Nicht nur die Unternehmen lassen sich von den niedrigen Zinsen in Investitionen locken. Auch die Bürger nutzen das billige Geld, vor allem für den Kauf von Immobilien. In den ersten zehn Monaten des Jahres lagen die Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser um mehr als 16 Prozent höher als im Vorjahr. Zudem haben ausländische Investoren Deutschland als noch vergleichsweise preiswerten Immobilienstandort mit Preissteigerungspotenzial entdeckt. Die Ökonomen der Deutschen Bank rechnen daher für 2013 mit einem Anstieg der Wohnungsbauinvestitionen um drei Prozent.
In den nächsten Jahren könnten die Raten weit höher ausfallen. Denn Deutschland steht vor der größten Einwanderungswelle seit der Wiedervereinigung. Vor allem gut qualifizierte Arbeitskräfte aus den Euro-Krisenländern und aus Osteuropa strömen ins Land. In der ersten Jahreshälfte wanderten netto mehr als 180 000 Personen zu. Im Gesamtjahr könnten es knapp 400 000 sein, schätzt Kiel-Economics-Chef Meier.
Arbeitsmarkt reagiert verzögert
Da die wirtschaftliche Misere in den Peripherieländern noch länger anhalten wird, dürften nach Meiers Berechnungen bis 2017 per saldo 2,2 Millionen Menschen nach Deutschland zuwandern. Für die Bauwirtschaft ein lukratives Geschäft. "Der Bau erschwinglicher Unterkünfte könnte ein Wachstumsmarkt werden", frohlockt Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.
Dreht der Konjunkturmotor auf, dürfte auch die Flaute auf dem Arbeitsmarkt zu Ende gehen. Seit dem Frühjahr haben saisonbereinigt 80 000 Arbeitnehmer ihren Job verloren. Allerdings reagiert der Arbeitsmarkt verzögert auf die Konjunktur. Vor Ende nächsten Jahres ist daher keine Besserung zu erwarten.
Wer jedoch einen Job hat, darf sich auch 2013 auf ein sattes Plus auf dem Gehaltszettel freuen. Nach Schätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft werden die effektiven Stundenlöhne 2013 um rund drei Prozent und damit nur etwas schwächer als in diesem Jahr steigen. Für Entlastung sorgt auch, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung sinkt, der Grundfreibetrag steigt und die Praxisgebühr verschwindet. Auch wenn der Staat durch den progressiven Einkommensteuertarif einen erheblichen Teil der Lohnzuwächse in seine Kassen umlenkt, dürften die verfügbaren Nettoeinkommen 2013 nach Schätzung des Marktforschungsunternehmens GfK um 2,9 Prozent steigen.
Energiewende macht Strom teuer
Wie viel den Bürgern davon an realer Kaufkraft verbleibt, hängt von der Teuerungsrate ab. Deutlich tiefer müssen die Bürger nächstes Jahr für Strom in die Tasche greifen. Die Energiewende lässt die Strompreise um rund zwölf Prozent in die Höhe schnellen. "Das wird die Inflationsrate 2013 um 0,2 Prozentpunkte nach oben ziehen", sagt Alexander Koch, Ökonom bei UniCredit. Auch 2013 wird die Teuerungsrate wohl bei zwei Prozent liegen. Die Nettoeinkommen dürften damit real um knapp ein Prozent steigen. Für den einen oder anderen zusätzlichen Einkaufsbummel dürfte das reichen.