Weltwirtschaft So entwickeln sich die wichtigsten Volkswirtschaften

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China

China macht sich bereit für den großen Umbau seiner Wirtschaft. Die chinesischen Medien sprechen bereits von „historischen Reformen“. Gemeint sind die Beschlüsse der Dritten Plenarsitzung Mitte November, die selbst die Hoffnungen liberaler Reformer übertroffen haben. Eine Änderung des wirtschaftspolitischen Kurses ist auch dringend notwendig: 7,7 Prozent, schätzt die OECD, ist Chinas Wirtschaft 2013 gewachsen, 0,2 Prozentpunkte mehr als die Zielvorgabe aus Peking. Doch nach wie vor generiert China zu viel Wachstum aus Investitionen und zu wenig aus dem Konsum der Haushalte. Die mächtigen Staatsbetriebe, die für rund ein Drittel der Wirtschaftsleistung verantwortlich sind, hemmen Innovationen und fördern Korruption und Ineffizienz. Um die Wirtschaft zu transformieren, will Peking bis 2020 unter anderem die Macht der staatlichen Riesen beschränken und die Zinsen sowie den Handel mit dem Yuan freigeben. Das soll den Konsum antreiben, der bisher nur rund ein Drittel zum Wirtschaftswachstum beiträgt.

„Wir treten in eine Periode geringeren, dafür aber ausgewogeneren Wachstums ein“, sagt Raymond Ma, Manager beim Investmentfonds Fidelity. Davon profitieren Unternehmen, die sich an die immer kaufkräftigeren Konsumenten wenden. Der HSBC-Einkaufsmanagerindex signalisiert mit einem Wert von 50,9 im Oktober Optimismus. Die Analysten von IHS Global Insight rechnen im kommenden Jahr mit acht Prozent Wachstum. Zugleich macht der Immobilienboom dem Land zu schaffen. Da Chinesen kaum Anlagemöglichkeiten haben, fließt immer mehr Geld in den Wohnungsbau. Zuletzt stiegen die Preise in Shanghai, Peking und Guangzhou um bis zu 20 Prozent. „Ein Einbruch in diesem Markt würde die verschuldeten Lokalregierungen in noch größere Probleme bringen und eine Finanzkrise auslösen“, sagt IHS-Experte Brian Jackson.

China

Denn die Verschuldung der Lokalregierungen hat in den vergangenen Jahren extrem zugenommen. Wie hoch sie ist, weiß niemand genau. Die jüngste offizielle Zahl stammt aus dem Jahr 2010: Damals standen die Provinzen mit rund 1,3 Billionen Euro in der Kreide. Wie viel Geld sich die Provinzfürsten auf dem grauen Kreditmarkt geliehen haben, ist ebenfalls ungewiss. Mittlerweile ist in China ein gigantischer Schattenbankensektor herangewachsen. Schätzungen über die Umlaufhöhe reichen von 1,7 bis 4,5 Billionen Euro. Die Sucht nach frischen Krediten hat zu einem ungesunden Kreislauf geführt. Immer mehr Geld ist notwendig, um dasselbe Wachstum zu erreichen. Sorgen bereitet auch die Kapazitätsauslastung. Zwar stieg die Industrieproduktion im ersten Halbjahr um 9,3 Prozent. Im November aber lag die Auslastung bei 78 Prozent – der niedrigste Wert seit 2009.

All das sind Spätfolgen des Konjunkturpakets von 2009. Ein neues Konjunkturpaket steht daher nicht zur Debatte. Zumindest die als Ursache für Unruhen gefürchtete Inflation scheint gebannt: Um 2,7 Prozent stiegen die Verbraucherpreise 2013. Gleichzeitig dürften Pekings neue Machthaber alles daransetzen, eine harte Landung der Wirtschaft zu vermeiden. Chinas Wirtschaftswachstum wird also in kleinen Schritten schrumpfen, wenn alles nach Plan verläuft. Denn ob Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang alle Reformen umsetzen können, ist fraglich: Zu eng sind Staatsunternehmen und politische Führungselite verflochten.

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