Kritik am Papiergeldsystem Dem Staat muss die Hoheit über das Geld genommen werden

US-Dollar, Euro, Renminbi, Schweizer Franken: Alle großen Währungen der Welt sind ungedecktes Papiergeld. Das verursacht ökonomische Schäden, sorgt für Finanz- und Wirtschaftskrisen. Zeit für neue Modelle.

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Thorsten Polleit, Chefökonom der Degussa Goldhandel GmbH. Quelle: Presse

Haben Sie den Eindruck, dass sich die Finanz- und Wirtschaftskrisen häufen und immer schwerwiegender werden? Werden Sie das Gefühl nicht los, dass die Kaufkraft Ihres Geldes dahinschwindet? Dass einige immer reicher werden – und zwar auf Ihre Kosten? Sorgen Sie sich, dass der Staat immer mächtiger wird, die Freiheiten und Bürgern und Unternehmen dahinschmelzen?

Keine Angst: Sie sind nicht paranoid. Sie erkennen nur die Folgen des ungedeckten Papiergeldsystems.

Alle großen Währungen der Welt – ob US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, britisches Pfund oder Schweizer Franken – sind ungedecktes Papiergeld. Das Produktionsmonopol für dieses Geld liegt bei den staatlichen Zentralbanken: Sie schaffen – mit Hilfe der Geschäftsbanken – neues Geld durch Kreditvergabe, und zwar sprichwörtlich „aus dem Nichts“. Dieses Geld kann auch als Kreditgeld, als Fiat-Geld (der Ausdruck fiat stammt vom lateinischen, es heißt: „es werde bereitet“) oder auch als Zwangsgeldsystem bezeichnet werden.

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Das ungedeckte Papiergeld verursacht schwerwiegende ökonomische und ethische Schäden. Es destabilisiert die Wirtschaft, sorgt für „Boom-und-Bust“-Zyklen, für Finanz- und Wirtschaftskrisen. Der Grund: Die neue, per Kredit geschaffene Geldmenge senkt die Zinsen künstlich ab. Unternehmen werden dadurch verlockt, Investitionen zu tätigen, die eigentlich gar nicht profitabel sind. Früher oder später kippt die konjunkturelle Scheinblüte („Boom“) jedoch in einen Abschwung („Bust“) um.

Umverteilung von Einkommen 

Das ungedeckte Papiergeld sorgt für eine nicht-marktkonforme Umverteilung von Einkommen und Vermögen, zu neudeutsch: Es ist sozial ungerecht. Es bereichert einige wenige auf Kosten vieler. Gewinner dieser Zwangsumverteilung sind diejenigen, die eng mit den Staat und seiner Papiergeld ausspeienden Zentralbank eng zusammenarbeiten – wie zum Beispiel Großindustrie und Banken. Verlierer sind zum Beispiel die gutgläubigen Sparer. Die Einkommensschere tut sich unverdient auf, Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen leiden besonders.

Das ungedeckte Papiergeld führt die Volkswirtschaften in eine Überschuldungsfalle, unter der sie letztlich zusammenbrechen: Das Geldmengenvermehren durch Kreditvergabe aus dem Nichts lässt eine Schuldenpyramide entstehen, die nicht mehr zurückzahlbar ist. Um dem drohenden Kollaps zu entkommen, wird zu drastischen Mitteln gegriffen: Zum Beispiel werden die Marktzinsen von den Zentralbanken auf de facto Null Prozent abgesenkt und vollends kontrolliert; und strauchelnde Staats- und Bankenschuldner mit neu geschaffenem Geld vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt.

Hinter diesen als „Rettungspolitik“ bezeichnenden Maßnahmen verbirgt sich nichts anderes als ein Frontalangriff auf die Marktwirtschaft: Um die Schäden zu übertünchen, für die das staatliche Zwangsgeld sorgt, müssen die auf Korrektur drängenden freien Marktkräfte ausgehebelt werden.

Die Volkswirtschaft verliert damit ihren Kompass, der unverzichtbar ist, um knappe Mittel zum besten Wirt zu lenken. Ohne Marktwirtschaft sind Fehlentwicklungen, Verluste bei Wachstum und Beschäftigung, Verarmung vorprogrammiert, politisch läuft es auf totalitäre Verhältnisse hinaus.

