Einen Grund für den Investitionsmangel sieht Summers in der ungünstigen demografischen Perspektive in den USA. In den nächsten Jahrzehnten werde die US-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter kaum noch wachsen. Das bremse die Investitionen, weil eine stagnierende Bevölkerung weniger Häuser, Maschinen, Autos und Bürogebäude benötigt als eine wachsende Bevölkerung. Erste Anzeichen dafür sieht Summers in den hohen Barmitteln, auf denen Unternehmen wie Apple und Google sitzen. Den Unternehmen mangele es an rentablen Investitionsprojekten. Statt ihre Gewinne in neue Projekte zu stecken, fließe das Geld in Aktienrückkäufe und Dividenden.
Weil die Geldpolitik ihr Pulver weitestgehend verschossen habe, könne jetzt nur noch die Finanzpolitik Amerika vor der Stagnation retten. Statt zu sparen müsse die Regierung daher die Investitionsausgaben kräftig erhöhen. Angesichts der aktuell niedrigen Zinsen hätten zusätzliche Staatsausgaben besonders kräftige Wirkungen auf das Wachstum, sagte Summers. Berechnungen zeigten, dass höhere Defizite das Wachstum so stark anregen, dass die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sinken.
Ob den USA tatsächlich eine säkulare Stagnation droht, ist hingegen fraglich. Denn in einer offenen Volkswirtschaften fließen die Ersparnisüberschüsse ins Ausland. Das setzt den Dollar unter Druck, regt die Exporte an und steigert die Investitionen.
Widerspruch erntete Summers von John Taylor, Professor an der Uni in Stanford. Taylor sieht den Grund für das bisher schwache Wachstum der US-Wirtschaft in der Verunsicherung der Unternehmen und Bürger durch die Politik. “Die Geld- und die Fiskalpolitik sind in den vergangenen Jahren zunehmend dirigistisch, diskretionär und unberechenbar geworden”, kritisierte Taylor.
Taylor warf der US-Notenbank Fed vor, sie habe nach dem Platzen der New-Economy-Blase die Zinsen viel zu lange viel zu niedrig gelassen. Das habe die Anleger in risikoreichere Anlagen getrieben und zur Blasenbildung am Immobilienmarkt geführt. Die Politik der quantitativen Lockerung, mit der die Fed auf die Finanzkrise reagierte, habe die Wirtschaft zusätzlich verunsichert, da die Notenbanker ohne feste Regeln darüber entscheiden, wann und wie viele Staatsanleihen sie kaufen.
Die Konjunkturprogramme der Regierung hätten allenfalls Strohfeuereffekte gehabt, den langfristigen Wachstumspfad aber nicht erhöht, kritisierte Taylor. Die Wirtschaft werde erst auf einen höheren Wachstumspfad einschwenken, wenn Geld- und Finanzpolitik sich an Regeln hielten. Konkret forderte Taylor, das Anleihenkaufprogramm der Fed zu beenden, zu positiven Realzinsen zurück zu kehren, den Staatshaushalt zu konsolidieren und höhere Eigenkapitalvorschriften für Banken zu erlassen statt den Finanzsektor mit immer detaillierteren Regulierungen zu malträtieren.