Währungsunion Die Lebenslügen des Euro

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Lebenslüge 3: No Bail-Out

ARCHIV - Eine europäische Quelle: dpa

Jeder für sich und Gott für uns alle. Das war das Prinzip, nach dem die Finanzpolitik in der Währungsgemeinschaft konzipiert war. In Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) heißt es daher, dass "ein Mitgliedstaat nicht für die Verbindlichkeiten (...) eines anderen Mitgliedstaats haftet und nicht für derartige Verbindlichkeiten eintritt". Doch seit die Finanz- und Schuldenkrise eskaliert, scheren sich die Regierungen um diese zentrale Vorgabe nicht mehr. Schon mit dem ersten Rettungspaket für Griechenland im vergangenen Jahr verstießen sie gegen die No-bail-out-Klausel. Seither haften die deutschen Steuerzahler für die von der Staatsbank KfW vergebenen Hilfskredite an Griechenland.

Klausel endgültig ausgehebelt

Mit dem jüngst beschlossenen zweiten Rettungspaket für die Griechen wird die Klausel endgültig ausgehebelt. Ebenso wie die Hilfen an Portugal und Irland sollen die Gelder für die Griechen nun über den Euro-Rettungsfonds EFSF mobilisiert werden. Dieser wiederum beschafft sich das Geld durch eigene Anleihen, für die die Länder der Euro-Zone gemäß ihres Anteils am Kapital der Europäischen Zentralbank (EZB) haften. Deutschland steht demnach für rund 27 Prozent der vom EFSF aufgenommenen Kredite im Feuer. Das gilt auch für Anleihen, die der Fonds in Zukunft emittiert, um Käufe von Staatsanleihen am Sekundärmarkt oder präventive Kreditlinien für Krisenländer zu refinanzieren.

Haftungs- und Schuldengemeinschaft

Können die Krisenländer ihre Anleihen oder Kredite nicht zurückzahlen, müssen die Steuerzahler der anderen Länder einspringen und dem EFSF die Mittel zur Verfügung stellen, damit dieser seine Anleihen bedienen kann. Besonders fatal ist, dass der EFSF seine niedrigen Refinanzierungskosten an die Kreditnehmer in Form niedriger Zinsen weitergeben soll. Das verringert die Anreize für Schuldnerländer weiter, ihre Staatshaushalte zu sanieren. Aus der erhofften Stabilitätsunion ist somit eine Haftungs- und Schuldengemeinschaft geworden.

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