Konjunktur Wann nimmt die Wirtschaft wieder Fahrt auf?

Die Euro-Krise hat die deutsche Wirtschaft ausgebremst. Die Investitionen sinken, die Arbeitslosigkeit steigt. Doch die Finanzmärkte setzen auf einen neuen Aufschwung. Ist die Hoffnung berechtigt?

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Jobs bleiben sicher
Was die Unternehmen für 2013 planen und welche Risiken sie für die Konjunktur sehen.* _____________________________________________________________ * Umfrage des ifo Instituts unter knapp 600 Unternehmen aus Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungen im Dezember 2012, Differenz zu 100: keine Angabe ** Mehrfachnennungen möglich
Was die Unternehmen für 2013 planen und welche Risiken sie für die Konjunktur sehen.* _____________________________________________________________ * Umfrage des ifo Instituts unter knapp 600 Unternehmen aus Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungen im Dezember 2012, Differenz zu 100: keine Angabe ** Mehrfachnennungen möglich
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Was die Unternehmen für 2013 planen und welche Risiken sie für die Konjunktur sehen.* _____________________________________________________________ * Umfrage des ifo Instituts unter knapp 600 Unternehmen aus Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungen im Dezember 2012, Differenz zu 100: keine Angabe ** Mehrfachnennungen möglich

Wenn die Bundesbürger nach den Festtagen nolens volens wieder an die Werkbänke und ihre Schreibtische zurückkehren, dürfen sich die Beschäftigten des Münchner Lastwagenherstellers MAN daheim weiter gemütlich zurücklehnen. Zu beneiden sind sie darum jedoch nicht. Denn ihr Arbeitgeber hat Kurzarbeit angemeldet. Gleich nach der Weihnachtspause Mitte Januar wird die Produktion zurückgefahren. Betroffen sind 3500 Beschäftigte im MAN-Werk in München und 1800 im Werk in Salzgitter. Die Geschäfte laufen schlecht bei MAN. In den Auftragsbüchern herrscht Ebbe, der Betriebsgewinn der Volkswagen-Tochter ist in den ersten neun Monaten 2012 um 39 Prozent gesunken.

Autohersteller in Kurzzeit

Auch beim Autohersteller Opel arbeiten die Beschäftigten derzeit mit angezogener Handbremse. Die Hälfte der rund 20 000 inländischen Mitarbeiter hat das Management in Kurzarbeit geschickt. Ähnlich sieht es bei Ford aus. Der Kölner Autokonzern hat seinen Beschäftigten wegen der Absatzkrise in Europa in den vergangenen Monaten schon mehrfach Kurzarbeit verordnet. Besserung ist nicht in Sicht. Die Experten der Bundesagentur für Arbeit erwarten, dass sich die Zahl der Kurzarbeiter 2013 im Schnitt auf rund 190 000 verdreifacht.

Die Horrormeldungen aus der Industrie haben die Bundesregierung aufgeschreckt. Anfang Dezember kündigten Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Wirtschaftsminister Philipp Rösler an, die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld von sechs auf zwölf Monate zu verlängern.

Vollbremsung in der Krise

Auch bei Banken, Medienunternehmen, Fluggesellschaften und Energieunternehmen kreist der Rotstift. Eine exklusive Umfrage des Münchner ifo Instituts für die WirtschaftsWoche unter knapp 600 Unternehmen aus Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungen ergab, dass die Betriebe per Saldo im nächsten Jahr ihre Mitarbeiterzahl verringern und weniger investieren wollen.

Der Grund für die Vollbremsung ist die Euro-Krise. Aus Angst vor dem Auseinanderbrechen der Währungsunion lassen die Unternehmen Vorsicht walten. Investitionspläne wandern in die Schubladen, Personalbudgets werden gekürzt, Umsatzziele einkassiert. Im Jahresschlussquartal ist die Wirtschaftsleistung geschrumpft. Die Krise aus Europas Süden hat Deutschland erreicht. Ökonomen aus Banken und Forschungsinstituten haben ihre Prognosen für 2013 deswegen deutlich nach unten korrigiert. Im Schnitt erwarten sie nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von einem halben Prozent (siehe Seite 24). Vor wenigen Wochen lagen die Prognosen noch doppelt so hoch.

