Preissteigerungen, die durch Misstrauen in die Währungsordnung zustande kommen, haben sich immer auf die Dauer als schädlich erwiesen. In dieser Hinsicht sind Inflationsgerüchte ebenso schlimm oder noch schlimmer als eine wirkliche Inflation, die nicht entdeckt wird, ein laut verkündetes Währungsreform-Programm unter Umständen verheerender als eine Währungsreform selbst.
Nun ist es heute geradezu zur fixen Idee geworden, dass ein gut funktionierendes Kreditbanksystem durch Zusammenwirken mit den Notenbanken allzeit imstande sei, Erschütterungen des Wertbewusstseins durch kreditäre Maßnahmen abzuwehren, zu lindern oder vorbeugend zu verhindern. Man geht so weit zu behaupten, dass heftige Preisschwankungen geradezu der Beweis dafür seien, dass ein Banksystem nicht richtig funktioniert, und dass die Wirtschaftszyklen mit ihren vielfach ruinösen Folgen nur da entstehen, wo die Banken nicht richtig funktionieren. Alle modernen Versuche, Preisschwankungen zu verhindern, laufen hinaus auf eine Aufmunterung zur Inflationspolitik und wollen durch Geld- und Kreditpolitik das Entstehen der Wirtschaftszyklen verhindern.
Nicht alles, was möglich ist, ist volkswirtschaftlich auch heilsam. Der kreditpolitische Aktivismus in allen Ehren, aber nicht auf Kosten anderer Leute und vor allem nicht auf Kosten der Allgemeinheit. In dieser Hinsicht hat die deutsche Inflationsepoche verheerend auf die Struktur der Intelligenz der Nationalökonomen gewirkt. Sie hat nicht nur die Geschäftsmoral untergraben, sondern sogar eine Pervertierung des nationalökonomischen Denkens, fast möchte man sagen: des gesunden Menschenverstandes bewirkt und in manchen modernen Geld- und Kredittheorien eine Art Inflationshysterie erzeugt.
Es ist in letzter Zeit von sachkundiger Seite überzeugend nachgewiesen worden, dass alle die von den modernen Konjunkturtheoretikern angestrebten Ziele einer Preisstabilisierung, einer etwaigen Hochkonjunktur, einer magischen Kreditschöpfung aus dem Nichts nur möglich wären bei einer vollständigen Umwälzung des Wirtschaftssystems, nämlich nur in einem nach außen geschlossenen Staate, wo nicht nur die Notenbank, sondern auch das ganze Bankwesen samt allen Geschäften monopolisiert und einem einzigen diktatorischen Willen unterworfen würden und auch der Einfluss der Börse ausgeschaltet wäre.
Gegenwärtig geht es darum, durch kreditpolitische Maßnahmen, durch eine Inflation, von der man annimmt, dass sie kontrollierbar sei, das weitere Abgleiten der Preise zu verhindern beziehungsweise das Preisniveau auf eine selbst gewählte vorher fixierte Norm zu heben. Auf welches Niveau? Und wer wird dieses Niveau bestimmen? Das Parlament, ein Preisdiktator, der Reichswirtschaftsrat oder die Weltwirtschaftskonferenz? Hat man es nicht erlebt, dass jede Normierung der Preise im Sinne der Stabilisierung selbst durch nicht kreditäre Maßnahmen, sondern durch Produktionsregelung zu den lebhaftesten Streitigkeiten und Widersprüchen geführt hat?
Diese bisherigen Stabilisierungsmaßnahmen der Produzentengruppen hatten wenigstens das Gute, dass sie auf Kosten der Interessenten selbst geschehen, während die Stabilisierung der Preise durch Kreditpolitik die große Mehrheit des kapitalbildenden Publikums einer Plünderung durch die Nutznießer der erweiterten Kredite aussetzen würde und geradezu auf eine Enteignung dieser Schichten hinausliefe.