Protektionismus und Nationalismus Deutsche Unternehmen haben den „China-Blues“

Ab 2020 will China Autobauern feste Verkaufsquoten für E-Autos vorschreiben. Deutsche Hersteller halten das für unmöglich. Doch nicht nur VW und Co. fürchten um ihr China-Geschäft – die Stimmung ist schlecht wie nie.

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Während ein Viertel der befragten Firmen von Gewinnrückgängen im China-Geschäft ausgehen, erwarten 66 Prozent der Autobauer steigende Gewinne. Die Lage könnte sich aber ändern. Quelle: dpa

Peking Die deutschen Unternehmer gehörten über Jahre zu den Optimisten in China. Während amerikanische Wirtschaftsführer zusammen mit CEOs anderer europäischer Konzerne über schlechte Bedingungen im Reich der Mitte klagten, hielten die Deutschen meist dagegen. Doch in diesem Jahr hat sich das Bild deutlich gewandelt.

„2016 wird wahrscheinlich eines der wirtschaftlich schwierigsten Jahre“, sagt der Präsident der deutschen Handelskammer (AHK) in China, Lothar Herrmann, am Dienstag bei der Vorstellung der jährlichen Umfrage zum Geschäftsklima. Ausgerechnet bei den Schlüsselindikatoren Umsatz, Profit und Investitionen geben sich die deutschen Unternehmen so pessimistisch wie noch nie. Seit die Kammer 2012 zu den drei Indikatoren fragt, sind die Antworten nicht so negativ ausgefallen.

Ein Viertel der befragten Firmen ging für dieses Jahr von Gewinnrückgängen aus. In der für Deutschland besonders wichtigen Maschinenbau-Branche ging sogar mehr als ein Drittel (36 Prozent) der befragten Unternehmen von einem Rückgang der Profite aus, während immerhin noch 30 Prozent der Betriebe steigende Profite erwarteten.

Dem gegenüber standen jedoch die Autobauer. 66 Prozent der Firmen aus dem Autosektor erwarteten für dieses Jahr steigende Gewinne, während zwölf Prozent von Profitrückgängen ausgingen.

Langfristig könnte sich die Lage für die Autobauer in China jedoch verändern, warnt der deutsche Botschafter, Michael Clauss. Peking erwägt, Autoherstellern ab 2018 feste Absatzquoten für Elektroautos vorzuschreiben.

Demnach müssten Hersteller acht Prozent ihrer in China abgesetzten Wagen mit Elektromotor verkaufen, 2019 bereits zehn Prozent und 2020 zwölf. „Das ist etwas, was man kaum schaffen kann“, sagt Clauss. Großen Autobauern wie Volkswagen könne es in der kurzen Zeit kaum gelingen, ihre Produktion umzustellen.


Negative Stimmung deutscher Unternehmen

Im vergangenen Jahr habe es bereits eine deutlich gestiegene Zahl von Beschwerden und Hilfegesuche deutscher Firmen bei der Botschaft in Peking gegeben, so Clauss. In diesen Jahr sei die Zahl jedoch „steil nach oben gegangen“. Beklagt werden demnach vor allem Diskriminierung durch wachsenden lokalen Protektionismus oder ökonomischen Nationalismus. „Deutschland wird offen bleiben. Aber wir erwarten eine Gleichbehandlung. Es kann nicht sein, dass wir eine Einbahnstraße haben“, sagt Clauss.

Ausgerechnet Firmen, die bereits zehn Jahre und länger in China präsent sind, fühlten sich tendenziell weniger willkommen im Land. 42 Prozent der befragten langjährigen Unternehmen gaben an, die Lage habe sich verschlechtert. Bei Betrieben, die erst sechs Jahre oder weniger in China vor Ort sind, lag der Anteil bei 26 Prozent.

Die Gründe für die negative Stimmung hingen mit der insgesamt schwierigen Lage der Weltwirtschaft sowie dem Klima in China zusammen, sagt Herrmann. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt hatte für das dritte Quartal zwar mit 6,7 Prozent ein solides Wachstums gemeldet. Jedoch schlage der Kampf gegen Überkapazitäten etwa in Stahlsektor auch auf die deutschen Maschinenbauer durch, vermutet AHK-China-Präsident Herrmann.

An der im September durchgeführten Jahresumfrage der AHK hatten sich 426 deutsche Unternehmen vorwiegend aus dem Maschinenbau, der Autoindustrie und dem Dienstleistungsbereich beteiligt. Die Kammer zählt rund 2500 Mitgliedsfirmen und vertritt damit rund die Hälfte der in China aktiven deutschen Unternehmen.

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