Die Euro-Zone reißt Deutschland in die Rezession

Diese Länder starten 2013 richtig durch
Platz 10: MosambikWachstumsprognose 2013: 8,4 Prozent Rohstoffvorkommen spielen im Land an der Grenze zu Südafrika eine wichtige Rolle. Aluminium ist das Hauptexportprodukt, Kohle wird von ausländischen Bergbaukonzernen gefördert. In Zukunft soll auch Erdgas im Rouvma-Becken erschlossen werden. Quelle: obs
Platz 9: KirgisistanWachstumsprognose 2013: 8,5 Prozent Anders als andere Länder Zentralasiens ist das kleine Land zwischen China und Kasachstan relativ rohstoffarm. Allerdings verfügt das Land über Goldvorkommen, die von ausländischen Konzernen abgebaut werden. Zudem ist das Land, seit es Mitglied bei der WTO ist, ein bedeutender Umschlageplatz für den Handel zwischen China, Russland und weiteren Nachbarländern. Quelle: Almutamid
Platz 8: GambiaWachstumsprognose 2013: 9,7 Prozent Das Land ist vollkommen vom Senegal umschlossen. Landwirtschaft, Tourismus und Fischerei bilden die Hauptwirtschaftsfaktoren des Landes. Die Verarbeitung von Erdnüssen, Fisch und Tierhäuten spielen eine wichtige Rolle, exportiert werden gambische Produkte hauptsächlich nach Indien, China und Frankreich. Quelle: wikipedia - atamari
Platz 7: Timor-LeisteWachstumsprognose 2013: 10,0 Prozent Die Wirtschaft prosperiert dank der Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen im Timorsee. Doch das Land hat erheblichen Nachholbedarf im Ausbau der Infrastruktur, im Bildungsbereich und in der Entwicklung der Landwirtschaft. Quelle: AP
Platz 6: ParaguayWachstumsprognose 2013: 11 Prozent Die Preise für Agrarrohstoffe ziehen an –Vorteil für Paraguay: Der Export von Soja, Weizen, Rindfleisch, Mais tragen über 22 Prozent des BIP bei. Im Jahr 2010 erzielte das Land deshalb ein Rekord-Wachstum von 14,5 Prozent (auf ca. 17 Mrd. USD). Ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Quelle: Jan Pešula User: Sapfan
Platz 5: BhutanWachstumsprognose 2013: 13,5 Prozent Es ist das einzige Land der Welt, in dem die Entwicklung vor allem auf das Wohlbefinden des Landes abzielt. Die Wirtschaft ist staatlich gelenkt und soll im Fünfjahresplan 2008-2013 der Armutsbekämpfung Vorrang geben. Dazu gehört: Ausbau von Infrastrukturprojekten – Straßen, Stromversorgung und Telefonnetz. Quelle: REUTERS
Platz 4: IrakWachstumsprognose 2013: 14,7 Prozent Das Land verfügt mit 115 Milliarden Barrel über die viergrößten Ölquellen der Welt. Dementsprechend soll die Förderung weiter ausgebaut werden: Pipelines, Raffinerien und weitere Infrastrukturprojekte kurbeln die Wirtschaft weiter an. Quelle: dpa

Selbst das bescheidene Plus steht auf des Messers Schneide. Kocht die Euro-Krise in den nächsten Wochen wieder hoch, etwa weil Italien, Spanien oder Frankreich wegen mangelnder Reformfortschritte unter Druck der Finanzmärkte geraten oder die Griechen Adio zum Euro sagen, ist mit heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten zu rechnen. Das bräche dann wohl auch der deutschen Konjunktur das Genick. Mit ihr versänke die Wirtschaft der gesamten Euro-Zone tief in der Rezession. Selten zuvor waren die Konjunkturprognosen daher so abhängig von dem, was in der Politik geschieht. "Wer wissen will, was 2013 für die Konjunktur bringt, muss auf die Politik schauen", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.

Politiker zeigen sich optimistisch

Das wissen auch die Politiker in Brüssel, Paris und Rom. Angespannt bemühen sie sich, Optimismus zu verbreiten. Europa habe "das Schlimmste hinter sich", verkündete EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy vor wenigen Tagen. Frankreichs Staatspräsident François Hollande sekundierte: "Die Euro-Krise ist vorerst beigelegt."

Was für und gegen eine Rezession in Deutschland spricht

Zumindest die Teilnehmer an den Finanzmärkten scheinen die Euro-Retter überzeugt zu haben. In den Handelssälen hofft man, dass die Euro-Krise 2013 abflaut und die Konjunktur wieder durchatmen kann. Immerhin sind die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen von Spanien und Italien von 7,5 beziehungsweise 6,5 Prozent im Hochsommer auf aktuell nur noch 5,3 beziehungsweise 4,5 Prozent gesunken. Ihr Abstand zu Bundesanleihen hat sich deutlich verringert. Zudem hat der Euro gegenüber dem Dollar kräftig zugelegt, derzeit kostet er rund 1,30 Dollar. Auch der deutsche Aktienindex Dax scheint nur noch eine Richtung zu kennen: nach oben.

Scheitern ist ausgeschlossen

Auslöser für die Hausse ist die Beruhigungspille, die Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), den Märkten im Sommer verabreichte. Er versprach, alles zu tun, um den Euro zu retten. "Das Signal der EZB, notfalls in unbegrenztem Umfang Staatsanleihen der Krisenländer zu kaufen, und die jüngste Umschuldungsaktion für Griechenland stellen eine Zäsur in der Euro-Krise dar", sagt Carsten-Patrick Meier, Chef des Analyseinstituts Kiel Economics. Beides habe den Investoren klargemacht: EZB und Regierungen werden den Euro nicht scheitern lassen – auch wenn sie dazu die Währungsunion in eine Haftungs- und Inflationsgemeinschaft verwandeln müssen.

