Weltweite Zinssenkungen Notenbanken rüsten sich für den globalen Abschwung

Die Welle rollt: Immer mehr Notenbanken auf der ganzen Welt reagieren auf den Abschwung und lockern ihre Geldpolitik. Auch weitere Ankäufe von Staatsanleihen sind kein Tabu. Ein Ende der Krise scheint nicht in Sicht.

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Dunkle Wolken nicht nur über der EZB in Frankfurt. Auch andere Notenbanken reagieren auf den Abschwung. Quelle: dpa

Frankfurt Die Zahl der Zentralbanken, die auf den Abschwung der Weltwirtschaft und die Erschütterungen durch die Euro-Schuldenkrise mit Zinssenkungen reagieren, nimmt zu. Nach der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt sowie den Notenbanken von Großbritannien und China lockerten in der Nacht zum Donnerstag auch die Zentralbanken von Brasilien und Südkorea ihre Geldpolitik.

Japans Notenbank schloss sich nicht an, ebenso wenig wie die Zentralbank von Indonesien. Die Federal Reserve in Washington, die wichtigste Notenbank der Welt, hielt sich angesichts der fragilen Lage alle Optionen für ihren nächsten Zinsbeschluss Anfang August offen.

Völlig überraschend kappte die Bank of Korea in Seoul ihren Leitzins erstmals seit drei Jahren um einen viertel Prozentpunkt, um das stark exportabhängige Land vor den Folgen einer globalen Wirtschaftsflaute abzuschirmen. Südkorea gehört zu den stärksten Volkswirtschaften Asiens.

Auf der anderen Seite der Welt, in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia, senkte die Notenbank ihren Zins zum achten Mal in Folge auf nun acht Prozent und markierte damit ein neues Rekordtief. Brasilien, die Nummer sechs unter den Volkswirtschaften der Erde, kommt trotz einer Vielzahl von Konjunkturmaßnahmen der Regierung nicht wirklich in Fahrt. Die Notenbanker ließen die Tür für weitere Lockerungen entsprechend weit offen.

Ihre Kollegen in Tokio und Jakarta beließen hingegen vorerst alles beim Alten und tasteten ihre Leitzinsen nicht an. Japans Notenbankchef Masaaki Shirakawa sagte in Tokio, es sei für ihn überhaupt nicht verwunderlich, dass Notenbanken in aller Welt sich die globalen Konjunkturperspektiven ansähen und dann mehr oder weniger zur selben Zeit ihre Leitzinsen veränderten. "Aber die Bank von Japan bindet ihre Geldpolitik deshalb nicht automatisch an andere Notenbanken." Shirakawa setzt weiter auf den japanischen Verbraucher und dessen Nachfrage. Der Leitzins bleibt bei 0,1 Prozent. Indonesiens Zentralbank hofft, dass eine unveränderte Rate von 5,75 Prozent ausreicht, um die von der Weltwirtschaft ausgehenden Risiken in Zaum zu halten.


Vorreiter EZB und Bank of England

Den geldpolitischen Geleitzug angeführt haben vergangene Woche bereits die beiden großen europäischen Notenbanken, EZB und Bank of England. Während die Hüter des Euro ihren Leitzins in einem historischen Schritt erstmals unter ein Prozent senkten und damit in den zuvor vor allem in Deutschland als großes Tabu geltenden Nullzinsbereich vordrangen, kaufen Großbritanniens Notenbanker noch mehr Staatsanleihen als bisher.

Zentralbankchef Mervyn King erhöhte das Kaufvolumen um 50 Milliarden Pfund auf 375 Milliarden Pfund und hofft weiter darauf, dass die stark auf den Londoner Finanzplatz ausgerichtete Wirtschaft Tritt fasst. Details eines gemeinsam mit dem Finanzministerium aufgelegten umfangreichen Notprogramms für die Banken sollen am Freitag publiziert werden.

Auch die chinesische Zentralbank hat vergangene Woche ihre Geldpolitik quasi zeitgleich mit der EZB und den Briten gelockert. Sie reagiert damit auf die recht starke Abkühlung des Wachstums in Asiens größter Volkswirtschaft. Im bevölkerungsreichsten Land der Erde legte das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal laut den Daten einer Regierungskommission nur noch um 7,5 Prozent zu und damit so langsam wie lange nicht mehr. Offizielle Daten für das zweite Quartal sollen am Freitag bekannt gegeben werden. Für das Jahr 2012 insgesamt peilt die Regierung ein Plus von 7,5 Prozent an - das wäre die niedrigste Wachstumsrate seit 1990.

Von einem solchen Tempo können die USA nur träumen. Die Notenbanker der Federal Reserve (Fed) in Washington deuteten in dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll an, dass auch sie einem weiteren Ankauf von Staatsanleihen offen gegenüber stehen. De facto würden sie damit die Notenpresse zum wiederholten Mal in dieser Krise anwerfen.

Viele Mitglieder des für die Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses wollen dem Protokoll zufolge nur im Falle einer weiteren wirtschaftlichen Eintrübung zu diesem Mittel greifen. Eine Gelegenheit böte sich am 1. August, wenn sich der Offenmarktausschuss das nächste Mal unter Leitung von Fed-Chef Ben Bernanke trifft.

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