Neuer Wohlstand Brasiliens Konsumrausch stützt den Boom

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Der Handel mit der EU erreicht Rekordniveau

Das Volkswagen-Werk im brasilianischen Anchieta, bei Sao Paulo. Rund 3,4 Milliarden Euro will der deutsche Autobauer Volkswagen bis 2016 in seine brasilianischen Werke investieren. Quelle: dpa

Deshalb konnte die Autolobby – allen voran Volkswagen und Fiat – gegenüber der Regierung eine Erhöhung der Einführzölle für Importautos in Höhe von 30 Prozent durchsetzen. Die einheimischen Hersteller hatten zuvor rasant Marktanteile verloren, vor allem gegenüber den Importautos aus Korea und China, die bisher kaum im Land produzieren. "Dennoch wäre es falsch, das schwache Industriewachstum durch den starken Real nun einfach in die Zukunft fortzuschreiben", warnt Arthur Carvalho von Morgan Stanley. Denn einerseits sind die Investitionen seit Jahresmitte wieder angestiegen. Ein Indiz dafür sind die seit August sinkenden Stahlvorräte der Händler und Unternehmen. Große Infrastrukturprojekte im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft laufen zwar verspätet, aber dafür jetzt mit Hochdruck an. Auch der Handel zwischen der EU und Brasilien wird dieses Jahr ein historisches Rekordvolumen erreichen: Mit einem Warenaustausch in Höhe 100 Milliarden Dollar rechnet die Botschaft Brasiliens in Brüssel für dieses Jahr. Das sind 25 Prozent mehr als im Vorjahr.

Gleichzeitig hat die Zentralbank mit der überraschenden Zinssenkung von Ende August klar gemacht, dass sie diesmal nicht wie 2008 abwarten will, bis eine weltweite Rezession die Nachfrage auch in Brasilien kappt. In inzwischen zwei Zinsschritten hat die Geldbehörde den Leitzins auf 11,5 Prozent gesenkt, um der Konjunktureintrübung etwas entgegen zu setzen. Die Maßnahmen zeigten unmittelbar deutliche Wirkung: Der Real hat bereits im September fast 13 Prozent gegenüber dem Dollar verloren, was die Industrie zu neuem Wachstum verhelfen dürfte.

Stärken und Schwächen der BRIC-Staaten
Die Skyline der Millionen-Metropole Shanghai, China Quelle: REUTERS
Leute shoppen auf den Straßen von Sao Paulo, Brasilien Quelle: dapd
Der ehemalige brasilianische Präsident Lula da Silva mit ölverschmierten Händen auf einer Ölplattform vor Bacia De Campos Quelle: dpa
Indien befindet sich laut einer Studie der Weltbank zu den Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten nur auf Platz 132. Genehmigungen, Kredite bekommen, Vertragseinhaltung - alles ist auf dem Subkontinent mit erheblichen Aufwand und Unsicherheiten verbunden. Hinzu kommt Korruption, eines der größten Probleme für das Land. Transparency International listete Indien im Jahr 1999 noch auf Patz 72, elf Jahre später ist das Land auf Platz 87 im Korruptionsindex abgerutscht. Nicht nur für die ausländischen Unternehmen ist Korruption ein Ärgernis, weil sie stets fürchten müssen, dass Verträge nicht eingehalten werden. Korrupte Beamte und Politiker sind auch eine enormes Problem für die mittleren und unteren Schichten, denen schlicht das Geld zur Bestechung fehlt. Um öffentliche Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die den Bürgern per Gesetz zustehen, müssen laut Transparency International mindestens 50 Prozent ihrer Befragten Bestechungsgelder zahlen. Der volkswirtschaftliche Schaden ist immens. Analysten gehen davon aus, dass die Direktinvestitionen in Indien um ungefähr 31 Prozent zurückgegangen sind und aus dem indischen Aktienmarkt etwa 1,4 Milliarden Euro abgezogen worden sind. Besonders brisant: nach einer Studie der Washingtoner Global Financial Integrity Organisation leitete die Liberalisierung und Markt-Deregulierung im Jahr 1991 die Hochzeit der Korruption und des illegalen Geldtransfers ein. Im Bild: Der Antikorruptions-Aktivist, Anna Hazare, im August 2011 in Neu Delhi. Hazare ging für zwölf Tage in einen Hungerstreik, um gegen die grassierende Korruption seines Landes zu protestieren. Tausende Sympathisanten unterstützen den Aktivisten bis zum Schluss seiner Aktion. Quelle: dapd
Verkehrsstau auf dem Delhi-Gurgaon Expressway, in Neu Delhi, Indien. Quelle: AP
Im Bild: eine Fabrikarbeiterin in einer Textilfabrik aus der Provinz Anhui, China. Quelle: REUTERS
Im Bild: Ein Eierverkaufsstand in Jiaxing, Zhejiang Provinz. Quelle: REUTERS

Die Übernahme brasilianischer Konzerne durch ausländische Unternehmen wächst

Zudem profitiert die brasilianische Wirtschaft durch anhaltend hohe Direktinvestitionen. 75 Milliarden Dollar haben Investoren in den letzten zwölf Monaten nach Brasilien geschickt, um damit Akquisitionen, Fusionen oder den Bau ganz neuer Fabriken zu finanzieren. Das ist der höchste Zufluss seit zehn Jahren. Nach einer Untersuchung des Wirtschaftsprüfers KPMG hat sich die Zahl der Übernahmen brasilianischer Konzerne durch ausländische Unternehmen seit 2009 verdoppelt. Im ersten Halbjahr hat nirgendwo sonst weltweit die Zahl der Übernahmen von Unternehmen aus den Industrieländern weltweit so stark zugelegt wie in Brasilien.

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