Investoren fassen daher wieder Vertrauen in den Euro. Brachten Sparer nach dem Ausbruch der Krise ihr Geld scharenweise aus den Krisenländern nach Deutschland, so fließt es nun wieder zurück. Im Oktober stiegen die Einlagen bei spanischen Banken um mehr als neun Milliarden Euro, nachdem die Kunden im Sommer noch Monat für Monat fast 40 Milliarden Euro abgezogen hatten.

Kapitalflucht stoppt

Schwacher Beginn, starkes Ende

Sogar in Griechenland scheint die Kapitalflucht gestoppt. Im Oktober verbuchten die griechischen Banken einen Zuwachs ihrer Einlagen um rund eine Milliarde auf 155 Milliarden Euro. Zuvor hatten sie rund ein Drittel der Kundengelder verloren. Die jüngste Heraufstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands durch die Ratingagentur Standard & Poor’s dürfte den Kapitalrückfluss noch verstärken. Dagegen verzeichneten die Banken in Deutschland im Oktober nur noch einen geringfügigen Zuwachs der Einlagen von 0,1 Milliarden Euro – so wenig wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr.

Der Rückfluss der Fluchtgelder in den Süden spiegelt sich auch im Target-Zahlungsverkehr wider, über den die grenzüberschreitenden Zahlungen im Euro-Raum abgewickelt werden. Von Oktober auf November sank Deutschlands Target-Forderungssaldo von 719,4 auf 715,1 Milliarden Euro.

Wende ist noch nicht bei den Managern angekommen

Die entscheidende Frage ist: Kommt mit der Beruhigung an den Finanzmärkten auch die Konjunktur wieder in Gang? Ganz so einfach ist das nicht. "Für eine konjunkturelle Wende reicht es nicht aus, dass sich die Lage an den Finanzmärkten beruhigt", sagt Commerzbanker Krämer, "dies muss auch in den Köpfen der Unternehmer ankommen." Noch scheint das nicht der Fall zu sein. So fürchtet eine Mehrheit der vom ifo Institut befragten Unternehmen, die Euro-Krise könne eskalieren. 39 Prozent derjenigen, die ihre Investitionen zurückfahren wollen, gaben die Euro-Krise als Grund dafür an.

Wie die Wirtschaft auf die Krise reagiert

Die Talfahrt der Investitionen, die seit mehr als einem Jahr anhält, dürfte daher nicht so schnell enden. Elga Bartsch, Europa-Chefvolkswirtin der Investmentbank Morgan Stanley, fürchtet, Deutschland könne sich einer leichten Rezession im Winterhalbjahr nicht entziehen. "Erst in der zweiten Hälfte nächsten Jahres", so Bartsch, "wird die Konjunktur wieder Fahrt aufnehmen."

Auch der US-Haushalt scheint gesichert zu sein

Bleibt die Euro-Zone von politischen Schocks verschont, könnte der Aufschwung durchaus kräftiger ausfallen, als viele erwarten. Denn die Voraussetzungen für einen Aufschwung, der 2014 sogar in einen Boom übergehen könnte, sind gegeben.

In den USA, in die mehr als sieben Prozent der deutschen Exporte gehen, zeichnet sich ein Kompromiss im Streit um die Haushaltskonsolidierung ab. Zwar müssen sich die US-Bürger wohl auf höhere Steuern und niedrigere Sozialausgaben einstellen. Doch Präsident Barack Obama und der Kongress dürften das Ausmaß der Konsolidierung von rund 4,0 auf 1,0 bis 1,5 Prozent vom BIP mindern. Entfällt die Unsicherheit über die Finanzpolitik, dürften die US-Unternehmen ihre Investitionen ausweiten. "Das wird der US-Konjunktur ab Mitte 2013 Schwung verleihen", sagt Harm Bandholz, US-Chefökonom von UniCredit.

