Weltwirtschaft So entwickeln sich die wichtigsten Volkswirtschaften

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Italien

Der Abschwung ist gestoppt. Italiens Rezession neigt sich nach acht Quartalen endlich dem Ende zu. Das ist aber nur ein schwacher Trost kurz vor Jahresschluss. Denn sowohl die Lage am Arbeitsmarkt als auch bei der Kreditvergabe verschlechtert sich von Monat zu Monat. Die Rate der Jobsuchenden erreichte im Oktober den Rekordstand von 12,5 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit sprang auf 41 Prozent. Eine Million Italiener unter 30 Jahren suchen vergeblich eine Beschäftigung. Das Land leide unter „einer tiefen sozialen Krise und den schrecklichen Nachwirkungen der Rezession“, sagte Regierungschef Enrico Letta kürzlich. Was er nicht erwähnte: Besserung ist vorerst nicht in Sicht.

Immerhin, als letztes europäisches Krisenland lässt nun auch Italien die Talsohle hinter sich. Im dritten Quartal wurde der Rückgang gestoppt, die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone gratuliert sich zum Nullwachstum. „Import, Export und Industrieproduktion ziehen an. Der Weg ist noch lang, aber die Richtung stimmt“, twitterte Finanzminister Fabrizio Saccomanni. Gegenüber dem Vorkrisenstand 2008 hat Italien 9,1 Prozent seiner Wirtschaftskraft eingebüßt.

Eigentlich hätte 2013 die Wende bringen sollen. Nach dem harten Sanierungskurs unter Notstandspremier Mario Monti, der einen Staatsbankrott abwenden half und das EU-Strafverfahren wegen des übermäßigen Defizits beendete, waren Reformen angesagt. Doch die große Koalition Lettas, eine Verlegenheitslösung zur Überwindung der Pattsituation nach den Parlamentswahlen im Februar, erwies sich als nicht handlungsfähig. Die Blockade hat dafür gesorgt, dass Italien bei der wirtschaftlichen Wende sogar gegenüber anderen Krisenländern wie Spanien ins Hintertreffen geriet. Nun muss Letta nach dem Ausscheiden von Silvio Berlusconis Partei Forza Italia aus der Koalition einen Neustart der Regierung versuchen. Die Hoffnungen liegen dabei auch auf seinem neuen Parteichef Matteo Renzi, der als Reformer gilt. „2014 wird ein Jahr des Übergangs“, sagt Paolo Mameli, Chefökonom der Mailänder Großbank Intesa. Nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,9 Prozent im laufenden Jahr rechnet Mameli im kommenden mit 0,5 Prozent Wachstum. Auch die EU-Kommission und der IWF erwarten mit 0,7 Prozent nur ein wenig mehr von Italien.

Italien

Die Erholung wird in jedem Fall nicht das Ergebnis wirtschaftspolitischer Anstrengungen sein. Sie resultiert aus dem Anziehen der internationalen Nachfrage nach italienischen Gütern. Positiv wirkt sich auch aus, dass der Staat begonnen hat, seit Jahren unbezahlte Rechnungen zu begleichen. Ende November waren 16,3 Milliarden Euro in die Unternehmenskassen geflossen. Bis Ende 2014 sollen insgesamt 50 Milliarden Euro Altschulden bezahlt werden.

Die Euro-Partner im Norden schreckt am meisten der zu erwartende Anstieg der exorbitant hohen italienischen Schuldenquote von 132,7 Prozent. Ohne Haushaltskorrekturen droht sie 2014 auf 133,2 Prozent anzuwachsen. Entscheidend wird deshalb die Frage sein, wie sich das Vertrauen der Märkte in Italien entwickelt. Wenn sich das Land in der Ruhe eines gemächlichen Wachstum neu aufstellen kann, stehen die Chancen gut, dass auch in Europas bedrohlichsten Krisenherd die Hoffnung zurückkehrt.

Ulrike Sauer

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