Wieso nicht?
Weil die Probleme der Euro-Zone zu vielseitig sind und nicht durch billiges Geld gelöst werden können. Es herrscht noch immer in vielen Ländern ein Reformstau; es wird gehadert und gebangt. Die Arbeitsmärkte sind zu starr, Branchen zu festgezurrt. Eine Lockerung hier sorgt für Wachstum und Perspektiven, nicht die Lockerung der Geldpolitik.
Welches ist das größte Euro-Sorgenkind?
Ich bin kein Freund von Superlativen. Ich kann nur sagen, dass ich mir vor allem um Italien, Frankreich und natürlich auch um Griechenland Sorgen mache.
Dann gehen wir die Länder einzeln durch. Was muss in Italien besser werden?
Die Produktivität. Das Problem besteht seit Jahren, wennn nicht sogar seit Jahrzehnten. Viele Unternehmen sind weit davon entfernt, ausgelastet zu sein, sie sind zudem technisch nicht auf dem neuesten Stand, weil Investitionen in moderne Anlagen versäumt wurden. Italien braucht eine Erneuerung der Produktionsstätten und sicher auch Innovationen. Das Schuldenproblem, das oft genannt wird, sehe ich als höchstens zweitrangig an. Der Staat ist hoch verschuldet, ja. Aber die meisten Gläubiger kommen aus dem Inland.
Konjunkturindikatoren
Der vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) herausgegebene Index beruht auf der Befragung von 350 Analysten und Finanzmarktexperten. Sie geben dabei ihre Einschätzung über die künftige Wirtschaftsentwicklung ab. Der Index zur mittelfristigen Konjunkturentwicklung ergibt sich aus der Differenz der positiven und negativen Erwartungen über die künftige Wirtschaftsentwicklung. Er wird zur Monatsmitte erhoben.
Der international beachtete Index basiert auf einer Befragung von etwa 7000 Unternehmen aus Bau, Einzelhandel und Industrie. In einem Fragebogen beurteilen sie ihre gegenwärtige Geschäftslage sowie die Erwartungen für die Zukunft. Beide werden im Geschäftsklima zusammengefasst. Der Index ergibt sich aus dem Saldo der Antworten „gut“ und „schlecht“.
Wird von der britischen Forschergruppe Markit erhoben. Er beruht für Deutschland auf Umfragen unter Einkaufsmanagern von 500 repräsentativ ausgewählten deutschen Industrieunternehmen. Bestandteile des Index sind Auftragseingänge, Preise und Beschäftigung. Der Index hat einen relativ kurzen Vorlauf gegenüber der Produktion.
Umfasst den Bargeldumlauf und die Sichteineinlagen, wie zum Beispiel Sparbücher. Da die in M1 enthaltenen Bestandteile direkt für Transaktionen zur Verfügung stehen, deutet ein Anstieg darauf hin, dass die Kaufbereitschaft der Konsumenten und Unternehmen steigt. Der Indikator hat einen Vorlauf von zwei bis drei Quartalen.
Der BDI ist ein Preisindex für die Verschiffungskosten wichtiger Rohstoffe wie Stahl, Eisenerz, Kohle und Getreide auf Standardrouten. Er wird durch das Angebot an frei stehendem Schiffsladeraum und die Hafenkapazitäten beeinflusst. Da Rohstoffe als Vorprodukte am Anfang der Wertschöpfungskette stehen, ist der BDI ein guter Frühindikator für die Weltkonjunktur.
Der Index des Nürnberger Marktforschungsinstituts GfK prognostiziert die Veränderung der monatlichen privaten Konsumausgaben. Hierfür werden 2000 repräsentativ ausgewählte Personen nach ihren Einkommens- und Konjunkturerwartungen befragt.
Woran krankt Frankreich?