Unternehmen rechnen mit starkem Wachstum

Wo die Schuldenländer schon Erfolge erzielen
Griechenland: Die Lohnstückkosten sinkenStillstand in Griechenland? Nicht ganz. Bei der Sanierung der Staatsfinanzen hat Athen durchaus Erfolge vorzuweisen: Um sechs Prozentpunkte vom Bruttoinlandsprodukt wurde das Haushaltssaldo in nur zwei Jahren verbessert. Eine solche Konsolidierungsleistung hat kein anderes Euro-Land geschafft. Und im ersten Halbjahr liegt Griechenland beim Defizitabbau sogar vor dem Plan. Auch dem Ziel, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, kommt das Land näher: Die Lohnstückkosten sind seit 2009 rückläufig. Aber bei den Strukturreformen, die für eine international konkurrenzfähige Wirtschaft zumindest ebenso bedeutend sind, bleibt noch viel zu tun.
Zwar hat das griechische Parlament seit 2010 Dutzende von Reformgesetzen verabschiedet. Aber es hapert bei der Umsetzung, weil die zuständigen Ministerien die notwendigen Durchführungsbestimmungen schuldig bleiben. Das geschieht weniger aus Nachlässigkeit als gezielt, um die Reformen zu hintertreiben. Denn die Politiker scheuen immer noch die Konfrontation mit den Kartellen, Gewerkschaften und Zünften, die sich gegen eine Deregulierung der Wirtschaft sträuben, weil sie sich dann dem Wettbewerb stellen müssten. Ein Beispiel: Die Öffnung der "geschlossenen Berufe", Hunderter Tätigkeiten, deren Ausübung strikt reglementiert ist, wie der Rechtsanwaltsberuf. Weil die Anwälte im Parlament stark vertreten sind konnten sie die Liberalisierung für ihren Berufsstand bisher verhindern. Manche Reformen ist Griechenland seit über einem Jahr schuldig geblieben. Die Wahlen vom Frühsommer haben das Land weiter in Verzug gebracht. Umso energischer drängen jetzt die Delegationschefs der Troika in Athen darauf, bei den Reformen endlich Gas zu geben.Text: Gerd Höhler, Athen
Italien: Die Erfolge sind sichtbarDie Technokraten-Regierung von Mario Monti hat in Italien innerhalb von neun Monaten mehr Reformen durchgesetzt als Silvio Berlusconi in allen seinen Legislaturperioden zusammen. Gleich nach seinem Amtsantritt im November hatte Monti noch vor Weihnachten das Maßnahmenpaket "Salva Italia" (Rette Italien) durchgepaukt, das jährlich Mehreinnahmen von 26 Milliarden Euro bringen soll. Zudem beschloss das Kabinett innerhalb kürzester Zeit eine Rentenreform, die das früher sehr großzügig ausgestaltete Rentensystem für die kommenden Jahrzehnte auf sichere Beine stellen soll. Es folgten zaghafte Liberalisierungen einiger Berufsstände und schließlich die große Arbeitsmarktreform im Frühsommer: Sie setzt auf mehr Flexibilität bei Einstellungen, ermöglicht aber auch ein leichteres Kündigen.
In Italien, wo die Arbeitslosigkeit im Juni mit 10,8 Prozent auf ein neues Rekordhoch seit 2004 stieg, ist der Arbeitsmarkt bislang zweigeteilt: Während sich ältere Angestellte meist über fast unkündbare Arbeitsverhältnisse freuen können, hangeln sich viele junge Menschen oft von einem befristeten Vertrag zum nächsten. Diese befristeten Verträge liefen in der Krise einfach aus. Diese Zweiteilung soll durch die Reform überwunden werden. Um die ausufernden Staatsausgaben zu drosseln, hat Monti (rechts) eigens den Parmalat-Sanierer Enrico Bondi als Spar-Kommissar an Bord geholt. Er sollte alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Das Ergebnis: 26 Milliarden Euro sollen innerhalb von drei Jahren eingespart werden. Die Ausgabenkürzungen sind wichtig, da die Regierung nicht ohne Grund in der Kritik steht, bisher vor allem durch Steuererhöhungen den Haushalt saniert zu haben.Text: Katharina Kort, Mailand Quelle: dpa
Portugal: Auf dem rechten WegPortugal macht alles richtig - aber die Euro-Schuldenkrise und die Abhängigkeit von Spanien bergen weiter Risiken. So begründete die Ratingagentur Standard & Poor's den negativen Ausblick für das Land. Ähnlich war der Tenor im Juli bei der vierten Überprüfung des Kreditprogramms durch die Troika. Die portugiesische Regierung unter Premier Pedro Passos Coelho hat in einem Jahr enorm viel erreicht. Steigende Exporte und fallende Einfuhren brachten das Handelsdefizit fast ins Gleichgewicht, das Haushaltsdefizit schrumpfte von fast zehn auf 4,2 Prozent Ende 2011. Auch 2012 sei ein Defizit von 4,5 Prozent machbar, meint die Troika.
Die Arbeitsgesetzgebung wurde reformiert, Arbeitszeit und Löhne wurden flexibilisiert, die Kündigungskosten gesenkt. Nun soll die Regierung auf Geheiß der Troika eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge prüfen, um die Beschäftigung zu beleben. Bis September muss Premier Passos Coelho (im Bild zu sehen) zudem die Lohnverhandlungen weiter flexibilisieren. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie wurde teilweise umgesetzt, ein neues Wettbewerbsrecht verabschiedet, diverse Berufe wurden liberalisiert. Der Mietmarkt mit extrem niedrigen fixen Mieten und entsprechend verfallenen Gebäuden wurde dereguliert, eine Reform des teuren, trägen Rechtssystems ist angeschoben. "Wir glauben, dass all diese mikroökonomischen Reformen dazu beitragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit durch steigende Produktivität statt durch sinkende Löhne verbessert wird", urteilt S&P. Immerhin lag der durchschnittliche Stundenlohn in Portugal mit 12,10 Euro Ende 2011 bereits 41 Prozent unter Spanien.Text: Anne Grüttner, Madrid
Spanien: Das Sparpaket ausgeweitetSpaniens Premier Mariano Rajoy gönnt sich derzeit ein paar Tage Urlaub in seiner Heimat Galizien. Kurz zuvor brach er ein bis dahin geltendes Tabu. Auf die stets eisern verneinte Frage, ob er den EU-Rettungsfonds in irgendeiner Weise anzuzapfen gedenke, antwortete Rajoy nun: "Ich habe keine Entscheidung getroffen, ich werde tun, was im allgemeinen und im spanischen Interesse ist." Er wolle zunächst alle Bedingungen kennen. Rajoy gab damit den Ball an EZB-Chef Mario Draghi zurück, der klargemacht hatte, die bedrängten Südländer müssten zunächst die Anleihekäufe des EFSF aktivieren, bevor die EZB den Rettungsfonds mit eigenen Maßnahmen unterstützen könne.

