Mark Carney Britischer Notenbankchef hilft dem Pfund auf die Sprünge

Der Chef der Bank of England beruhigte die Märkte mit einem Auftritt vor dem britischen Oberhaus: Das Pfund erholte sich. Zum heiklen Bankenthema sprach er beruhigende Worte. Fragen zu seiner Zukunft wich er aber aus.

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„Die Geldpolitik hat die britische Wirtschaft in einer schwierigen Zeit gestützt.“ Quelle: Reuters

Es war ein kurzer Satz und drückte eigentlich eine Selbstverständlichkeit aus. Doch es hat gereicht, um der britischen Währung am späten Dienstagnachmittag auf die Sprünge zu helfen: Man werde die Bewegungen der Währung und die Folgen für die Inflation berücksichtigen, wenn das geldpolitische Gremium der Notenbank nächste Woche seine Entscheidungen treffen werde, sagte Mark Carney, Chef der Bank of England, bei einer Anhörung vor dem britischen Oberhaus.

Im Vorfeld von Carneys Auftritt war das Pfund noch gegenüber Dollar und Euro deutlich gefallen. Experten erklärten dies mit der Befürchtung, dass die britische Notenbank nächste Woche den Leitzins weiter senken könnte. Nach Carneys Aussage hat die Währung zumindest einen Teil ihrer Verluste wieder wettgemacht.

Investoren halten es offenbar für nicht mehr so wahrscheinlich, dass der nächste Zinsschritt der Notenbank bereits Anfang November kommen könnte – angesichts des bereits sehr tiefen Falls der Währung, was die Inflation in die Höhe treiben dürfte. Seit dem Brexit-Referendum Ende Juni hat das Pfund gegenüber dem Dollar um gut 18 Prozent nachgegeben und ist damit so tief gefallen wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr.

Carney hat bei seinem Auftritt allerdings nicht nur die Anleger beruhigt, die in die britische Währung investieren, sondern auch die Mitglieder des britischen Oberhauses selbst, die seit dem Brexit-Votum um den Finanzplatz London fürchten. Anthony Browne, Chef der britischen Bankenlobbyvereinigung BBA, hatte in einem Gastbeitrag in einer britischen Zeitung am Wochenende gewarnt: Kleinere Banken könnten bereits vor Weihnachten mit der Verlagerung von Teilen ihres Geschäfts beginnen, größere Institute würden Anfang nächsten Jahres folgen. Die Geldhäuser hätten bereits „die Hand über dem Schalthebel“, um mit den Umzügen loszulegen.

Laut Carney ist das wohl eine „etwas dramatische“ Umschreibung der Dinge. „Uns ist bewusst, dass es Notfallpläne gibt, die sich in verschiedenen Stadien befinden“, sagte der Notenbankchef. Einige Institute seien bereit, im Lauf des nächsten Jahres auf die Brexit-Folgen und die dadurch ausgelöste Unsicherheit zu reagieren. Aber es gebe eine ganze Reihe denkbarer Lösungen zwischen London und Brüssel, die es den Banken ermöglichten, ihre Geschäfte wie bisher von der Insel aus zu betreiben.

Zu einer wichtigen Frage wollte er sich dagegen noch nicht so genau äußern: zu seiner eigenen Zukunft bei der Bank of England. Als er den Job Mitte 2013 angetreten war, hatte er angekündigt, eigentlich nur fünf Jahre bleiben zu wollen. Seine volle Amtszeit wären allerdings acht Jahre, also bis Mitte 2021. Eine Reihe von Politikern, Investoren und Marktkennern plädiert dafür, dass Carney bis dahin an der Spitze der Bank of England bleibt und im Zuge der Brexit-Verhandlungen weiterhin für Stabilität sorgt. Andere Politiker haben ihn massiv kritisiert und seinen Rücktritt gefordert – vor allem, weil er im Vorfeld des Referendums über den EU-Austritt für den Status quo argumentierte.

Carney will bis zum Jahresende entscheiden, ob er die verkürzte oder die volle Amtszeit bei der Bank of England bleiben will. Fragen dazu wich er bei seiner Anhörung vor dem House of Lords aus und sagte nur so viel: „Das ist eine ganz persönliche Entscheidung.“ Und keiner solle meinen, dass er mit dieser Entscheidung seine Meinung über die Politik der britischen Regierung zum Ausdruck bringen werde.

Großbritanniens Premierministerin Theresa May hatte die Notenbank für ihre Niedrigzinspolitik sowie unkonventionelle Geldpolitik Anfang Oktober kritisiert. Menschen mit Vermögen würden dadurch reicher, arme Menschen noch ärmer, so May. Das müsse sich ändern.

Carney reagierte damals prompt auf diese Ansage und sagte: Die Notenbank werde keine Anweisungen von Politikern ausführen. Bei seinem Auftritt vor dem House of Lords am Dienstag ging er noch etwas weiter: Seit Einführung der unkonventionellen Geldpolitik in Großbritannien und der Anleiheaufkäufe durch die Notenbank im Jahr 2009, seien 2,6 Millionen Jobs entstanden, die Wirtschaft sei deutlich gewachsen und das Pro-Kopf-Einkommen gestiegen. Das sei natürlich nicht alles dem Anleihekaufprogramm allein zuzuschreiben, „aber die Geldpolitik hat die britische Wirtschaft in einer schwierigen Zeit gestützt.“

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