Neue Geldschwemme gewünscht Die Deflationspanik gefährdet die Euro-Zone

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Von einem Boom-Bust-Zyklus zum nächsten

Was wird die EZB gegen die Deflation tun?

Auch wenn das Risiko einer ausgewachsenen Deflation gering ist, könnte die EZB die Geldschleusen weiter öffnen. Das dürfte der Fall sein, wenn die Kreditvergabe weiter schrumpft. Weil das Papiergeldsystem auf Kreditwachstum beruht, könnte eine Kontraktion der Kredite dessen Fundament hinwegspülen. In der Logik der Regierungen und Zentralbanker gibt es daher nur eine Gegenreaktion: Die Kreditvergabe muss wieder in Gang gesetzt oder durch gewaltige Liquiditätsspritzen aus der Ampulle der Notenbank ersetzt werden.

So diskutieren die Währungshüter derzeit darüber, den Zinssatz für Einlagen der Banken bei der EZB in den negativen Bereich zu drücken. Das soll die Banken dazu bewegen, mit dem Geld der Zentralbank Kredite zu vergeben, statt es auf den Konten bei der EZB zu horten. Zudem erwägen die Euro-Hüter, den Markt für verbriefte Kredite an Unternehmen zu beleben. Ebenfalls in der Diskussion sind vergünstigte Geldleihgeschäft, die an die Bedingung geknüpft sind, dass die Banken mit dem Geld der EZB Kredite an Unternehmen in den Krisenländern vergeben.

Ob das ausreicht, die Kreditvergabe anzukurbeln, ist fraglich. Daher könnte die EZB versuchen, frisches Geld auf direktem Wege in die Wirtschaft zu pumpen. Dazu könnte sie Wertpapiere von Nichtbanken kaufen. Die Banken schreiben den Verkäufern den Erlös auf deren Konten gut. So entsteht zusätzliches Geld. Die wachsende Geldmenge könnte als Nebeneffekt den Euro auf Talfahrt schicken. Das verteuerte die Importe und kurbelte die Inflation an. Das Problem ist nur: Durch Wertpapierkäufe drückte die EZB die Zinsen weiter nach unten und löste einen neuen Boom mit Fehlinvestitionen aus. Die Wirtschaft taumelte von einem Boom-Bust-Zyklus zum nächsten.

Um dies zu vermeiden, müsste das Geldsystem auf eine neue Basis gestellt werden. Geld müsste wieder werden, was es ursprünglich war: ein durch Gold oder andere Edelmetalle gedecktes Tauschmittel. Banken könnten Kredite nur vergeben, wenn diese durch entsprechende Ersparnisse gedeckt sind. Ein zu 100 Prozent real gedecktes Geld kann sich – anders als das Buchgeld im Papiergeldsystem – nicht in Luft auflösen. Eine Deflation durch Kreditkontraktion kann es dann nicht mehr geben. „In einem vollgedeckten Warengeldstandard ist Preisdeflation vollkommen harmlos und das Symptom eines starken Wirtschaftswachstums oder einer erfolgreichen Kassenbildung“, sagt Ökonom Bagus.

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