Deutsche Unternehmen blicken daher zuversichtlich auf ihr Amerika-Geschäft. Einer aktuellen Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer und der Unternehmensberatung Roland Berger zufolge rechnen 45 Prozent der US-Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen für 2013 mit einem "starken Wachstum" ihres Umsatzes jenseits des Atlantiks.

Auch in China stehen die Zeichen auf Erholung. Nach einer vorübergehenden Schwächephase hat sich die Konjunktur zuletzt beschleunigt. Zwar dürften die Zeiten, in denen Chinas Wirtschaft mit zweistelligen Raten auf und davon stürmte, vorerst vorüber sein. Doch auch bei Wachstumsraten von rund acht Prozent werden Deutschlands Exporteure ordentliche Gewinne in Fernost einfahren.

Europa macht weiterhin Sorgen

Schlechter sieht es dagegen für das Europa-Geschäft aus. Der alte Kontinent bleibt das größte Sorgenkind der Weltwirtschaft. Die Peripherieländer müssen ihre Lohnkosten senken und die Staatshaushalte sanieren. Immerhin dürfte der konjunkturelle Bremseffekt der Sparprogramme im nächsten Jahr etwas geringer ausfallen. Nach Berechnungen der EU-Kommission zeichnen sich für 2013 Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen im Volumen von 1,3 Prozent vom BIP ab. In diesem Jahr waren es zwei Prozent.

Einkommen und Konsum in Deutschland

Deutschlands Exporteure haben sich auf die Veränderungen auf dem Weltmarkt eingestellt und ihre Ausfuhren in die aufstrebenden Schwellenländer umgelenkt. Der Anteil der Ausfuhren nach Asien hat sich von zehn Prozent im Jahr 1999 auf nunmehr 16 Prozent erhöht. Der Exportanteil der Euro-Länder dagegen ist im selben Zeitraum von 46 auf weniger als 40 Prozent gesunken. In den nächsten Jahren dürfte sich dieser Trend fortsetzen. "Die deutsche Wirtschaft profitiert von ihrer weltweiten Verflechtung und treibt die Diversifizierung ihrer Absatzmärkte voran", sagt Anton Börner, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen. Für 2013 erwartet er ein Exportplus von bis zu fünf Prozent.

Deutschland kann sich weiterhin auf Exporte verlassen

Laufen die Exporte rund, stehen die Chancen gut, dass die Unternehmen im Jahresverlauf 2013 ihre Investitionspläne aufstocken. Zumal die Finanzierungsbedingungen wegen der niedrigen Zinsen so günstig sind wie nie. Auch Unternehmer, die vor der Alternative stehen, ihre Barmittel in Bundesanleihen mit negativen Realzinsen zu stecken oder lieber neue Maschinen zu kaufen, dürften sich zunehmend für Letzteres entscheiden.

So wie Klaus Beckonert, Geschäftsführer des Silologistikdienstleisters Greiwing aus dem westfälischen Greven. "In den vergangenen Jahren hat uns die Euro-Krise vorsichtiger agieren lassen", sagt Beckonert. Doch im nächsten Jahr will das mittelständische Familienunternehmen mit knapp 500 Mitarbeitern 50 Millionen Euro mehr für Investitionen in die Hand nehmen, ein Plus von 30 Prozent. Klotzen statt kleckern also. Und: Das Geld soll nicht nur in den Ersatz alter Fahrzeuge, sondern auch in die Erweiterung der Kapazitäten fließen. Das Geschäft bewege sich zwar noch rund fünf Prozent unter den alten Höchstständen. "Doch für 2013 sind die Aussichten nicht schlecht", sagt Beckonert.