Ausweg: Währungswettbewerb

Die Schäden, für die das staatliche Zwangsmonopolgeld bereits gesorgt hat, lassen sich zwar nicht mehr aus der Welt schaffen, aber es kann immerhin verhindert werden, dass es noch schlimmer kommt. Wenn Freiheit und Wohlstand bewahrt und gefördert werden sollen, muss dem Staat die Hoheit über das Geld genommen und ein Währungswettbewerb zugelassen werden: Fortan hat nicht mehr der Staat und seine Zentralbank über die Geldmenge zu befinden, sondern diese Aufgabe übernimmt der freie Markt.

Nur Gold ist Geld - alles andere ist Kredit

Keine Sorge: Der Währungswettbewerb bringt kein Währungs-Chaos – genauso wenig wie es im Markt für Turnschuhe, Urlaubsreisen und Buntstifte Chaos gibt. Jeder Geldnachfrager hätte die freie Wahl, das Marktangebot zu wählen, das aus seiner Sicht seine Bedürfnisse am besten erfüllen. Niemand würde dabei schlechtes Geld nachfragen. Alle würden gutes Geld nachfragen: Geld, das knapp ist, dass nicht beliebig vermehrbar ist, das teilbar ist, das haltbar ist, das transportabel ist.

Mit welchen Maßnahmen Regierungen und Notenbanken Sparer attackieren können
Instrument: NiedrigzinsAusgestaltung: Notenbank kauft (über Banken, die günstig Geld bekommen) Staatsanleihen; Notenbank hält Leitzinsen untennegativ betroffen wären/sind: Konten, Anleihen, Lebensversicherung, Betriebsrenten, VersorgungswerkeEintrittswahrscheinlichkeit: läuft bereits; •••••wie gefährlich für das Vermögen?: Inflation frisst Zinsen; Sparen lohnt sich kaum; ••••∘Vorteil für Staaten: niedrige Zinslast auf eigene Schuldenhistorische Vorbilder: USA• = unwahrscheinlich/ sehr niedrige Einbußen; ••••• = so gut wie sicher/ sehr hohe Einbußen Quelle: dpa
Instrument: Inflation zulassenAusgestaltung: Notenbanken schöpfen weiter Geld; Bürger verlieren Vertrauen; Umlaufgeschwindigkeit des Geldes steigtnegativ betroffen wären/sind: Bargeld, Konten, Anleihen, LebensversicherungEintrittswahrscheinlichkeit: aktuell gering; langfristig wahrscheinlich; •••∘∘wie gefährlich für das Vermögen?: Hohe Inflation kann sämtliche Geldvermögen entwerten; •••••Vorteil für Staaten: Schulden werden nicht auf dem Papier, aber real drastisch verringerthistorische Vorbilder: Deutschland 1923; Frankreich 18. Jahrhundert; Zimbabwe 2009 Quelle: dpa
Instrument: NegativzinsAusgestaltung: Notenbank setzt negativen Leitzins fest; Banken legen negative Zinsen auf die Guthaben von Sparern um oder verteuern Gebühren/Kreditenegativ betroffen wären/sind: KontenEintrittswahrscheinlichkeit: ist bereits in der Diskussion; •••∘∘wie gefährlich für das Vermögen?: Erspartes leidet nominal durch Negativzinsen und real durch Inflation ••••∘Vorteil für Staaten: höheres Wachstum durch ausgeweitete Kreditvergabe erhoffthistorische Vorbilder: Schweiz 1964, 1970er; Schweden; Dänemark Quelle: dpa
Instrument: VermögensabgabeAusgestaltung: Staat schneidet sich von allen Vermögenswerten einmalig ein Stück abnegativ betroffen wären/sind: Konten, Aktien, Anleihen, ImmobilienEintrittswahrscheinlichkeit: wird diskutiert, aber starker Widerstand zu erwarten; ••∘∘∘wie gefährlich für das Vermögen?: je reicher desto härter; ••••∘Vorteil für Staaten: kann Schulden sofort drastisch senkenhistorische Vorbilder: Deutschland 1918/19, 1952 Quelle: dpa
Instrument: ZwangsanleiheAusgestaltung: Staat zwingt Bürger, einen Teil ihres Vermögens in Staatsanleihen zu packen; wird (teilweise) zurückgezahltnegativ betroffen wären/sind: Konten, Aktien, Anleihen, ImmobilienEintrittswahrscheinlichkeit: wird diskutiert, aber starker Widerstand zu erwarten; ••∘∘∘wie gefährlich für das Vermögen?: hängt von Rückzahlungen ab; •••∘∘Vorteil für Staaten: verschafft Spielraum bis zum Rückzahlungsdatumhistorische Vorbilder: Deutschland 1914, 1922/23 Quelle: dpa
Instrument: Neue SteuernAusgestaltung: Vermögensteuer, zum Beispiel ein Prozent auf steuerpflichtiges Vermögen (nach Abzug von Freibeträgen)negativ betroffen wären/sind: Vermögen generellEintrittswahrscheinlichkeit: politische Forderung; ••••∘wie gefährlich für das Vermögen?: für Vermögende; •••∘∘Vorteil für Staaten: weitere Einnahmenhistorische Vorbilder: Deutschland, wurde 1997 abgeschafft Quelle: dpa
Instrument: Neue SteuernAusgestaltung: Transaktionsteuer von 0,1 Prozent auf Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent auf Derivate; fällig für jedes Geschäft negativ betroffen wären/sind: Aktien, Anleihen, Derivate; indirekt auch Fonds und LebensversicherungenEintrittswahrscheinlichkeit: politisch herrscht Konsens; •••••wie gefährlich für das Vermögen?: drückt auch Rendite von Fonds und Versicherungen; •••∘∘Vorteil für Staaten: weitere Einnahmenhistorische Vorbilder: Deutschland 1881–1991; Schweden 1985–1992 Quelle: dpa

