Währungskrieg Die gefährliche Flucht in den US-Dollar

Gleich eine ganze Reihe von Währungen leidet unter Misstrauen, Sparer und Investoren wenden sich dem US-Dollar zu. Dieser Trend wird sich verstärken - obgleich die Flucht in die Leitwährung nicht das ersehnte Heil bringen wird.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Indische Rupien, russische Rubel, Euro und US-Dollar Quelle: Marcel Stahn

Weltweit geraten immer mehr Währungen in Turbulenzen und werten gegenüber dem US-Dollar ab. Dazu zählen nicht nur die Währungen derjenigen Länder, die direkt oder indirekt in den Ukraine-Konflikt verwickelt sind – wie der Russische Rubel, der Ukrainische Hrywnja oder der Moldauische Leu. Auch viele andere Währungen geraten unter Druck gegenüber dem US-Dollar: die Indische Rupie, der Brasilianische Real, der Australische Dollar, der Kanadische Dollar, um nur einige zu nennen. Diese Entwicklung ist übrigens seit geraumer Zeit im Gange: Der Außenwert des US-Dollar nimmt bereits seit Ende 2012 zu, und jüngst hat sich sein Wertzuwachs sogar noch beschleunigt.

Das ist bereits eine „Flucht in den US-Dollar“, und sie kommt nicht von Ungefähr. Dazu muss man wissen, dass die globale Kredit- und Geldarchitektur ein „Dollar-Devisen-Standard“ ist. Der Dollar ist unangefochten die bedeutendste Finanzierungs- und Transaktionswährung. Das Bankgeschäft ist durch und durch dollarisiert. Die Konditionen auf den Weltfinanzmärkten werden maßgeblich vom US-Dollar diktiert. Der Greenback ist vor allem auch die internationale Reservewährung: Er dient den Währungen der Welt als „Grundgeld“ – ob nun dem Euro, dem japanischen Yen, dem chinesischen Renminbi, dem Schweizer Franken oder dem Britischen Pfund. Alle diese Währungen bauen auf einem Dollarfundament auf.

Zum Autor

Das ist ein bedenklicher Befund, schließlich ist der US-Dollar „ungedecktes Papiergeld“: Er wird per Bankkreditvergabe sprichwörtlich „aus dem Nichts“ geschaffen, durch Bankkredite also, denen keine echte Ersparnis gegenübersteht. Ungedecktes Papiergeld leidet bekanntlich unter einer Reihe ökonomischer und ethischer Defizite. Es sorgt für Finanz- und Wirtschaftskrisen, für sogenannte löst „Boom-und-Bust“-Zyklen; es führt zu einer nicht-marktkonformen Verteilung von Einkommen und Vermögen; und es ist inflationär, es bereichert einige wenige (die Erstempfänger des neuen Geldes) auf Kosten vieler (der Spätempfänger des neuen Geldes) und ist damit sozial höchst ungerecht. Alle ungedeckten Währungen, natürlich auch die durch den ungedeckten US-Dollar unterlegt sind, leiden unter diesen Defiziten.

Das alles ist keineswegs „graue Theorie“, es hat höchster Praxisrelevanz. Denn in immer mehr Währungsräumen treten die ökonomischen Missstände, für die das ungedeckte Papiergeld sorgt, nun unübersehbar zutage. Am augenscheinlichsten dürften die „Boom-und-Bust“-Zyklen sein, die immer mehr Volkswirtschaften heimsuchen. Aber auch die allerorten erdrückenden Schuldenlasten, die Staaten, Banken und private Haushalte aufgehäuft haben, begleitet von einer nachlassenden Wirtschaftsleistung, sind letztlich eine Folge des ungedeckten Papiergeldsystems.

Man schaue nur einmal auf die „Emerging Markets“: Sie standen bis vor kurzem noch hoch in der Gunst der internationalen Investoren, wurden reichlich mit Kapital versorgt. Doch mit ihrem Boom ist es nun vorbei. Die Aussicht auf höhere US-Zinsen hat die Rohstoffpreisinflation beendet und die Wachstumsaussichten vieler aufstrebender Volkswirtschaften eingetrübt. Jetzt, wo Kapital abgezogen wird, zeigt sich, dass viele Unternehmen ihre Verschuldung im Ausland – vor allem auch in US-Dollar im Zuge von „Offshore“-Finanzierungen – stark ausgeweitet und damit erhebliche Zinsänderungs- und Wechselkursrisiken auf sich genommen haben.

Japan und Euro sind Krisenkandidaten

Insbesondere aber mutieren Japan und der Euroraum zusehends zu einem finanziellen Not- und Katastrophenfall. Beide Volkswirtschaften werden durch Staats- und Bankenschulden erdrückt. Die Bank von Japan und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die Kurzfristzinsen auf Rekordtiefstände gedrückt. Beide Zentralbanken sind zudem auf ein „Quantitative Easing“ (kurz: „QE“) eingeschwenkt: Die Bank von Japan betreibt es schon seit Ende 2012, die EZB wird im März damit beginnen. In Japan und im Euroraum sollen die elektronischen Notenpressen rotieren, um mit dem neu geschaffenen Geld offene Rechnungen zu bezahlen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%