Bürger investieren ins Eigenheim

Wie sich die Welt abschottet
US-Präsident Barack Obama Quelle: dpa
Ein Straßenhändler in Indien Quelle: REUTERS
Ein Bauer füttert seine Kühe Quelle: dpa/dpaweb
Abbau von Seltenen Erden in einer Mine in Ganxian Quelle: dpa
Die Christusstatue auf dem Corcovado Quelle: dapd
Mitarbeiter der Volkswagen AG im VW-Werk in Kaluga Quelle: AP
Arbeiter entladen importierten Reis von einem Schiff Quelle: REUTERS

Nicht nur die Unternehmen lassen sich von den niedrigen Zinsen in Investitionen locken. Auch die Bürger nutzen das billige Geld, vor allem für den Kauf von Immobilien. In den ersten zehn Monaten des Jahres lagen die Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser um mehr als 16 Prozent höher als im Vorjahr. Zudem haben ausländische Investoren Deutschland als noch vergleichsweise preiswerten Immobilienstandort mit Preissteigerungspotenzial entdeckt. Die Ökonomen der Deutschen Bank rechnen daher für 2013 mit einem Anstieg der Wohnungsbauinvestitionen um drei Prozent.

In den nächsten Jahren könnten die Raten weit höher ausfallen. Denn Deutschland steht vor der größten Einwanderungswelle seit der Wiedervereinigung. Vor allem gut qualifizierte Arbeitskräfte aus den Euro-Krisenländern und aus Osteuropa strömen ins Land. In der ersten Jahreshälfte wanderten netto mehr als 180 000 Personen zu. Im Gesamtjahr könnten es knapp 400 000 sein, schätzt Kiel-Economics-Chef Meier.

Arbeitsmarkt reagiert verzögert

Da die wirtschaftliche Misere in den Peripherieländern noch länger anhalten wird, dürften nach Meiers Berechnungen bis 2017 per saldo 2,2 Millionen Menschen nach Deutschland zuwandern. Für die Bauwirtschaft ein lukratives Geschäft. "Der Bau erschwinglicher Unterkünfte könnte ein Wachstumsmarkt werden", frohlockt Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.

Dreht der Konjunkturmotor auf, dürfte auch die Flaute auf dem Arbeitsmarkt zu Ende gehen. Seit dem Frühjahr haben saisonbereinigt 80 000 Arbeitnehmer ihren Job verloren. Allerdings reagiert der Arbeitsmarkt verzögert auf die Konjunktur. Vor Ende nächsten Jahres ist daher keine Besserung zu erwarten.

Das Erwarten die Experten

Wer jedoch einen Job hat, darf sich auch 2013 auf ein sattes Plus auf dem Gehaltszettel freuen. Nach Schätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft werden die effektiven Stundenlöhne 2013 um rund drei Prozent und damit nur etwas schwächer als in diesem Jahr steigen. Für Entlastung sorgt auch, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung sinkt, der Grundfreibetrag steigt und die Praxisgebühr verschwindet. Auch wenn der Staat durch den progressiven Einkommensteuertarif einen erheblichen Teil der Lohnzuwächse in seine Kassen umlenkt, dürften die verfügbaren Nettoeinkommen 2013 nach Schätzung des Marktforschungsunternehmens GfK um 2,9 Prozent steigen.

Energiewende macht Strom teuer

Wie viel den Bürgern davon an realer Kaufkraft verbleibt, hängt von der Teuerungsrate ab. Deutlich tiefer müssen die Bürger nächstes Jahr für Strom in die Tasche greifen. Die Energiewende lässt die Strompreise um rund zwölf Prozent in die Höhe schnellen. "Das wird die Inflationsrate 2013 um 0,2 Prozentpunkte nach oben ziehen", sagt Alexander Koch, Ökonom bei UniCredit. Auch 2013 wird die Teuerungsrate wohl bei zwei Prozent liegen. Die Nettoeinkommen dürften damit real um knapp ein Prozent steigen. Für den einen oder anderen zusätzlichen Einkaufsbummel dürfte das reichen.

