Überalterung Alterung der Gesellschaft bietet auch Chancen

Die Alterung der Industriegesellschaften gilt gemeinhin als schwere Last für Wirtschaft und Sozialsysteme. Der demografische Wandel birgt aber auch Chancen für Unternehmen, zeigt eine neue Studie.

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Mehr noch als Deutschland, wo derzeit 20 Prozent der Menschen älter als 64 Jahre sind, ist Japan zu einem Land der Alten geworden. Das japanische Brokerhaus Nomura hat daher an seinem Sitz in London ein Analystenteam die Folgen des demografischen Wandels untersuchen lassen.* Das Wort „alt“, so das Fazit der Analysten, müsse neu definiert werden. Um 1950, so meinen sie, waren 65 Jahre eine vernünftige Grenze für den Abschied aus dem Berufsleben. Heute seien in den Industrieländern Menschen am Ende des achten Lebensjahrzehnts noch so leistungsfähig wie ihre Eltern oder Großeltern mit Mitte 60.

Daraus folgt: Altersgrenzen können und müssen heraufgesetzt werden, Frühverrentungen dürfen allenfalls Ausnahmen sein. Unternehmen müssen sich daran gewöhnen, dass ihre Belegschaften älter werden – weil der Arbeitsmarkt nichts anderes hergibt, aber auch, weil die Mitarbeiter unter geänderten rechtlichen Bedingungen selber bis ins vergleichsweise hohe Alter ihre Stellen behalten wollen. Weltweit müssen Arbeitsbedingungen – von Stellenbeschreibungen bis zu Urlaubsregelungen – an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst werden. Geschehen ist das bisher kaum irgendwo, beklagen die Analysten. Zukunftsfähig sei aber in diesem Jahrhundert nur das Unternehmen, das sich an die Älteren anpasst.

Das gilt auch für die immer älteren Kunden. Die große Alterskohorte der Nachkriegs-„Babyboomer“ ist seit Beginn des Industriezeitalters die erste große Gruppe alternder Menschen, die ein Leben lang keine wirkliche Armut erlebt hat: Unternehmen haben es in Zukunft mit einer großen Gruppe wohlhabender und relativ gesunder älterer Menschen zu tun – und nur wer bei denen ankommt, wird wirtschaftlichen Erfolg haben.

Das bedeutet leichter bedienbare elektronische Geräte, wartungsarme und sicherheitstechnisch dramatisch verbesserte Autos, Bildungsangebote und die Rücknahme mancher Trends der vergangenen Jahrzehnte, die scheinbar unumkehrbar schienen. Da die Mobilität der Kundschaft tendenziell abnimmt, könnte es zu einer Renaissance des ortsnahen Einkaufens kommen – und irgendwann der Milchmann und Brötchenjunge wieder seine Tour durch die Wohnviertel machen.

* Nomura International plc, London: The Business of Ageing, November 2008

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