Neuer Wohlstand Brasiliens Konsumrausch stützt den Boom

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Die hohe Inflation ist ein Problem

Tausende VW Minivans im Volkswagenwerk in São Paulo Quelle: AP

"Alle Multis weltweit lockt derzeit der große Binnenmarkt Brasiliens an", sagt Alfredo Valladão, Präsident der Europa-Brasilien-Boards. Das gilt sowohl für Hersteller von Konsumprodukten als auch von Investitionsgütern sowie die Zulieferer für die Branchen. Denn Brasilien ist mit seinen 190 Millionen Einwohnern und seinem breit aufgestellten Industrie- und Dienstleistungssektor für viele Firmen einer der wichtigsten Absatzmärkte weltweit – weit größer, als es Brasiliens Bedeutung im Welthandel vermuten lässt. Denn trotz der im Vergleich mit Indien und China bescheidenen Wachstumsraten, ist Brasiliens Markt interessant wegen des hohen Pro-Kopf-Einkommens der Brasilianer. Es ist mit rund 13.000 Dollar etwa doppelt so hoch wie das der Chinesen und zehnmal höher als das der Inder.

Deutsche Unternehmen sind in Brasilien besonders dazu prädestiniert, vom anhaltenden Konsumboom zu profitieren. "In Brasilien besitzen deutsche Konzerne wie nirgendwo sonst auf der Welt Schlüsselpositionen in der Industrie", sagt Peter Rösler vom Lateinamerika Verein in Hamburg. Sie haben mehr in Automobilbau, Chemie, Pharmazie, Elektrotechnik und Maschinenbau investiert als in China. 1200 Konzerne mit deutscher Beteiligung gibt es in Brasilien. São Paulo gilt als die größte deutsche Industriestadt weltweit.

Neues Inflationsrisiko

Zwar haben Regierung und Zentralbank ihr Ziel erreicht, die weitere Aufwertung des Real zu stoppen. Die Frage ist jedoch, wie hoch die Kosten dafür noch werden: Denn die Inflation hat mit akkumuliert 7,3 Prozent auf die vergangenen zwölf Monate einen neuen Spitzenwert der vergangenen sechs Jahre erreicht. Einige Investmentbanken wie Itaú Unibanco schätzen, dass der Gipfel der Geldentwertung erreicht sein könnte. Aber selbst die optimistische Zentralbank erwartet, dass ihr Inflationsziel von 4,5 Prozent erst Ende nächsten Jahres erreicht wird. Zentralbankpräsident Alexandre Tombini hat weitere leichte Zinssenkungen angekündigt und rechtfertigt diese mit der sich verschärfenden Weltwirtschaftskrise.

Die Folgen der wachsenden Inflation sind jetzt bereits schmerzlich zu spüren: Die Anzahl der Streiks nehmen in Brasilien zu. Die Post und die Bankangestellten legten über Wochen ihre Arbeit nieder. Die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften wächst weiter, angesichts einer historisch niedrigen Arbeitslosenquote von sechs Prozent und rund 100.000 neuen Jobs, die jeden Monat netto neu hinzu kommen. Die für Januar 2012 festgesetzten Mindestlohnerhöhungen von 14 Prozent werden die Teuerung zusätzlich vorantreiben.

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