Künstlicher Boom

Das Ende des Wachstums
Brasilien: Schwache Strukturen bremsen das große PotenzialDie größte Volkswirtschaft Lateinamerikas will nicht mehr so recht anlaufen. Wuchs sie 2010 noch um über sieben Prozent, hat sie seitdem nicht einmal mehr drei Prozent erreicht. Der IWF korrigierte seine aktuelle Prognose sogar noch nach unten. Unter den Schwellenländern wurde die Prognose für Brasilien am stärksten gekürzt. Hier sieht der IWF im laufenden Jahr ein Wachstum von 0,3 Prozent und im nächsten Jahr von 1,4 Prozent. Im Juli rechnete der IWF noch mit 1,3 Prozent und zwei Prozent Plus. Langfristig sehen mehrere Studien nach wie vor ein großes Wachstumspotenzial für Brasilien. Das liegt vor allem an dem Rohstoffreichtum des Landes, der gut funktionierenden Landwirtschaft und der großen und konsumfreudigen Bevölkerung. Kurz- und mittelfristig seien die Aussichten allerdings unsicher. So bemängeln Analysten die hohen Steuern und das komplizierte Steuersystem. Weitere Wachstumshemmnisse sind die marode brasilianische Infrastruktur und die schwerfällige Bürokratie. Hohe Löhne und Finanzierungskosten sowie protektionistische Handelsregeln halten Investoren derzeit auf Abstand. Auch qualifizierte Arbeitskräfte sind Mangelware - die Arbeitsproduktivität in der sechst größten Volkswirtschaft der Welt liegt 30 bis 50 Prozent unter dem europäischen Niveau. Die Arbeitslosenquote ist mit 5,6 Prozent relativ moderat. Brasiliens Präsidentin Dilma Roussef hat nach ihrem knappen Wahlsieg viel zu tun, wenn sie die Potenziale ihrer Volkswirtschaft ausreizen will. Quelle: dapd
„Sollte das Wachstum jetzt geringer ausfallen, wird die Regierung alle Instrumente nutzen, um eine Konjunkturabkühlung zu verhindern“, erwartet José Carlos de Faria, Chefökonom der Deutschen Bank in São Paulo. Unterstützung erhält die Konjunktur dadurch, dass derzeit staatliche und private Infrastrukturprojekte für umgerechnet rund 180 Milliarden Euro bis 2014 umgesetzt werden. Und Brasilien verfügt über Spielraum für weitere Stimulierungen. Die Devisenreserven sind hoch, ausländisches Kapital strömt weiter ins Land, und auch die Notenbank kann die Zinsen noch senken. Doch Wachstumsraten von über sieben Prozent wie 2010 sind außer Sichtweite: Nach einer Umfrage der Zentralbank rechnen die führenden Investmentbanken damit, dass Brasilien 2013 rund vier Prozent wachsen wird. Alexander Busch Quelle: AP
Russland: Die Wirtschaftssanktionen sind nicht Russlands größtes ProblemDer größte Flächenstaat hat sich selbst in eine Krise manövriert. Die politische Machtdemonstration in der Ukraine kostet Russlands Wirtschaft Kraft. Erst im vergangenen Monat hat die US-Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit Russlands deswegen von „Baa1“ auf „Baa2“ herabgestuft – damit liegt die Bonität Russlands nur noch knapp über dem Ramschniveau. Auch der Ausblick für die zukünftige Entwicklung ist negativ. Die Sanktionen des Westens belasten die mittelfristigen Wachstumsaussichten. Der IWF geht davon aus, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 0,2 Prozent und im nächsten Jahr um 0,5 Prozent wachsen wird. Allerdings sind die Wirtschaftssanktionen nicht das größte Problem Russlands. Der Absturz des Rubels und des Ölpreises machen der Wirtschaft viel mehr zu schaffen. Quelle: picture-alliance/ dpa
Gazprom profitiert zwar von dem Ende des Gasstreits zwischen der Ukraine und Russland – gute Zukunftsaussichten sehen aber anders aus. Der Ölpreis ist aufgrund der nachlassenden Weltkonjunktur von 107 Dollar pro Fass auf 86 Dollar gefallen. Für die vom Öl und von Gas abhängige russische Wirtschaft birgt das große Probleme – Russland generiert rund die Hälfte seiner Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas. Die Schwäche des Rubels drückt das Wachstum ebenfalls und kostet Russland monatlich Milliarden. Seit Januar ist der Kurs des Rubels um 20 Prozent gefallen. Das führt dazu, dass die Importe teurer werden. Der Lebensmittelpreis ist beispielsweise im September um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Quelle: dpa
Indien: Eine Wirtschaft auf ReformkursGemessen an den Bevölkerungszahlen ist Indien die zweitgrößte Wirtschaft der Welt. Auch in Bezug auf das Wirtschaftswachstum war Indien lange Zeit weltspitze. 2010 wuchs die Wirtschaft noch um über zehn Prozent – 2014 sind es vergleichsweise nur noch magere fünf Prozent. Gemessen an den westlichen Industrieländern ist diese Quote allerdings immer noch beeindruckend. Für 2015 erwartet der IWF, dass die indische Wirtschaft wieder stärker anzieht. Ein Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent wird erwartet. Besonders tragen dazu die Bereiche Elektrizität, Gas- und Wasserversorgung sowie Finanzen an. Analysten fühlen sich in ihrer Annahme bestätigt: Sie mutmaßten, dass das zuletzt verhältnismäßig enttäuschende Wirtschaftswachstum auf eine ineffiziente Wirtschaftspolitik zurückzuführen ist. In den letzten beiden Jahren wuchs die indische Wirtschaft um weniger als fünf Prozent. Der neue Premierminister Narenda Modi reformiert das Land. So erneuert er beispielsweise die indischen Arbeitsgesetze, die zum Teil noch aus der Zeit der britischen Kolonialherrschaft stammten, die 1974 endete. Quelle: ap
Problematisch ist für Indien die nach wie vor hohe Abhängigkeit von der Landwirtschaft. Zwar macht sie mittlerweile nur noch 14 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, von ihren Erträgen hängt aber immer noch das Wohl von 40 Prozent der Bevölkerung ab. Der Monsunregen, der für die Landwirtschaft existenziell ist, fiel in diesem Jahr nur schwach aus. Ein weiteres Problem ist die Teuerung, die Indien nicht in den Griff zu kriegen scheint. Im Juli lagen die Verbraucherpreise Indiens über acht Prozent über dem Vorjahreswert. Der Notenbankgouverneur Raghuram Rajan hat sich deshalb verpflichtet, den Anstieg der Konsumentenpreise bis 2015 auf unter acht Prozent zu drücken. Quelle: dpa
China: Vom Bauernstaat zur modernen DienstleistungsnationVon 2002 bis 2012 wuchs Chinas Wirtschaft um unfassbare 170 Prozent. Doch die Zeiten des Super-Wachstums scheinen vorerst vorbei zu sein. Im dritten Quartal 2014 ist die chinesische Wirtschaft so langsam gewachsen wie seit 2009 nicht mehr. Der IWF geht aber nach wie vor von Wachstumsraten über sieben Prozent aus. China ist aber nur scheinbar geschwächt. Die Staatsführung will die Wirtschaft neu ausrichten und ist bereit, dafür geringeres Wachstum hinzunehmen. Der Kurs scheint erfolgreich. Alleine in den ersten acht Monaten dieses Jahres wurden in China zehn Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Ein moderner Dienstleistungsstaat will China werden. Dienstleistungen trugen im ersten Halbjahr 2014 mit 46 Prozent mehr zum BIP bei als die Industrie. Die Hightech-Industrie legte um 12,4 Prozent zu. Zu den neuen Motoren der chinesischen Wirtschaft zählt auch das Online-Geschäft, das um fast 50 Prozent zulegte. Quelle: dpa

