US-Konjunkturpaket USA: Milliarden gegen die Finanzkrisen-Misere

Das US-Konjunkturpaket ist nun beschlossen. Vor zwei Tagen hat es US-Präsident Barack Obama feierlich in Kraft gesetzt. Was die 787-Milliarden-Dollar-Stütze konkret bewirkt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
konjunkturpaket

US-Präsident Barack Obama kann aufatmen: Nach wochenlangen, zähen Verhandlungen einigten sich die beiden Häuser des US-Parlaments auf ein Konjunkturpaket in Höhe von 789 Milliarden Dollar (gut 611 Milliarden Euro), das die weltweit größte Volkswirtschaft aus ihrer tiefsten Rezession seit Jahrzehnten ziehen soll. Das Volumen entspricht 26 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts und mehr als fünf Prozent des Staatshaushalts 2008.

Die Summe fließt zu 36 Prozent in Steuersenkungen, von denen vor allem die Mittelschicht profitiert, 64 Prozent gehen in Investitionen in Infrastruktur und andere Ausgaben. Damit ist in etwa das 40-zu-60-Verhältnis erreicht, das US-Präsident Barack Obama angestrebt hatte. Steuerzahlern werden einmalig 400 Dollar gutgeschrieben, Paare erhalten 800 Dollar. Wer sich ein Haus kauft, bekommt 8000 Dollar vom Staat. Den Bundesstaaten schießt Washington Milliarden zu, Arbeitslose und die Gesundheitsvorsorge werden subventioniert, der Kauf von Neuwagen begünstigt.

Der massive Druck, der sich zuletzt am Arbeitsmarkt aufbaute, hatte keinen weiteren Aufschub geduldet: Seit Jahresanfang haben per saldo rund 600.000 Amerikaner ihren Job verloren – so viele wie seit über 30 Jahren nicht mehr. Zugleich erreichte die Arbeitslosenquote im Januar mit 7,6 Prozent den höchsten Stand seit September 1992. Nach den Erhebungen des US-Arbeitsamtes wurden im Januar insgesamt 1,2 Millionen Menschen entlassen – eine Zahl, die es seit Erhebungsbeginn 1948 nicht gegeben hat.

4,81 Millionen Amerikaner beziehen Arbeitslosenhilfe

Auch die Zahl der Amerikaner, die Arbeitslosenhilfe beziehen lag Ende Januar auf einem Rekordhoch von 4,81 Millionen Menschen. Die Erwartung der Experten, die Abwärtsdynamik der letzten Monate werde sich etwas abschwächen, erfüllte sich damit nicht. Obama hofft, mit dem Konjunkturpaket bis zu vier Millionen neue Stellen zu schaffen. Dies würde den Verlust an Arbeitsplätzen im vergangenen Jahr in etwa kompensieren. Inwieweit sich diese Erwartungen erfüllen, steht in den Sternen: Zwar reagiert der amerikanische Arbeitsmarkt traditionell im Vergleich zum europäischen wesentlich schneller und stärker auf stimulierende Impulse.

rohstoffpreise

Doch Ökonomen warnen, dass alle Prognosen mit extremer Unsicherheit belastet sind. Ein weiteres Desaster im Bankensystem, das neue Pleiten, massive Wertberichtigungen und eine Verschärfung der Kreditsituation verursachen könnte, dürfte die Wirkung des Konjunkturpakets zumindest teilweise kompensieren. Darüber hinaus wird der Staatshaushalt durch das Konjunkturpaket und das geplante, billionenschwere Bankenrettungsprogramm bis über seine Grenzen hinaus belastet. Investoren dürften ihr Kapital nun eher in Staatspapieren als in industriellen Investitionen anlegen. Der Privatwirtschaft fehlt es daher damit auf längere Sicht an Kapital, Wachstum zu generieren. Es droht also ein sogenanntes „Crowding out“, bei dem Staatsinvestitionen private Investitionen verdrängen und damit den Wachstumseffekt wieder kompensieren.

Als überraschender Lichtblick präsentierten sich die aktuellen US-Einzelhandelsumsätze. Trotz der schlechten Lage am Arbeitsmarkt legten sie entgegen allen Erwartungen im Januar um 1,0 Prozent zum Vormonat zu – der erste monatliche Zuwachs seit Juni letzten Jahres. Ökonomen vermuten, dass die US-Bürger die Rabatte im Anschluss an die Weihnachtsferien zu Käufen genutzt haben. Sie werteten die Zahlen als kurzfristige Korrektur. Zeichen für einen beginnenden Aufschwung sehen sie noch nicht. Im Dezember waren die Einzelhandelsumsätze noch um drei Prozent geschrumpft. Düster fielen indes die aktuellen Zahlen zu den US-Lagerbeständen aus: Sie sanken im Dezember so stark wie zuletzt vor acht Jahren. Unternehmen reagieren mit dem Abbau der Lagerbestände auf fallende Umsätze in einer Rezession. Dies könnte darauf hindeuten, dass die US-Wirtschaft zwischen Oktober und Dezember stärker geschrumpft ist als bislang angenommen.

Der Fall der Rohstoffpreise ist vorerst beendet. Im Januar kletterte der vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) ermittelte Rohstoffpreis-Index im Vergleich zum Vormonat um 7,0 auf 166,7 Punkte. Damit liegt der Indikator aber immer noch rund 44 Prozent unter seinem Vorjahreswert. Vor allem die Notierungen für Nahrungs-und Genussmittel, Eisenerz und Stahlschrott zogen an, während sich Nichteisenmetalle und Energierohstoffe nur moderat verteuerten. Agrarrohstoffe waren im Januar sogar billiger zu haben. Besonderes Interesse gilt dem Ölpreis: In der vergangenen Woche hielt sich der Preis je Barrel für die Marke WTI oberhalb der 40-Dollar-Marke.

Viel dürfte nun vom Treffen der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) am 15. März in Wien abhängen: Das Kartell hatte zum Jahresbeginn die Fördermenge um 2,2 Millionen Barrel täglich verringert und denkt über eine weitere Angebotsverknappung nach. Auch 35 Investitionsprojekte zur Kapazitätserweiterung sind auf Eis gelegt. „Wir sind mit einem Preis von 40 oder 50 Dollar nicht zufrieden“, sagt Generalsekretär Abdalla Salem el Badri. Der Irak etwa fordert eine Förderkürzung, die einen Preis von mindestens 70 Dollar gewährleistet. Im Sommer 2008 hatte der Ölpreis streckenweise bei über 145 Dollar gelegen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%