Wachstumsprognose Die große Ernüchterung

Die US-Banken trauen den Trumponomics nur einen begrenzten Effekt zu. Sorgen bereiten unter andrem mögliche Handelsbeschränkungen und steigende Inflation. Auch mit den Geldpolitikern könnte es Ärger geben.

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Die Silhouette der Skyline von Manhattan: Quelle: AP

Washington Einen Tag, nachdem Donald Trump bei der ersten Pressekonferenz seit seiner Wahl zum US-Präsidenten kaum Details zu seinem Wirtschaftsprogramm nannte, haben die Börsen deutlich nachgegeben. Zuvor schon traten die Aktienkurse auf der Stelle, jetzt scheint die Luft erst einmal raus zu sein. Unabhängig davon gab der US-Bankenverband (ABA) am Donnerstag eine Wachstumsprognose ab, die wenig Enthusiasmus zeigt. Gestützt auf ein Gremium von 19 Bankvolkswirten setzt der Verband für 2017 ein Wachstum von 2,1 Prozent an, kaum mehr als im abgelaufenen Jahr und deutlich unter den von Trump für die kommenden Jahre versprochenen vier Prozent. Für 2018 liegt die Prognose des Verbands mit 2,3 Prozent etwas höher.

Christopher Probyn, Chefökonom bei dem Vermögensverwalter State Street Global Advisors, erläuterte, dass die meisten seiner Kollegen ihre Wachstumsprognosen wegen des Trump-Effekts leicht angehoben hätten. Er hält aber einen Vergleich mit der erfolgreichen Reagan-Ära irreführend.

Ronald Reagan hatte in den 1980er Jahren als US-Präsident die Wirtschaft mit Steuersenkungen und einem höheren Staatsdefizit angekurbelt, ähnlich wie es Trump vorhat. „Aber damals war die Zeit der Babyboomer, und jetzt gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Und damals begann der Anstieg der Berufstätigkeit von Frauen, der jetzt eher zum Stillstand gekommen ist“, sagte Probyn. Außerdem warnte er: „Falls Washington Trumps Versprechen nicht umsetzt, kann es an den Märkten zu deutlichen Rückschlägen kommen.“

Ethan Harris, Chefvolkswirt der Bank of America, hat seine Prognose wegen Trump sogar gesenkt und gab mit 1,9 Prozent für 2017 den niedrigsten Wert unter seinen Kollegen an. „Grund dafür ist die Unsicherheit wegen möglicher Handelsbeschränkungen“, sagte Harris. Er ist zudem skeptisch, ob die geplanten Steuersenkungen den gewünschten Effekt haben werden.

Er sieht einen stärkeren Anstieg der Inflation voraus als die meisten seiner Kollegen, glaubt aber, dass die US-Notenbank (Fed) darauf zunächst sehr zurückhaltend reagieren wird. „Im Jahr 2018 könnte es aber zu Spannungen zwischen der Fed und der Regierung kommen, wenn die Inflation weiter steigt“, warnte er. Denn bei höherer Inflation müsste die Fed mit deutlichen Zinserhöhungen gegensteuern, was das Wachstum gefährden würde.


„Überschießen“ der Inflation

Sein Kollege Peter Hooper von der Deutschen Bank in New York ist dagegen der größte Optimist unter den 19 Volkswirten. Er glaubt, dass die angekündigten Steuererleichterungen zusammen mit der möglichen Rücknahme von Auflagen die Wirtschaft schon im laufenden Jahr beflügeln und auf ein Wachstum von mehr als drei Prozent bringen werden. Er setzt auf ein Anspringen der „animal spirits“, was man ebenso mit „Gier“ wie mit „Unternehmensgeist“ übersetzen kann.

Außerdem gehört Hooper zu dem Lager der Ökonomen, die hoffen, dass der leer gefegte Arbeitsmarkt die Unternehmen zu mehr Investitionen animiert, was die schwache Produktivität stärken sollte. Einig ist er sich aber mit dem Pessimisten Harris darin, dass er ein „Überschießen“ der Inflation erwartet. Er geht daher davon aus, dass die Fed in absehbarer Zeit beginnen wird, ihre Bilanz zu verkürzen. Damit würde sie als Käuferin von US-Anleihen ausfallen; bisher hält sie ihren Bestand durch Nachkäufe beim Auslauf der Papiere konstant. Aus dem Grund erwartet Hooper ein weiteres Ansteigen der langfristigen Zinsen, während nach Meinung der meisten seiner Kollegen in dem Bereich das Rennen schon gelaufen ist – weil Investoren aus Europa und Japan wegen der niedrigen Zinsen bei sich zuhause fleißig US-Papiere kaufen und damit die Kurse treiben und die Renditen drücken.

Am Donnerstag haben sich auch einige regionale Fed-Präsidenten zu Wort gemeldet. Ihre Prognosen weichen in Details voneinander ab, aber der übereinstimmende Tenor lautet, dass die US-Wirtschaft jetzt schon, vor Trumps Amtsantritt, recht robust ist, gerade auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt.

Fed-Chefin Janet Yellen sagte bei einer Veranstaltung in Washington, kurzfristig sei die Wirtschaft sehr robust und das Inflationsziel von zwei Prozent greifbar. Langfristig hält sie vor allem die niedrige Produktivität für ein Problem, deren Ursachen umstritten seien.

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