Seit dem Sommer ist der Preis für ein Fass Öl der Sorte Brent von mehr als 115 Dollar (85 Euro) auf rund 60 Dollar (unter 50 Euro) gefallen. Hinter der Baisse am Ölmarkt stecken die schwächelnde globale Nachfrage sowie das deutlich höhere Angebot in Amerika. Dank der Fracking-Technologie holen die USA derzeit mehr als zwölf Millionen Fass Öl pro Tag aus der Erde, so viel wie kein anderes Land der Welt. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Saudis und andere Mitglieder des Opec-Kartells der Welt durch geschicktes Drehen an der Förderschraube hohe Preise diktieren konnten. Jetzt kämpfen die Scheichs gegen die USA um Marktanteile.
Wie der deutsche Haushaltsüberschuss zustande kam
Sie sind die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Mit 329,5 Milliarden Euro machten sie gut die Hälfte der gesamten Erlöse aus. Das entspricht einem Plus von 3 Prozent. Die Einnahmen aus der Lohnsteuer wuchsen dabei um 5 Prozent, was vor allem der wachsenden Beschäftigung und steigenden Löhnen zu verdanken ist. Noch stärker kletterten die Einkünfte aus der Einkommenssteuer mit 8,3 Prozent, in die auch Steuern auf Mieteinnahmen oder Zinserträge einfließen. Bei der Gewerbesteuer (- 1,1 Prozent), der Kapitalertragssteuer (-1,0) und der Körperschaftssteuer (-6,8) stand dagegen ein Minus zu Buche. Wegen des robusten Konsums stieg das Aufkommen aus der Mehrwertsteuer um 3,7 Prozent.
Die Sozialbeiträge an den Staat - von der Arbeitslosen- bis zur Krankenversicherung - zogen um 3,4 Prozent auf 233,7 Milliarden Euro an. Auch dazu trugen höhere Löhne und eine steigende Beschäftigung bei. Die Löhne der gut 19 Millionen Tarifbeschäftigten erhöhten sich zum Beispiel im zweiten Quartal mit durchschnittlich 2,6 Prozent so kräftig wie seit über einem Jahr nicht mehr. Gleichzeitig wurden 42,5 Millionen Erwerbstätige gezählt - 340.000 mehr als ein Jahr zuvor.
Am deutlichsten erhöhten sich die Einnahmen des Staates - der an vielen Unternehmen beteiligt ist - bei den Ausschüttungen. Diese verdoppelten sich nahezu. Hauptursache hierfür ist eine deutlich gestiegene Überweisung der Bundesbank an den Bund: Sie schickte 4,6 Milliarden Euro ihres Gewinns nach Berlin - nach rund 600 Millionen ein Jahr zuvor.
Die Ausgaben des Staates erhöhten sich unterdessen im ersten Halbjahr um 2,5 Prozent auf 620,8 Milliarden Euro. Das meiste Geld gibt der Staat für monetäre Sozialleistungen aus - von Pensionen bis zu Arbeitslosen- und Kindergeld. Diese kletterten um 1,7 Prozent. Für seine Mitarbeiter gab der Staat 2,9 Prozent mehr aus. Die Bruttoinvestitionen - etwa für den Straßen- und Wohnungsbau - legten um 16,5 Prozent. Deutlich weniger musste für Zinsen aufgewendet werden: Diese Kosten fielen um 9,3 Prozent, da deutsche Staatsanleihen als sehr sicher gelten und Investoren dafür bereit sind, auf Rendite verzichten.
Indem sie den Weltmarkt fluten, versuchen die Saudis, den Preis für das schwarze Gold unter die Förderkosten der amerikanischen Fracking-Industrie zu drücken. Diese liegen je nach Region zwischen 40 und 80 Dollar je Fass. Ob das Kalkül, die US-Produzenten so vom Markt zu drängen, aufgeht, ist fraglich. Fahren die US-Unternehmen unter dem Eindruck der sinkenden Preise die Förderung zurück, dürfte der Ölpreis zwar wieder nach oben gehen. Dann würde es aber wohl nicht allzu lange dauern, bis sich Fracking wieder lohnt – und der Preis wieder sinkt. Daher könnten die Ölpreise in den nächsten Jahren wie an einem Jo-Jo auf und ab tanzen. Im Durchschnitt dürften sie jedoch niedriger liegen als in den vergangenen zehn Jahren.
Für Ölförderländer wie Venezuela, Russland, Nigeria, Irak und Iran ist das eine schlechte Nachricht. Denn sie benötigen Ölpreise von weit mehr als 80 Dollar, um ihre üppig bemessenen Sozialprogramme zu finanzieren, mit denen sie ihre Bevölkerung ruhig- und das Überleben ihrer Regime sicherstellen. So benötigt die Regierung in Venezuela einen Ölpreis von 118 Dollar, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die Finanzmärkte taxieren die Wahrscheinlichkeit eines Staatsbankrotts Venezuelas daher auf 94 Prozent.
Auch für die Gläubiger Russlands steigt das Risiko, Geld zu verlieren. Zwar verfügt das Land mit knapp 400 Milliarden Dollar Fremdwährungsreserven über die viertgrößten Devisenbestände der Welt. Doch die könnten rasch aufgebraucht sein, wenn die Zentralbank weiter versucht, den Rubel zu stützen. Die Bankrottwahrscheinlichkeit für das Land liege daher bei 26 Prozent, heißt es an den Märkten. Kein Wunder, dass sich die Börsen der Ölförderländer auf Talfahrt befinden.
Der Westen gewinnt
Für Deutschland und die Weltwirtschaft insgesamt aber ist das billige Öl ein Gewinn. Denn deren wichtigste Wachstumszentren sind allesamt Ölimporteure. Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank, betrachtet das billige Öl daher als „ein gewaltiges, nicht inflationäres Konjunkturprogramm für den Westen, das von den Ölförderstaaten bezahlt wird“. Dass die fehlenden Öleinnahmen dort zu sozialen Unruhen führen und auf diese Weise negativ auf die Weltwirtschaft zurückschlagen könnten, fürchtet Schmieding nicht. „Das billige Öl stärkt Europa, die USA, Japan, China und Indien, und es schwächt Russland, Iran, Saudi-Arabien und Venezuela. Dadurch macht es die Welt langfristig zu einem sichereren Ort“, so Schmieding. Und die deutsche Exportwirtschaft? Für die sind die Märkte in Europa und den USA viel wichtiger als die im Nahen Osten.
Bleibt der Ölpreis auf seinem aktuellen Niveau, mindert dies die Importrechnung Deutschlands um rund 30 Milliarden Euro, hat Andreas Rees, Ökonom der italienischen Bank UniCredit, ausgerechnet. Das entspricht einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Weil die Preise für Fernwärme und Gas verzögert auf den Ölpreis reagieren, zeichnen sich für die nächsten Monate weitere Entlastungen für die Bundesbürger ab.
Dazu kommt, dass Energie bei der Gewinnung von Agrarprodukten und Metallen eine große Rolle spielt, rund die Hälfte der Kosten entfällt auf sie. So drückt das billige Öl auch die Preise dieser Produkte nach unten. Zweitrundeneffekt heißt das im Ökonomenjargon. Der Bloomberg Commodity Index, der die Preise von 22 Rohstoffen misst, ist seit Jahresbeginn um insgesamt elf Prozent gesunken. Baumwolle hat sich seither um rund 30 Prozent verbilligt, Eisenerz um die Hälfte.