An Reformmüdigkeit. Die Regierungen habe einfach nicht genug gemacht. Es herrscht kein wirtschaftsfreundliches Klima. Bestes Beispiel: Versuchen Sie einmal in Paris am Sonntag einkaufen zu gehen. Es ist eine Weltstadt voller Touristen – aber die Läden sind dicht! Es gibt wenig Wettbewerb, wenig Gründergeist – kurzum: es bewegt sich nichts.
Der französische Präsident Francois Hollande hat angekündigt, den Reformkurs mit neuer Kraft wieder aufnehmen zu wollen.
Puh, ich weiß nicht, ob das gelingt. Er hat viel versprochen, aber wenig gehalten bisher. Ich hoffe, ich werde eines Besseren belehrt und Frankreich erneuert sich unter Hollande. Aber bisher wirkt Hollande auf mich sozialistisch und uninspiriert.
Sozialistisch ist auch der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras. Wie bewerten Sie die Lage in Griechenland?
Unverändert schlecht. Das Land ist kaum wettbewerbsfähig. Aber: Niemand hat ein Interesse an einem Grexit, also dem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum. Es war absehbar, dass Tsipras und die Euro-Zone nicht bei ihren Maximalforderungen geblieben sind und einen Deal gesucht haben, der Griechenland im Euro-Raum belässt und der beiden Seiten hilft, das Gesicht zu wahren.
Die zehn wettbewerbsfähigsten Länder der Welt
Unter den Top 10 der wettbewerbsfähigsten Ländern befinden sich gleich drei skandinavische Staaten. Den Anfang macht Norwegen auf Rang 10. Damit verliert das Land im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze. Nahezu unschlagbar ist Norwegen in den Punkten gesellschaftliche Rahmenbedingung, Produktivität und Effizienz, sowie politischer Stabilität. Doch die Steuerlast und die Einkommen sind sehr hoch. Das macht es für Unternehmen in dem Land schwer, konkurrenzfähige Preise zu bieten.
Neu vertreten unter den zehn wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt ist Dänemark. Die Skandinavier klettern um drei Plätze nach oben. Das Land weist die geringste soziale Ungleichheit auf (Rang eins beim Gini-Index), kennt das Wort Korruption praktisch nicht (Rang eins) und hat einen äußerst flexiblen Arbeitsmarkt (Rang zwei). Auf der Negativseite steht die hohe Besteuerung von Konsumgütern (Rang 49) und dem Einkommen (Rang 59) .
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate verteidigen ihren Platz in den Top 10. Von Platz 16 im Jahr 2012 ging es 2013 und 2014 hoch auf Rang acht. Die Emirate gelten als der Knotenpunkt für Tourismus, Handel und Luftfahrt. Im Ranking punkten die Arabischen Emirate besonders mit den Unternehmenssteuern (Platz eins im weltweiten Vergleich), den Umsatzsteuern (Platz eins), der Einkommenssteuer (Platz eins), den Sozialversicherungsbeiträgen, der Bürokratie und dem Altersdurchschnitt der Gesellschaft. Auch beim Image, der Erfahrung und der Bereitschaft, ausländische Fachkräfte anzuheuern, kann das Land punkten. Mau sieht es dagegen mit der Beschäftigungsrate von Frauen aus.
Kanada festigt den siebten Platz. Das Land gilt wegen seiner Facharbeiter, der politischen Stabilität, dem hohen Bildungslevel, der guten Infrastruktur und dem unternehmerfreundlichen Umfeld als besonders attraktiv für Unternehmen.
Gleich drei Ränge nach oben geht es für Deutschland. Der positive Trend setzt sich damit fort. Berlin belegte im Jahr 2007 noch Rang 16. Besonders gut steht Deutschland unter anderem bei der Jugendarbeitslosigkeit (weltweit Rang fünf), Export (weltweit Rang drei) und der Diversifizierung der Wirtschaftstätigkeit (Rang zwei) da. Auch bei Ausbildung und Lehre (Platz eins), Fortbildungen (Platz zwei), Produktivität der Arbeitskräfte und kleinen und mittelständischen Unternehmen (jeweils Platz eins) macht Deutschland keiner etwas vor. Bei Sozialversicherungsbeiträgen (Rang 54), Arbeitsstunden (Rang 53) oder dem Ausbau von Highspeed-Breitband (Rang 53) kann Deutschland noch etwas lernen.
