Insgesamt betrachtet, tätigt der Staat in Deutschland nur rund zehn Prozent aller Investitionsausgaben. Gut 90 Prozent gehen auf den Privatsektor zurück. Dazu gehören auch Unternehmen im Staatsbesitz wie zum Beispiel die Deutsche Bahn. Am größten ist der Anteil des Staates bei den Investitionen in „Nicht-Wohnbauten“, also etwa Schul-, Universitäts- und Behördenbauten, aber auch die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur (Tiefbau, hier vor allem der Straßenbau). Bei diesen „Nicht-Wohnbauten“ entfallen fast 30 Prozent aller Investitionsausgaben auf den Staat.
In preisbereinigter Rechnung sind die deutschen Investitionsausgaben in den letzten Jahren tatsächlich stärker als alle anderen Kategorien unter den Investitionsausgaben gesunken: Im Fünf-Jahreszeitraum 2011 bis 2015 gegenüber der Periode 1996 bis 2000 um 14 Prozent. Wenn man die hier eigentlich nicht enthaltenen Investitionszuschüsse des Bundes an die Bahn für den Neubau und Erhalt von Schienenstrecken einbezieht, würde der Rückgang bei den Nicht-Wohnbau-Investitionen des Staatssektors vermutlich sogar noch stärker ausfallen.
Die Bundesregierung hat bereits auf diese Schieflage reagiert: Kürzlich präsentierte sie den „Bundesverkehrswegeplan 2030“. Insgesamt 264,5 Milliarden Euro sollen in den kommenden 15 Jahren in die Infrastruktur investiert werden - so viel wie noch nie. Pro Jahr steht zwischen 2016 und 2030 ein Finanzvolumen von etwa 15 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit gut 130 Milliarden Euro fließt etwa die Hälfte davon ins Straßennetz, rund 40 Prozent kommen der Schiene zugute und der Rest den Wasserstraßen.
Gegenüber dem aktuellen Haushaltsansatz bedeutet das im Bundesverkehrswegeplan vorgesehene Investitionsvolumen eine Steigerung um etwa 50 Prozent. Positiv hervorzuheben ist, dass die vielen aufgelisteten Projekte sinnvoll priorisiert worden sind, unter anderem durch eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse. So sollte sichergestellt sein, dass tatsächlich die Projekte mit dem dringlichsten Bedarf auch zuerst realisiert werden können und keine Investitionsruinen entstehen, wie sie bei staatlichen Ad-hoc-Investitionsprogrammen zu befürchten sind.
Im vergangenen Jahr bewegte sich die „Investitionslücke“ Deutschlands bei knapp fünf Milliarden Euro. Um diesen Betrag waren nach Berechnungen der EU-Kommission die Abschreibungen höher als die Neuinvestitionen in den öffentlichen Kapitalstock. Die zusätzlichen Investitionen im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans, wenn sie denn auch wie geplant umgesetzt werden, dürften ausreichen, um die Investitionslücke des Staates zu stopfen und damit zumindest bei der Verkehrsinfrastruktur ab dem kommenden Jahr den Kapitalverzehr wieder in den notwendigen Kapitalaufbau umzukehren.
Das Problem des Investitionsstaus in finanzschwachen Kommunen ist damit jedoch noch nicht adressiert. Hier sind die Länder in der Pflicht: Sie könnten ihren bedürftigen Kommunen über Investitionszuschüsse dabei helfen, ihrem öffentlichen Auftrag auch gerecht zu werden. Dies sollte angesichts einer aktuell ausgesprochen positiven Finanzentwicklung auch ohne eine höhere Kreditaufnahme machbar sein.