Währungspolitik Droht uns ein Währungskrieg?

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Währungszone mit Wechselkurspolitik

Für Frankreichs Präsident François Hollande ist das eine Horrorvorstellung. Frankreichs Wirtschaft hat schon mit dem aktuellen Wechselkurs von rund 1,35 Dollar große Probleme. Eine Währungszone müsse „eine Wechselkurspolitik haben, ansonsten wird sie mit einem Wechselkurs enden, der nicht dem wirklichen Zustand ihrer Volkswirtschaft entspricht“, monierte Hollande jüngst – ein klarer Wink an die EZB, für einen schwächeren Euro zu sorgen.

Aus Berlin erntete Hollande prompt Widerspruch. „Den Euro gezielt abzuwerten wäre völlig verfehlt und hochgefährlich“, warnt Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Die Geldpolitik müsse sich an der Geldwertstabilität orientieren und solle keine Wechselkursziele verfolgen. „Die Unabhängigkeit der EZB hat für uns oberste Priorität“, so Rösler. Damit wird einmal mehr deutlich, wie weit die Positionen der beiden größten Volkswirtschaften der Euro-Zone in der Geld- und Währungspolitik auseinanderliegen.

Euro-Land

Ein starker Euro

Nach Berechnungen von Morgan Stanley wäre für Frankreich ein Wechselkurs von 1,23 Dollar angemessen. Denn das Land hat es in den vergangenen Jahren versäumt, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Nun klafft ein Defizit von 67 Milliarden Euro in der französischen Handelsbilanz. Dagegen verzeichnete Deutschland 2012 einen Überschuss von knapp 190 Milliarden Euro. Deutschland, so die Ökonomen von Morgan Stanley, könnte auch mit einem Wechselkurs von 1,53 Dollar leben. „Um von einem starken Euro zu profitieren, muss man gut positioniert sein, in Nischen, im hochpreisigen Segment wie Deutschland“, sagt der Ökonom Jean-Paul Betbèze. „Im Mittelfeld, wo Frankreich sich befindet, ist der Wettbewerb über den Preis ausschlaggebend. Ein starker Euro schwächt uns daher.“

Das gilt auch für die Krisenländer der Euro-Zone, deren Inlandsnachfrage zu schwach ist, um die Wirtschaft zu ziehen. „Die einzige Chance für diese Länder besteht darin, sich aus der Krise herauszuexportieren“, sagt Deutsche-Bank-Berater Mayer. Ein starker Euro aber macht diese Chancen zunichte. Kommt die Wirtschaft in Portugal, Spanien und Co. nicht auf die Beine, dürften die Investoren bald Zweifel an der Tragfähigkeit der Staatsfinanzen dort anmelden. Fließt das Kapital daraufhin wieder ab, schnellen die Zinskosten für die Krisenländer wieder in die Höhe.

Spätestens dann dürften sie Hilfe beim Euro-Rettungsschirm ESM beantragen – und die EZB bitten, unlimitiert Anleihen zu kaufen. Damit wären die Euro-Hüter mittendrin im Währungskrieg.

Schwellenländer leiden

Für die Weltwirtschaft hätte das dramatische Konsequenzen. Noch mehr heißes Geld würde auf der Suche nach rentablen Anlagen um den Globus schwirren. Agustín Carstens, Gouverneur der mexikanischen Zentralbank, warnt daher, im Weltfinanzsystem braue sich ein „perfekter Sturm“ zusammen. Die Schwellenländer werden die Verwüstungen, die er anrichtet, als Erste zu spüren bekommen. „Die Währungen von allen wichtigen Volkswirtschaften Lateinamerikas, wie Mexiko, Brasilien, Chile, Peru oder Kolumbien, werten auf – mit katastrophalen Folgen für deren Volkswirtschaften: Die relativen Preise verzerren sich, Preisblasen entstehen“, beobachtet Carstens.

Wie in Mexiko. Kaum hatte die neue Regierung einen ehrgeizigen Reformplan für die Wirtschaft angekündigt, strömte auch schon ausländisches Kapital in die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Noch vor drei Jahren waren nur zehn Prozent der Peso-Anleihen in der Hand von ausländischen Investoren. Heute besitzen ausländische Investoren über die Hälfte der Peso-Bonds. Gleichzeitig spekulieren die Investoren darauf, dass der Peso weiter gegenüber dem Dollar zulegt. „Wir müssen aufpassen, dass das unser Wachstum nicht abwürgt“, mahnt Carstens.

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