Robert Solow Der Entdecker des Wachstums

Seite 2/5

Zeit des technischen Fortschritts/Kinde der Krise

Neben dem Radio prägten weitere technische Neuerungen wie der Tonfilm und später das Fernsehen die Kindheit des späteren Nobelpreisträgers. Quelle: dpa-dpaweb

Für die Wirtschaftspolitik ließ sich aus Solows Modell ableiten, dass es sich für den Staat lohnt, Forschung und Entwicklung zu unterstützen. Konjunkturprogramme dagegen, die kurzfristig die Investitionstätigkeit ankurbeln sollen, bringen kaum etwas.

Solows Lehre passte hervorragend in den weltweiten Zeitgeist um 1960 – und verstärkte ihn. Das reichte vom ambitionierten Raumfahrtprogramm der USA bis in die Bundesrepublik Deutschland, die sich 1962 ein Bundesforschungsministerium zulegte. Technische Neuerungen haben schon die Kindheit des späteren Nobelpreisträgers in New York, der damaligen Weltmetropole des technischen Fortschritts, geprägt: Das Radio war ein neues, revolutionäres Medium, der Tonfilm kam auf, wenig später das Fernsehen. Und immer mehr Autos fuhren durch die Stadt.

Doch dieser Fortschritt ist bedroht. Als Achtjähriger bekommt Solow die wirtschaftliche Depression hautnah zu spüren. „Ich habe sehr genau mitbekommen, dass meine Eltern sich ständig Sorgen ums Geld machten“, erzählt er später. Sein Vater ist Pelzhändler, hat zwar ein sehr gutes Auge für die Qualität seiner Waren, mag aber seinen Beruf eigentlich nicht. Die Branche ist unsicher, während der Weltwirtschaftskrise können sich nur wenige Leute Pelzmäntel leisten.

Kollegialer Wissenschaftler

Sein Sohn Bob hat dann auch andere Interessen: Schon im ersten Schuljahr fällt seine hohe mathematische Begabung auf. Viel später, in seinem letzten Jahr an der Highschool, verschlingt er die großen französischen und russischen Romane des 19. Jahrhunderts. Mit 16 erhält er ein Stipendium für eines der angesehensten Colleges der USA. In Harvard interessieren ihn erst einmal Soziologie und Anthropologie, daneben auch Wirtschaftswissenschaften. „Wie viele Kinder der Depression“, schreibt er später, „war ich neugierig, wie die Gesellschaft tickt.“

Geld interessiert ihn wenig. Die Bücher für sein Studium finanziert er mit zwei Teilzeitjobs als Bibliotheksgehilfe und als Tellerwäscher in einem Restaurant. Jahre später, als Harvard University seine Promotion, in der es um Einkommensverteilung geht, als beste wirtschaftswissenschaftliche Doktorarbeit auszeichnet, holt Solow das Preisgeld nie ab. Das waren 500 Dollar – nach heutiger Kaufkraft das Zehnfache. „Ich habe mir meine Arbeit angeschaut und gedacht: Die kannst du noch verbessern. Aber das Überarbeiten war mir zu langweilig. Deshalb habe ich die Arbeit nie eingereicht und nie den Scheck bekommen“, erzählte Solow als alter Mann.

Davor allerdings erlebt Solows Karriere eine wegweisende Unterbrechung. 1942 meldet sich der 18-jährige Student zur Army. Drei Jahre lang dient er auf Kriegsschauplätzen in Nordafrika und Italien, erlebt Teamwork und die Loyalität gegenüber Kameraden ganz anderer Herkunft: „Ich habe dort bemerkenswerte Männer kennengelernt, die in jeder Situation voller Humor und Anstand waren.“ Für Solow auf Dauer prägend: Auch im oft wenig kollegialen Wissenschaftsbetrieb teilt er gerne seinen wachsenden Ruhm mit anderen. „Mit Solow zusammenzuarbeiten hieß, dass er am Ende die ganze Arbeit übernahm und alle Ergebnisse zusammenschrieb“, erinnert sich von Weizsäcker.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%