Nach all den Verunsicherungen durch unzählige Euro-Krisengipfel, Grexit-Szenarien und Kollaps-Beschwörungen scheinen die Aussichten für die deutsche Wirtschaft auf den ersten Blick gar nicht so schlecht zu sein. Zumal der Konjunkturmotor in den folgenden Jahren noch ein paar Gänge höher schalten und Deutschland Wachstumsraten von mehr als zwei Prozent bescheren dürfte. Das Problem ist nur: Der Boom, zu dem die deutsche Wirtschaft sich im nächsten Jahr warmläuft, ist künstlich angefacht. Schon in den vergangenen Jahren waren die Leitzinsen der EZB zu niedrig für Deutschland. In den nächsten Jahren dürfte sich das noch verstärkten. Um die Wirtschaft in den Krisenländern zu stützen, werden die Euro-Hüter die Leitzinsen noch lange niedrig halten.

Die Szenarien für den Euro-Raum

Deutschland droht eine überhitzte Konjunktur

Stellt Spanien demnächst einen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsschirm ESM, wird die EZB die Geldpolitik weiter lockern. Dann wird sie in großem Stil spanische Staatsanleihen kaufen und die Zinsen nach unten drücken. "Für die Euro-Zone ist das fatal, weil es den Reformdruck von den Peripherieländern nimmt", urteilt Commerzbanker Krämer. Die EZB wird es aber nicht wagen, die Anleihekäufe einzustellen, weil dann die Zinsen durch die Decke gehen. Die Anleihekäufe dürften zu einer Dauereinrichtung werden – ebenso wie das Drucken von frischem Geld.

"Die Niedrigzinspolitik und die faktische Staatsfinanzierung durch die EZB werden den Charakter der Währungsunion verändern", sagt Krämer. Die Euro-Zone werde gewisse Ähnlichkeiten zum Italien der Siebziger- und Achtzigerjahre entwickeln, mit einer weichen Währung, verkrusteten Strukturen und hoher Inflation.

Letztere wird vor allem Deutschland zu spüren bekommen, da die Konjunktur hierzulande besser läuft als im Rest der Euro-Zone. "Deutschlands Wirtschaft droht mittelfristig zu überhitzen", warnen die Ökonomen von Goldman Sachs in einer aktuellen Studie. Für die Bundesbürger wäre das eine ganz neue Erfahrung – ob sie ihnen gefällt, darf bezweifelt werden.

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