Ökonomie MC Keynes und Flashmaster Hayek erklären die Wirtschaft

Zwei längst verstorbene Wirtschaftswissenschaftler entsteigen online dem Ökonomie-Olymp und diskutieren auf etwas andere Weise. Ein Lehrstück für VWL-Studenten - und ein gelungener PR-Coup für eine renommierte US-Universität.

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Ökonomie, vor allem Makroökonomie, ist ein schwierig’ Ding. Bei Inflations- und Arbeitslosigkeitsraten, Zinsdifferenzen, IS- und LM-Kurven, Wechselkursen und Bruttoinlandsprodukten kann selbst der interessierte VWL-Student schon mal durcheinander kommen. Und im heißen Anschauungsstreit, wie Rezession, Stagnation oder gar Stagflation am besten zu bekämpfen sind, kommt man der Depression selbst schnell mal nah.

Es geht aber auch anders. "Fear the Boom and Bust - a Hayek vs. Keynes Rap Anthem“ heißt das Video, dass derzeit online für Furore sorgt. Fast 700.000-fach wurde es seit Ende Januar bei Youtube angeklickt. „Fear the Boom and Bust“ feiert zwei Herren mit etwas angestaubtem Starpotenzial, zwei Hausgötter der Wirtschaftswissenschaften: John Maynard Keynes, den in Cambridge und Eton ausgebildeten Snob, Hobby-Spekulanten, Salonlöwen und brillianten Ökonomen – und Friedrich August von Hayek, den schneidenden Wiener Marktgläubigen, Streiter wider den Sozialismus, Nobelpreisträger und Weggefährte der erzliberalen Chicagoer Schule.

Keynes gegen Hayek, das ist überzeugter Konjunktursteuerungsglaube gegen kühl temperierten Rationalismus, Staat gegen Markt, eingreifen gegen Hände weg. Ausgetragen wurde diese intellektuelle Auseinandersetzung in den 1930er Jahren, aktuell ist sie bis heute. Stoff, wie gemacht für ein „Battle“, die Königsdisziplin des konfrontativen Rapgesangs. Und so wird aus ökonomischer Ideengeschichte eine MTV-Volkshochschule.

Ein Auszug:

Beide: „We’ve been going back and forth a century.”

Keynes: “I want to steer markets.”

Hayek: “I want them set free.”

Beide: “There’s a book and bust circle and good reason to fear it.”

Hayek: “Blame low interest rates.”

Keynes: “No… it’s the animal spirits.”

Ein Professor als Rap-Texter

Der rund siebenminütige Rap-Grundkurs Makroökonomie ist eine Produktion von „Econstories.tv“. Auf der Internetseite lobt sogar der Keynes-Biograph Robert Skidelsky, es sei „keine vollkommene Würdigung von Keynes, aber vollkommen richtig.“ Allerdings ist das kein glücklicher Zufall, denn einer der Initiatoren und Autoren des Videos, Russ Roberts, ist kein Rapper, sondern hauptberuflich Ökonomie-Professor an der renommierten George Mason University (GMU) und Fellow in Stanford -  und „Econstories.tv“ ein eigenes Projekt der GMU. Mit Nobelpreisträgern wie Hayek hat die Uni durchaus eigene Erfahrungen gemacht: An der GMU lehrt einer der Begründer der Public-Choice-Ökonomie, James Buchanan.

Auf der Seite kündigen die Macher bereits an, dem PR-Coup neue Videos folgen zu lassen. Das Ziel: Wirtschaft besser zu erklären. Nachahmer in Deutschland sind bislang leider nicht bekannt. Man stelle sich aber Hans-Werner Sinn bei dem Versuch vor, die ordnungspolitischen Lehren Walter Euckens in Sprechgesang zu übersetzen. Schön wäre es.

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