Trotz erhöhter Wachstumsprognosen Und täglich grüßt das Krisen-Gefühl

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Geldpolitik wird Zünglein an der Waage

Das kurzfristig größte politische Risiko ist mit Sicherheit der mögliche Brexit, also der Ausstieg Großbritanniens aus der Euro-Zone. Langfrist bestehe aber ein viel größeres Risiko, erklärt David Folkerts-Landau, der Chefvolkswirt der Deutschen Bank. „Die negativen Zinsen sind ein Killer“, sagt der Ökonom. Die expansive Geldpolitik der EZB sei mit signifikanten Risiken verbunden. Der Deutsche Bank-Ökonom ging sogar noch weiter, nannte das neue Programm der EZB, also den Ankauf von Unternehmensanleihen einen „Akt der Verzweiflung“.

Angesichts der politischen Risiken, so Folkerts-Landau, sei es keine Überraschung, dass Unternehmen in der Euro-Zone nicht investierten. „Nur weil Geld günstiger zu leihen ist, heißt das nicht, dass mehr investiert wird“.

Besonders besorgniserregend ist, dass Folkerts-Landau zumindest kurzfristig kaum Hoffnung auf Fortschritte macht. Die EZB habe mit ihrem umstrittenen OMT-Programm zugesichert, im Ernstfall als Käufer der letzten Instanz einzuspringen. Angesichts dieser Garantie, so der Chefökonom, sei es kein Wunder, dass Europas Politiker jede Art von schmerzhafter Strukturreform verweigerten.

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Die Situation – niedrige Wachstumsraten, niedrige Inflation und eine ultra-expansive Zentralbank – könne aber nicht ewig so weiter gehen, so Folkerts-Landau. Auch der Deutschbanker warnt davor, dass unerwartete Schocks das Schiff in heftiges Schaukeln versetzen könnte. Denn: „Die Zentralbank kann ihren Fehler nicht plötzlich wieder rückgängig machen und sagen, man habe sich getäuscht.“. Im Gegenteil, wie lange es dauert, aus dem ultra-expansiven Fahrwasser wieder herauszukommen zeigt das Beispiel der amerikanischen Notenbank Fed, deren Aussichten auf eine weitere Zinserhöhung gerade erneut verschwimmen.

Ohne einen geldpolitischen Kurswechsel, so Folkerts-Landau, riskiere die EZB die langfristige Stabilität der Euro-Zone.

Der Chefvolkswirt bestätigt damit ein Gefühl, welches in der Euro-Zone wohl viele haben. Die reinen Wachstumszahlen sehen zwar nicht schlecht aus. Geht es aber nach dem Bauchgefühl, dann fühlt sich vieles leider nach einer aufkommenden Krise an.  

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