Währungspolitik Droht uns ein Währungskrieg?

Seite 3/5

Ohne Geldschwemme droht Japan der Staatsbankrott

Die Top-Exporteure der Welt
The Royal Navy's Triton Warship Demonstrator (L) is moored next to HMS Belfast at London's Tower Bridge Quelle: REUTERS
A view of the new shiny spheres of the Atomium in Brussels Quelle: AP
The ancient Colosseum is seen during an heavy snowfalls Quelle: Reuters
Südkoreanische Flagge Quelle: dpa
Amsterdam's canals Quelle: dapd
A motorcyclist makes his way in the traffic jam on the Champs Elysee avenue Quelle: AP
A woman looks through products at a drug store in Tokyo Quelle: REUTERS

Die Hoffnung mancher Ökonomen und Politiker, Japan werde die Notenpresse auf westlichen Druck hin schon bald wieder langsamer laufen lassen, dürfte trügen. Denn ohne Geldschwemme droht Japan in den nächsten Jahren der Staatsbankrott. Noch befinden sich 90 Prozent aller ausstehenden Staatsanleihen im Besitz der heimischen Bevölkerung. Weil diese altert, muss sie ihre Ersparnisse jedoch zunehmend auflösen, um damit den Lebensabend zu finanzieren. Nach Schätzung der Commerzbank wird die private Sparquote daher bis 2017 auf unter zwei Prozent fallen. Zu wenig, um den wachsenden Berg der Staatsschulden durch heimische Ersparnisse zu finanzieren, zumal Abe weitere schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme auflegen will, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Spätestens in fünf Jahren werden die Staatsschulden das Finanzvermögen der privaten Haushalte übersteigen, hat die Commerzbank errechnet. „Um nicht mit den hohen Zinsforderungen ausländischer Kreditgeber konfrontiert zu sein, wird die BoJ die fehlende private Nachfrage nach Staatsanleihen durch eigene Käufe in großem Stil ausgleichen“, prophezeit Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Die Geldmenge dürfte dann regelrecht explodieren – und die Talfahrt des Yen in den Sturzflug übergehen.

1000 Milliarden Dollar zusätzlich für das US-Bankensystem

Dass die anderen Notenbanken dem tatenlos zusehen werden, ist wenig wahrscheinlich. Schon jetzt kauft die Fed monatlich für 85 Milliarden Dollar hypothekenbesicherte Wertpapiere und Staatsanleihen. Bis zum Jahresende wird sie so mehr als 1000 Milliarden Dollar zusätzlich in das US-Bankensystem pumpen. Zudem hat sie erklärt, die Leitzinsen bei null Prozent zu belassen, solange die Arbeitslosenquote über 6,5 Prozent liegt und die erwartete Inflation nicht höher ausfällt als 2,5 Prozent. Doch selbst wenn diese Marken erreicht sind, wird die Fed die Zügel nicht automatisch anziehen. Darauf wies jüngst Fed-Vize-Chefin Janet Yellen hin. „Sind die Grenzwerte erreicht, können wir handeln, aber wir müssen es nicht“, sagte Yellen. Damit ist klar: Auch die Fed will eine höhere Inflation, um den Staat zu entschulden. Der Dollar dürfte weiter schwächeln.

Auch in Großbritannien ist kein Ende der laxen Geldpolitik in Sicht. Seit März 2009 befinden sich die Leitzinsen auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent, und über den Kauf von Staatsanleihen hat die BoE 375 Milliarden Pfund in das Bankensystem gepumpt. Doch der Wirtschaft geht es dadurch nicht besser. Im Jahresschlussquartal 2012 schrumpfte das BIP um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Finanzminister George Osborne gab daher vor wenigen Tagen deutlich zu verstehen, was er sich von der BoE wünscht: eine lockere Geldpolitik, die der Wirtschaft auf die Beine hilft und das Pfund schwächt.

Peripherie der Euro-Zone

Sein Wunsch wird schon bald in Erfüllung gehen, denn am 1. Juli wird der Kanadier Mark Carney dem Briten Mervyn King auf dem Chefposten der BoE folgen. Carney hat bereits erklärt, er könne sich vorstellen, dass sich die BoE künftig nicht an ihrem ohnehin seit Jahren verfehlten Inflationsziel von 2,0 Prozent orientiert, sondern an anderen Kriterien, etwa dem nominalen Wirtschaftswachstum. Angesichts der stagnierenden Wirtschaft liefe das auf eine bewusste Geldentwertung hinaus. „Alles deutet darauf hin, dass Carney so destruktiv sein wird wie Alan Greenspan“, sagt Albert Edwards, Stratege von Société Général. Der frühere Fed-Chef Greenspan hatte auf jede Krise mit Zinssenkungen reagiert – und so immer neue Vermögenspreisblasen aufgepumpt.

Drucken die Notenbanken in Japan, den USA und Großbritannien weiter Geld und schwächen so ihre Währungen, wird es nicht lange dauern, bis auch die EZB in den Abwertungswettlauf hineingezogen wird. Ausgerechnet das Versprechen von EZB-Chef Mario Draghi, alles zu tun, um den Euro zu retten, könnte Europa letztlich in den Währungskrieg stolpern lassen. Denn Draghis Rettungsversprechen hat das Ausfallrisiko für Euro-Anlagen drastisch verringert. Vor allem Anleger aus Japan greifen daher auf der Suche nach Rendite bei den Anleihen der Peripherie-Länder zu, die ihnen Renditen zwischen vier und sechs Prozent versprechen. „Früher haben Japaner ihr Geld in Australien angelegt, jetzt stehen die Peripherieländer der Euro-Zone ganz oben auf ihrer Kaufliste“, sagt Ian Stannard, Devisenstratege der Investmentbank Morgan Stanley. Seinen Berechnungen zufolge verzeichnet die Euro-Zone derzeit so hohe Kapitalzuflüsse aus Japan wie seit 2005 nicht mehr. „Die Japaner sind nicht die Einzigen, die zugreifen“, sagt Stannard. Auch aus Großbritannien, Schweden und der Schweiz fließt Geld, das dort auf dem Höhepunkte der Krise in Sicherheit gebracht wurde, in die Peripherieländer. Der Euro könne daher demnächst über die Marke von 1,40 zum Dollar schießen, glaubt Stannard.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%