Was passiert mit dem ausstehenden ungedeckten Papiergeld – wie US-Dollar, Euro oder chinesischer Renminbi? Es wird durch die Goldbestände gedeckt, die in den Kellern der Zentralbank lagern. Dadurch lässt sich die Gefahr eines Totalverlustes verhindern, der dem bislang ungedeckten Papiergeld im Währungswettbewerb drohen kann; und schließlich gehört ja auch das Zentralbankgold den Besitzern des ungedeckten Papiergeldes – wem sonst? 

Der Wettbewerb ist ein Entdeckungsverfahren. Man kann also nicht wissen, was das Ergebnis sein wird. Allerdings lässt sich schon heute abschätzen, was gutes Geld ausmacht. Daher wären vermutlich Edelmetalle, allen voran Gold und Silber, natürliche Geldkandidaten. Ein Edelmetallgeld wäre nichts „Altbackenes“. Es würde digitalisiert. Mit ihm könnte man weiterhin wie gewohnt mit Schecks, Kreditkarte, Lastschrift, Internet-Banking und über Apple Pay oder Paypal bezahlen.

Die wichtige Eigenschaft des Edelmetallgeldes besteht darin, dass die Geldmenge nicht mehr beliebig manipulierbar ist durch Regierungen und Zentralbanken. Die „Boom-und-Bust“-Zyklen haben ein Ende, Geld und Ersparnisse werden nicht mehr chronisch entwertet, dem Verschuldungswahn wird Einhalt geboten, der immer weiter ausufernde, freiheitszerstörende Staat in die Schranken verwiesen.

Neue Tauschmittel

Im Zuge eines Währungswettbewerbs ist denkbar, dass eine (überschaubare) Anzahl von Tauschmittel entsteht: Angebote wie Bitcoin, die Cybereinheit, oder auch ein Nebeneinander einiger (weniger) Geldarten pendelt sich ein: etwa Bitcoin für die täglichen, kleinteiligen Zahlungen im Internet oder Supermarkt, Gold und Silber bevorzugt für großvolumige Zahlungen und die Ersparnisbildung.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Edelmetalle eine ganz besondere Eigenschaft aufweisen: Sie haben nicht nur einen Geldwert, sondern auch einen Wert, der aus ihrer nicht-monetären Verwendung stammt – etwa in der Industrie und als Schmuckstück.

Edelmetalle können nicht wertlos werden – nicht durch das Entstehen anderer Geldarten, nicht durch Stromausfall, nicht durch Schließen von Internet-Handelsplätzen, nicht durch Änderung der Computertechnologie oder Hacker-Angriffe.

Die Aussage, dass Gold Geld und alles andere Kredit ist, wird John Pierpont Morgan (1837 - 1913) zugschrieben und ist eine über Jahrtausende bewährte Wahrheit. Wenn Gold im Währungswettbewerb zum „Grundgeld“, gewissermaßen zum „monetären Nagel in der Wand“ wird, wäre das folglich alles andere als überraschend. Angesichts der weltweiten monetären Zerrüttung ist ein Währungswettbewerb in jedem Fall bitter nötig.

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