Kampagnen-Strategie Parteien zahlen Millionen für alte Wahlkampfslogans

Der vorgezogene Termin für die Bundestagswahl lässt den Parteien nicht viel Zeit, sich im Wahlkampf in Szene zu setzen. Noch wird unter Hochdruck an den politischen "Messages" gefeilt. Dabei könnten die Parteien einfach in den einstigen Kampagnen der Konkurrenz stöbern. Denn der Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Slogans der verschiedenen Parteien sind sich erstaunlich ähnlich.

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Die Slogans der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2005. <br>Foto: dpa

"Wir bauen den Fortschritt auf Stabilität", verkündete die CDU 1972. Genau 15 Jahre später verschrieb sich die FDP dem Progress und forderte: "Freiheit, Fortschritt, Leistung." Nur zwei Jahre danach, 1989, entdeckte die SPD das Schlagwort und meinte "Fortschritt nur mit uns." 1953 war es für die Parteien sogar kein Problem, zeitgleich mit ähnlichen Slogans aufzuwarten. Die CDU forderte knapp: "Einheit – Freiheit – Frieden". Etwas weitschweifiger kommt die SPD daher: "Für die Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit". Nah am Wähler wollte sich Anfang der 60er Jahre die SPD positionieren. "Der Mensch im Mittelpunkt", heißt es 1961 programmatisch. Rund 40 Jahre später kommt die CDU auf eine ähnliche Idee. "Besser für die Menschen", so ihr Spruch aus dem Jahr 2003. Kaum anders präsentiert sich die Schwesterpartei zur gleichen Zeit. "Näher am Menschen", möchte die CSU sein. Dass die Werbesprüche der Parteien über die Jahre betrachtet so ähnlich sind, dürfte in der Natur der Losungen begründet liegen. "Als Slogan lässt sich alles bezeichnen, was als prägnante Kernaussage wiederholt in Verbindung mit einer Marke kommuniziert wird", erklärt Alexander Hahn, Gründer von Slogans.de, einem Rechercheportal rund um Marken und Werbesprüche. In der Datenbank von Slogans.de sind rund 18 000 Werbesprüche registriert. Auch die Parolen, die sich die Parteien in den vergangenen 60 Jahren auf die Fahne geschrieben haben, sind dort abrufbar. "Werbeslogans sind die Essenz der Markenstrategie: Sie vermitteln in komprimierter Form die Werte und den Anspruch einer Marke und sind darum grundlegend für den langfristigen Imageaufbau", erläutert Werbefachmann Hahn die wichtigen Elemente der Sprüche. Soll nun eine Partei als Marke dauerhaft an positive Werte gekoppelt werden, ist es nahliegend, die Slogans immer wieder mit hehren Zielen wie Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlstand, Stabilität, Vernunft oder Fortschritt zu verbinden. Nur nutzen damit eben im Laufe der Zeit alle Parteien den gleichen rhetorischen Slogan-Fundus. Die Sprüche werden austauschbar. Trotz eigenem Kampagne-Archiv beauftragen alle Parteien stets aufs Neue in Wahlkampfzeiten Werbeagenturen, damit diese für viel Geld neue Slogans kreieren. So verkündete die SPD 1961 "Wir schaffen das moderne Deutschland". Im Wahljahr 2002 entwickelte die Hamburger Werbeagentur KNSK mit einem Etat von rund 18 Millionen Euro die SPD-Kampagne. Der Slogan: "Für ein modernes Deutschland."

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