Analysten davon aus, dass sie auf 3,5 Prozent fällt.
Die Arbeitslosenquote lag 2013 bei rund fünf Prozent. 2014 soll sie auf 4,5 Prozent zurückgehen, 2015 auf 4,2 Prozent.
Der Durchschnittslohn betrug 2010 239 Mexikanische Peso pro Tag – das entspricht in etwa 14 Euro. 2012 stieg der Lohn auf knapp über 15 Euro – das entspricht etwa 300 Euro im Monat.
Neben Indien und Mexiko dürfen Sie jetzt noch ein drittes und letztes Land empfehlen. Welches wäre das?
Das ist gemein. Ich würde gerne Vietnam nennen, das von den steigenden Löhnen und dem Aufschwung des Renminbi profitiert und so eine Art Mini-China ist. Aber wenn ich nur noch einen Tipp habe, dann nehme ich lieber Nigeria. Von dem Land bin ich Fan geworden. Europäer sind sehr skeptisch gegenüber afrikanischen Behörden und Politikern. Aber hey: Nigeria hat sich erfolgreich gegen die Ebola-Epidemie zur Wehr gesetzt. Es kann also Krisen meistern. Zudem spricht die fantastische Demografie für das Land. 15 Prozent aller Afrikaner leben in Nigeria, die Mehrzahl ist sehr jung. Der Aufschwung des Landes ist bereits zu spüren: Die Mittelklasse wächst, auch wenn deren Anteil an der Bevölkerung noch relativ gering ist. Dennoch: Nigeria hat eine tolle Perspektive und ist für die Weltkonjunktur viel wichtiger als etwa Südafrika.
Last but least: Wie sehen Sie Europa Rolle in der Welt?
Der Kontinent ist auf dem absteigenden Ast. Im letzten Jahrzehnt ist Europa um 0,2 Prozent gewachsen, zuletzt immerhin um 1,5 Prozent. Viel mehr ist nicht drin: Die Demografie ist sehr schlecht, die Produktivität viel zu gering und die Politik völlig uninspiriert. Der letzte Punkt gilt im Übrigen auch für Deutschland. Ich hoffe, dass die Reformpolitik des vergangenen Jahrzehnts nicht nivelliert wird. Zuletzt hat die Regierung von Angela Merkel definitiv die falsche Richtung eingeschlagen. Europa hat so schlechte Aussichten. Aber ich betone: Das muss nicht zwangsläufig so sein.
Wie könnte der Abstieg abgemildert werden?
Europa braucht einen Politikwechsel. Berlin, Paris und erst Recht Brüssel sind uninspiriert. In Sonntagsreden wird immer vom europäischen Binnenmarkt gefaselt – aber den gibt es gar nicht. Wer von einem Land ins andere zieht, muss fürchten, doppelt besteuert zu werden oder Ärger mit seiner Sozial- und Krankenversicherung zu bekommen. Wer einen Pkw im EU-Ausland kauft oder beim Umzug in ein anderes EU-Land einen Pkw mitbringt, hat häufig Schwierigkeiten bei der Zulassung oder muss Zölle oder zusätzliche Steuern zahlen. Das alles bedarf einer Überarbeitung. Und zudem – das ist nichts Neues – muss Europa die Herausforderung wahrnehmen, global konkurrenzfähig zu sein. Das ist es derzeit bei Weitem nicht.
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