Konjunktur Minus 2,1 Prozent: Wirtschaft auf historischer Talfahrt

Historischer Wirtschaftseinbruch in Deutschland: Das Bruttoinlandsprodukt sank von Oktober bis Dezember unerwartet deutlich um 2,1 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in einer Schätzung mitteilte.

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Opel-Werk in Rüsselsheim Quelle: AP

„Das war der größte Rückgang gegenüber einem Vorquartal im wiedervereinigten Deutschland“, hieß es. Der bisherige Negativrekord lag bei minus 1,2 Prozent im ersten Quartal 1993.

Die Statistiker führten den Rückgang vor allem auf zurückgehende Investitionen in Anlagen, den schwachen Export und zurückhaltende Konsumenten zurück. Zudem baut die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal Lagerbestände auf.

Experten zufolge wird die konjunkturelle Talfahrt in diesem Jahr anhalten. „Die Leute, die da sagen, im Sommer geht es wieder aufwärts, das ist Blödsinn“, sagte der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, am gestrigen Abend im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten. Er rechne zur Bundestagswahl im September mit 500.000 bis 700.000 zusätzlichen Arbeitslosen im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr.

Pessimistisch äußerte sich auch der Deutschland-Chefvolkswirt der Citigroup, Jürgen Michels: „Im ersten und zweiten Quartal dürfte es noch einmal nach unten gehen“.

Bundesregierung: Schwerste Rezession seit 1949

Etwas freundlicher in Zukunft blickt Dirk Schumacher, Analyst bei Goldman Sachs: „Die Zahl lässt keinen Zweifel daran, dass wir in einer sehr schweren Rezession sind, der schwersten seit dem Zweiten Weltkrieg. Der einzige Hoffnungsschimmer ist, dass es bei den Stimmungsindikatoren zuletzt eine Stabilisierung gab. Zwar muss man hier noch sehen, ob sich das auch in den harten Zahlen zeigt. Wir gehen aber davon aus, dass wir ab Mitte des Jahres eine Stabilisierung der Wirtschaft sehen könnten.“

Auch sein Commerzbank-Kollege Christoph Weil sieht erste Zeichen für eine Erholung: „Diese schlechten Zahlen für das vierte Quartal dürften niemanden überrascht haben. Der Export ist weggebrochen und die Investitionen dürften zurückgegangen sein. Das erste Quartal wird in Deutschland ebenfalls ein Minus bringen. Aber es wird wohl nicht mehr so stark bergab gehen wie im vierten Quartal 2008. Wir rechnen mit einer Stabilisierung der konjunkturellen Lage zur Jahresmitte hin.“

Bereits im Frühjahr und Sommer 2008 war die Wirtschaftsleistung um jeweils 0,5 Prozent geschrumpft. Zu Jahresbeginn gab es dagegen ein kräftiges Plus von 1,5 Prozent. Deshalb reichte es im Gesamtjahr 2008 noch zu einem Wachstum von 1,3 Prozent. Damit bestätigte das Amt eine erste Schätzung von Mitte Januar.

Für dieses Jahr sagt die Bundesregierung die schwerste Rezession seit 1949 voraus. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte demnach um 2,25 Prozent sinken. Einige Ökonomen halten sogar ein Minus von drei bis vier Prozent für möglich.

Der Euro geriet nach Bekanntgabe der Daten unter Druck und fiel unter die Marke von 1,29 Dollar. Auch Frankreich hatte schlechte Konjunkturdaten gemeldet. Das Bruttoinlandsprodukt sank am Jahresende um 1,2 Prozent.

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