Schwarz-Gelb Die Rüstungslobby bangt um neue Aufträge

Kaum jemand in der neuen Koalition geht davon aus, dass der Rüstungsetat nach Plan fortgeschrieben wird. Wegen leerer Haushaltskassen und der neuen Schuldenbremse fehlt dem Bund der Spielraum für laufende und neue Großprojekte. Alle Anschaffungen sollen auf den Prüfstand.

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Der designierte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg muss in seinem Etat einsparen. Quelle: ap Quelle: handelsblatt.com

BERLIN. Für die Rüstungsindustrie klingen die schütteren Sätze in der Koalitionsvereinbarung wie das "Worst Case"- Szenario. Und auch für den neuen Verteidigungsminister, Karl-Theodor zu Guttenberg, gibt es keine gute Nachricht: Angesichts der schlechten Haushaltslage stehen Aufträge an die Industrie zur Disposition. Der Finanzierungsvorbehalt gilt im Etat für etliche Positionen.

Kaum jemand in der neuen Koalition geht noch davon aus, dass der Verteidigungs- und damit der Rüstungsetat nach Plan fortgeschrieben wird. Der bisherigen mittelfristigen Planung zufolge sollte der Etat von knapp 32 auf mehr als 33 Milliarden Euro wachsen. Davon ist keine Rede mehr. Schlicht aber bedrohlich heißt es: Sämtliche Rüstungsprojekte kommen auf den Prüfstand.

Vor allem die FDP, die das konkurrierende Außenamt mit Guido Westerwelle besetzt, spitzt den Rotstift. Nach Willen der Liberalen soll die letzte Tranche für den Eurofighter - die letzte vertraglich vereinbarte Lieferung - von 31 Jets auf "zukünftige Exporte" angerechnet werden. Konkret bedeutet dies, dass die Bundeswehr sie nicht abnimmt. Als Argument dient den Liberalen auch, dass der entsprechende Haushaltsposten mit 14,6 Mrd. Euro bereits jetzt ausgeschöpft ist und jedes weitere Flugzeug den Finanzrahmen sprengen würde.

Nimmt der neue Minister weniger Flugzeuge ab, dann hat das eine weitere Konsequenz: Er müsste vermutlich ein Geschwader streichen. Doch damit nicht genug der schlechten Botschaften. Den Rotstift will die neue Koalition auch und vor allem bei einem Großprojekt der Luftwaffe ansetzen, dem Raketenabwehrsystem MEADS ("Medium Extended Air Defense System"). Es soll die "Patriot"-Mittelstreckenrakete ersetzen. Da das Projekt selbst beim Entwicklungspartner, den amerikanischen Streitkräften, umstritten ist, fällt es den Strategen in CDU und FDP hier offenbar besonders leicht, das gesamte Projekt zu streichen. Bisher plante das Verteidigungsministerium noch, ab dem Jahr 2012 ein Dutzend Raketeneinheiten zu bestellen.

Da im Verteidigungshaushalt die Bereiche Personal und Versorgung rund die Hälfte ausmachen, werden vor allem Beschaffungspläne gekürzt. Das gilt auch im Falle des A 400 M, des längst überfälligen Militärtransporters von EADS. Wie in Berlin und auch beim Hersteller EADS zu hören ist, wurde bereits vertraulich vereinbart, nur noch 45 bis 49 statt der ursprünglich geplanten 60 Maschinen zu kaufen - indes zum vollen Preis. Die Einsparungen beträfen also nicht die Beschaffung, sondern die Folgekosten. "Die Koalition besteht auf vollständiger Erfüllung des Vertrages", signalisiert sie in Richtung EADS, die mit der Lieferung bereits drei Jahre in Verzug ist. Lieferbeginn soll jetzt 2013 sein.

Das Jahr kann entscheidend für den gesamten Verteidigungshaushalt werden. Bis dahin muss zu Guttenberg, der erste CSU-Verteidigungsminister seit Franz Josef Strauß, wohl einen zweistelligen Milliardenbetrag einsparen, um einen veritablen Beitrag zur Schuldenregel zu leisten, die dem Bund bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorschreibt. Bei Verträgen und Vereinbarungen flüchtete Strauß stets ins Lateinische und beschied allen: "Pacta sunt servanda!"

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