Leitzins Der lange Weg zur Normalität

Während die Weltpolitik immer verrückter wird, begibt die Geldpolitik sich zurück auf den Pfad zu gewohnten Verhältnissen. Aber nur sehr langsam, wie die Zurückhaltung der Fed zeigt.

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Blick auf das Gebäude der Federal Reserve (Fed) in Washington: Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank gab am Mittwoch seine Zinsentscheidung bekannt. Quelle: dpa

New York Wann bewegt sich die US-Geldpolitik? Nach der Sitzung der US-Notenbank (Fed) erwarten Ökonomen die nächste Zinserhöhung im Juni, schließen aber den März-Termin nicht aus. Das Statement der Geldpolitik am Mittwoch zeigte kaum Veränderungen gegenüber früheren Verlautbarungen und gab keinerlei Hinweise, wie es weiter geht.

Auffallend war allein, das von etwas mehr Vertrauen der Verbraucher und Geschäftsleute in die wirtschaftliche Entwicklung die Rede ist. Die Experten der Beratungsfirma IHS betonen daher deutlicher als andere die Chance, dass sich im März etwas tut, ihr Hauptszenario deutet aber auch auf den März hin.

Michael Feroli von JP Morgan sieht nur eine kleine Chance für den März. Er nennt die Fed-Adresse an der Ecke zwischen 20th Street und C-Street „den langweiligsten Punkt in Washington“. So sehr hat die Regierungspolitik unter Donald Trump der Fed die Show gestohlen, auf die noch vor wenigen Monaten Ökonomen und Investoren gebannt geschaut haben.
Die Fed hatte im Dezember ihre Zinsen zum zweiten Mal seit der Finanzkrise erhöht und am Mittwoch unverändert gelassen. Sie liegen jetzt in einer Spanne zwischen 0,5 und 0,75 Prozent.

Wie die Fed rechnet Scott Anderson von der Bank of the West mit drei Zinserhöhungen ab Juni, macht aber darauf aufmerksam, dass aus dem Terminmarkt die Erwartung von nur zwei Schritten abzulesen ist. Im vergangenen Jahr lagen die Erwartungen der Märkte permanent niedriger als die vieler Ökonomen und der Geldpolitiker – und die Märkte haben Recht behalten.


Geänderte Prognose für die Geldpolitik der EZB

Torsten Slok von der Deutschen Bank dagegen warnt, dass die Inflation möglicherweise schneller anzieht als von den Märkten erwartet. Er nennt dafür gleich zehn Gründe, darunter die von Trump angekündigte Steuerreform und die Ausgaben in Infrastruktur, die einen Boom auslösen könnten. Außerdem spricht er die Möglichkeit an, dass die neue Regierung versucht, den Dollar zu schwächen, was über die Importpreise die Inflation ebenfalls erhöhen würde.

Die Kapitalmärkte haben nach der Wahl von Trump zunächst großen Optimismus signalisiert, der aber mittlerweile etwas gedämpft ist. Trump selber und Angehörige seiner Regierung hatten den Dollar zuletzt als zu hoch bezeichnet. Allerdings hat die Regierung zunächst nur wenig direkte Möglichkeiten, auf den Wechselkurs einzuwirken.

Während die Fed sich also auf einem sehr langsamen Pfad zur Normalisierung befindet, unterstützen die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank von Japan die Wirtschaft sogar noch mit Wertpapierkäufen. Die Bank of Japan hat aber in dieser Woche ihre Wachstumsprognose leicht angehoben. Möglicherweise ist daher auch dort der Punkt der extremsten Geldpolitik erreicht und der Weg zurück ansatzweise erkennbar.

Für die EZB rechnen Ökonomen langfristig mit einer Normalisierung. JP Morgan hat gerade die Prognose dazu geändert. Die Volkswirte dort glauben jetzt, dass die EZB ihre Anleihekäufe zwischen Anfang und Mitte 2018 auslaufen lässt und Ende des Jahres dann die Zinsen erhöht. Zuvor war die US-Bank von der ersten Zinserhöhung 2020 ausgegangen.

Grundlage ihrer Analyse ist unter anderem, dass die Sorgen vor einem Abrutschen der Eurozone in die Deflation geschwunden sind.

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