Fall El-Masri Nationale Sicherheit geht über Menschenrecht

Die Chancen des nach eigenen Angaben von der CIA verschleppten deutschen Staatsbürgers Khaled El-Masri, Gerechtigkeit zu erfahren, sind geschwunden. Ein US-Richter wies seine Klage gegen den Geheimdienst ab. Denn im Zuge der Verhandlung müssten Staatsgeheimnisse preisgegeben werden. Und das könne nicht angehen.

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Khaled El-Masri ist vor einem US-Gericht gescheitert. Foto: dpa

HB WASHINGTON/ALEXANDRIA. „Die Frage ist, ob über El-Masris Klage fair verhandelt werden kann, ohne geschützte Staatsgeheimnisse preiszugeben“, hieß es in der Stellungnahme des Bundesgerichts in Alexandria bei Washington, die am späten Donnerstagabend verbreitet wurde. „Diese Frage kann hier leicht verneint werden.“ El-Masri müsste nachweisen, dass er von der CIA verschleppt und inhaftiert wurde. Jede Stellungnahme von Seiten der CIA dazu würde bedeuten, dass der Geheimdienst Angaben über höchst geheime Aktivitäten im Ausland offenlegen müsse. Davor seien US-Behörden durch eine besondere Bestimmung in der US-Gesetzgebung geschützt, sagte der Richter Thomas Ellis und fasste auf dem 17-seitigen Stchriftstück zusammen: „El-Masris private Anliegen müssen hinter dem nationalen Interesse zurückstehen, Staatsgeheimnisse zu bewahren.“ Ellis folgte damit der Argumentation der Regierung. Allerdings hielt der Richter fest, dass sein Bericht keine Stellungnahme zum eigentlichen Fall darstelle. „Die Entscheidung bewertet weder die Wahrheit oder Falschheit der eigentlichen Vorwürfe El-Masris.“ Sein Beschluss sollte auch nicht dahingehend interpretiert werden. El-Masri stehe Wiedergutmachung zu, wenn seine Vorwürfe sich als wahr herausstellten. Diese müsse aber von der US-Regierung geleistet werden und könne nicht auf dem Gerichtsweg geltend gemacht werden. Wie El-Masri die Wiedergutmachung einfordern kann, sagte er jedoch nicht. El-Masri war nach eigenen Angaben während eines Urlaubs in Mazedonien am 31. Dezember 2003 von CIA-Mitarbeitern entführt worden. Die Beamten hätten ihn unter Terrorverdacht drei Wochen in einem Gefängnis in Skopje festgehalten und dann nach Afghanistan verschleppt, gefoltert und erst im Mai 2004 wieder freigelassen. Er sei in Albanien ausgesetzt worden. Grund für die Aktion soll eine Namensverwechslung gewesen sein. El-Masri reichte im Dezember 2005 die Klage gegen den damals amtierenden CIA-Direktor George Tenet ein. Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation ACLU, die El-Masri vertrat, hatte vor Richter Thomas Ellis vergeblich argumentiert, die CIA könne nicht den Schutz von Staatsgeheimnissen geltend machen und sich so der Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen entziehen. El-Masri hat libanesische Eltern. Er zog 1985 nach Deutschland und besitzt seit 1995 die deutsche Staatsbürgerschaft.

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