Schweden kommt in dem internationalen Vergleichsranking als zweitbeste europäische Nation auf einen guten fünften Platz. 2013 hatte es zwar noch für Rang vier gereicht, dennoch ist das nordische Land optimal für den globalen Wettbewerb aufgestellt - ganz anders als etwa 2007, als das Land nur Platz 19 belegte. Besonders in den Bereichen Bildung, Gesundheitsversorgung, Management und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ist das skandinavische Land unschlagbar. Auch die Produktivität der Firmen und das Finanz-Know-How sind weltspitze.
Um einen Platz nach unten geht es für die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. 2012 hatte es die chinesische Metropole noch auf Platz eins geschafft. Unternehmen aus aller Welt schätzen Hongkong besonders wegen der attraktiven und wettbewerbsfähigen Besteuerung der Unternehmen, dem wirksamen Rechtssystem, der unternehmerfreundlichen Umgebung, der verlässlichen Infrastruktur und der dynamischen Wirtschaftsentwicklung. Ganz gut steht Hongkong auch bei der Höhe der Steuersätze für die Bürger, dem Bank- und Finanzsektor sowie den Direktinvestitionen da.
Vom fünften auf den dritte Platz geht in diesem Jahr für Singapur. Das asiatische Land wird von Unternehmen wegen seiner kompetenten Regierung, der verlässlichen Infrastruktur, dem wirksamen Rechtssystem und dem stabilen politischen System sowie seiner Unternehmerfreundlichkeit geschätzt.
Der zweite Platz geht - wie im Vorjahr - an die Schweiz. Der kleine Alpenstaat mit seinen nur rund acht Millionen Einwohnern punktet besonders mit sehr gut ausgebildeten Fachkräften und hohen wissenschaftlichen Standards. Unternehmen aus aller Welt schätzen die politische Stabilität in der Schweiz genauso wie die gut ausgebildeten Arbeitskräfte vor Ort, die hohe Bildung, die herrschenden Steuersätze und die verlässliche Infrastruktur.
Die wirtschaftlich stärkste und wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Zu diesem Ergebnis kommt das IMD World Competitiveness Center in seiner aktuellen Vergleichsstudie. Demnach punktet die US-Amerikaner mit einer dynamische Wirtschaft, qualifizierten Arbeitskräften, den guten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, sowie den starken Fokus auf Forschung und Entwicklung.
Die allgemeine Wahrnehmung ist aber doch: Griechenland ist eingeknickt.
Europa hatte von Anfang an die besseren Karten in der Hand, von daher musste Tsipras von seinen Forderungen abrücken und Bereitschaft signalisieren, Reformen umzusetzen. Griechenland hat in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Die geringen Zinsen, die die Griechen bei der Schuldenaufnahme nach dem Euro-Beitritt zahlen mussten, wurden nicht genutzt: Statt sich zu modernisieren, wurden die Gehälter, auch im Staatsdienst massiv angehoben, die Produktivität ist gefallen. Nun zahlen die Griechen den Preis. Und das noch lange Zeit. Es gibt kein gutes Szenario für Griechenland. Die Lage wird sich zeitnah nicht ändern, egal, ob die Wähtung Euro heißt oder Drachme. Die Frage ist nur, welches Szenario – Euro-Erhalt oder Grexit – schlimmer ist. Und da ist klar: Ein Ausstrieg wäre horrend. Griechenland würde kein Geld mehr bekommen, weder vom Markt noch von EZB oder IWF. Das Land wäre am Boden. Das weiß auch Alexis Tsipras.