Rubel-Krise Putin verliert immer mehr Vertrauen

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Unvermeidbare Rezession in Russland

Immer wieder hatte Präsident Putin die Modernisierung und Diversifizierung der Wirtschaft versprochen. Nie traute er sich ernsthafte Reformen zu, die das Land attraktiver für Investoren machen würden. Stattdessen vertraute der Kremlchef auf den steten Zufluss von Öl- und Gasmilliarden. Im 15. Jahr unter seiner Herrschaft ist Russland so abhängig von Rohstoffexporten wie nie zuvor. Mehr als 50 Prozent trägt die Öl- und Gaswirtschaft über Zölle und Steuern zum Haushalt bei. Die Einnahmen werden zwar in Rubel fällig und sorgen im kommenden Jahr trotz des niedrigen Ölpreises für ein stabiles Budget, denn Rohstoffe werden in Dollar bezahlt. Doch weder dies noch die üppigen Reserven von rund 400 Milliarden Dollar werden die Rezession verhindern.

Miserables Klima

Im neuen Jahr fällt nicht nur das Öl als Konjunkturtreiber aus. Ebenso verbilligt sich Gas, dessen Preis in den meisten Verträgen jenem des Öls mit Verspätung folgt. Auch der private Konsum, der das Wachstum über Jahre befeuert hatte, fällt plötzlich weg. Viele Haushalte haben ihren Bedarf an modernen Waren gedeckt, nun wächst die Unsicherheit, die Preise auf Westwaren steigen. Kurzfristig befeuert die staatlich gesteuerte Import-Substitution beim niedrigen Rubel-Stand die Industrieproduktion.

Doch es fehlt bei einem Leitzins in Höhe von 17 Prozent und einem miserablen Investitionsklima an Finanzierungen, zumal der Bankensektor infolge der Sanktionen auch im Westen kaum mehr Kredite aufnehmen kann. Wer noch Kapital hat, schafft es ins Ausland: In Moskau fürchten viele Kapitalverkehrskontrollen wie in der Ukraine, falls der Staat den Geldabfluss – in diesem Jahr waren es rund 130 Milliarden Dollar – nicht in den Griff bekommt. Derweil ist die Regierung gezwungen, die erste Bank vor der Insolvenz zu retten, weitere werden wohl folgen.

Immer trüber werden die Aussichten. Falls Öl weiter unter 60 Dollar pro Barrel kostet, erwartet die Notenbank einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um bis zu 4,7 Prozent. Deutsche Investoren spüren schon jetzt die Folgen anhand des Währungsverfalls – allen voran jene, die nur exportieren, sagt Ulf Schneider, Chef des Beratungsunternehmens Russia Consulting. Der Rubel-Kollaps zum Jahresende habe Unternehmen „kalt erwischt“. Sie müssen ihre russischen Beteiligungen anhand des niedrigen Rubel-Kurses neu bewerten, so Schneider: „Viele Investoren werden nicht umhinkommen, ihren Russlandtöchtern kurz vor dem Bilanzstichtag noch Kapital zuzuschießen, damit sie die Eigenkapital-Vorschriften erfüllen.“

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