Libertären-Treffen in der Türkei Staat? Nein Danke!

Weltweit greifen Regierungen vermehrt in die Wirtschaft und die Gesellschaft ein. Doch der Widerstand wächst. Bei einem Treffen in der Türkei entwickelten libertär gesinnte Ökonomen Ideen für eine staatsfreie Gesellschaft.

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Globalisierung Quelle: Fotolia

Sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise sind staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft an der Tagesordnung. Ob Bankenregulierung, Steuerpolitik, Frauenquote, Antidiskriminierungsgesetze oder Mindestlohn – in nahezu allen Lebensbereichen schicken sich die Regierungen an, Bürger und Unternehmen mit Verboten und gesetzlichen Vorschriften zu gängeln.

Standen in den 1980er und 1990er Jahren Deregulierung, Privatisierung und Liberalisierung oben auf der politischen Agenda, so hat die Finanzkrise den Fürsprechern staatlicher Eingriffe enormen Auftrieb verliehen. Mit der Mär, die ungezügelten Kräfte des freien Marktes hätten die Krise verursacht, ist es ihnen gelungen, den Markt zu diskreditieren und den Boden für staatliche Eingriffe zu bereiten.

Der omnipräsente Machtanspruch des Staates stößt jedoch auf Widerstand. In der vergangenen Woche trafen sich rund 100 libertär gesinnte Ökonomen und Wissenschaftler anderer Disziplinen in der türkischen Hafenstadt Bodrum, um auf einer Konferenz der Property & Freedom Society (PFS) darüber zu diskutieren, wie man den Leviathan bändigt. Eingeladen zu der Konferenz hatte der Ökonom und Sozialwissenschaftler Hans-Hermann Hoppe, Gründer der PFS und Doyen des anarcho-libertären Zweigs der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Das Themenspektrum der Debatten reichte vom Geldwesen über die Steuerpolitik bis zu Gerechtigkeits- und Einwanderungsfragen.

Der Ökonom Guido Hülsmann von der Universität in Angers zeigte, wie das staatliche Papiergeldsystem Staat, Bürger und Unternehmen in die Verschuldung treibt. Die meisten staatlichen Notenbanken hätten zwar die Aufgabe, die Preise stabil zu halten, so Hülsmann. Tatsächlich aber strebten sie Inflationsraten von rund zwei Prozent an. Durch die Inflation steige die Bereitschaft der Menschen, sich zu verschulden. Denn die Teuerung schmelze den realen Wert der Schulden ab.

Daher falle es den Banken leicht, die Menschen zur Kreditaufnahme zu bewegen. Wer hingegen sein Geld daheim horte, sei der Verlierer. Seine Kaufkraft sinkt von Tag zu Tag. Sparer suchen daher nach Anlagemöglichkeiten, die mit Zinsen über der Teuerungsrate locken. Das erleichtert es den Regierungen, sich durch die Ausgabe von Anleihen zu verschulden.

Geldordnung ohne Zentralbanken

Als Ausweg aus der Schuldenfalle empfahl Hülsmann eine natürliche Geldordnung ohne staatliche Zentralbanken. Auf einem freien Markt werde sich Warengeld, etwa Gold und Silber, durchsetzen. Da Edelmetalle nicht beliebig vermehrbar sind, wachse die Geldmenge langsamer als die Menge der produzierten Güter und Dienstleistungen. Dadurch sinken die Güterpreise und die Kaufkraft des Geldes steigt. Die Bürger erhalten auf diese Weise einen Anreiz, Geld zu horten, da es von Tag zu Tag wertvoller wird. Das verringert den Geldumlauf und drückt die Preise weiter nach unten.

Europa ist nur bedingt wettbewerbsfähig
Ein Mann trägt eine griechische Flagge Quelle: dpa
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Ein Mann schwenkt eine portugiesische Flagge Quelle: AP
Stierkampf Quelle: dpa
Eine Frau hält eine Fahne mit einer französischen Flagge in der Hand Quelle: REUTERS
Das Parlamentsgebäude in Wien Quelle: dpa
Finnische Flagge Quelle: dpa

Statt Inflation entsteht Deflation. Die aber ist keineswegs schädlich. Im Gegenteil. Die sinkenden Güterpreise machen Autos, Maschinen und sonstige Güter erschwinglicher. Kredite werden für den Kauf kaum noch benötigt. Weil die Deflation zudem die reale Schuldenlast erhöht, schrecken Bürger und Unternehmen davor zurück, auf Pump zu leben. In einer natürlichen Geldordnung ohne staatliche Zentralbanken steigen deshalb nicht die Schulden, sondern die Ersparnisse. Das macht den Weg frei für nachhaltige und rentable Investitionen.

Der US-Ökonom Doug French zeigte am Beispiel der Fed, wie vermeintlich unabhängige Notenbanken mit der Zeit immer stärker unter die Knute der Regierung geraten und am Ende zu deren Befehlsempfängern mutieren. Thorsten Polleit, Chefökonom der Degussa Goldhandel, ging in seinem Vortrag auf die zersetzenden Wirkungen des Sozialismus ein. Dieser sei durch verstaatlichte Produktionsmittel gekennzeichnet. Da es im Sozialismus keine Marktpreise gebe, fehlten die Signale für die Knappheit von Gütern. Fehlallokationen, Misswirtschaft und Wohlstandsverluste sind die Folgen.

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