Steuern Wie Steinbrück die Rechtssprechung aushebelt

Finanzminister Peer Steinbrück überzieht die Finanzämter mit Nichtanwendungserlassen. Folge: Jeder Steuerzahler muss sich sein Recht erkämpfen.

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Rechts-Bremser Steinbrück. Quelle: AP

Der Finanzminister schäumte. Diesmal nicht wegen der Schweizer. Im Finanzausschuss des Bundestages hatte sich der liberale Abgeordnete Frank Schäffler den Zorn von Peer Steinbrück zugezogen. Der einfache Volksvertreter hatte ihm, dem Bundesminister der Finanzen, zu widersprechen gewagt. Und darauf steht bei Steinbrück Keile. „Ich werde dies meinerseits bei sich bietenden Gelegenheiten beschreiben und bewerten“, drohte der Minister dem verblüfften Delinquenten anschließend schriftlich.

Was war geschehen? Es gebe 51 Erlasse des Ministers, hatte Schäffler zu Steinbrück gesagt, mit denen dieser verhindere, dass Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) auf gleich gelagerte Steuerstreitfälle angewendet werden. Es seien aber nur 20, meinte der Minister. Vielleicht nach Zählart seines Hauses. BFH-Präsident Wolfgang Spindler ist dagegen auf besagte 51 Urteile seines Gerichts gekommen, denen Steinbrück mit sogenannten Nichtanwendungserlassen die flächendeckende Wirkung nahm.

Krieg um Steuergelder

Der bizarre Streit um die Zahlen wirft ein bezeichnendes Licht auf das „rechtsstaatliche Verständnis unseres Finanzministers“, sagt der Heimsberger Rechtsanwalt Konstantin Pseftelis. Der Jurist war bis vor den BFH gezogen, siegte dort im vorigen Herbst – und wurde von Steinbrück ausgebremst. Pseftelis: „Das ist ein richtiger Krieg.“

Dabei geht es nicht um Rohstoffe oder Landgewinn, sondern um Steuergelder. Um zu viel gezahlte Steuergelder, die der Finanzminister behalten will.

Etwa, weil er Ausbildungskosten bei der Einkommensteuer nicht berücksichtigen will. Sascha Fliegner, Rainer Hoth und Peter Stöckmann hatten ihre Ausbildung zum Piloten – die Kosten liegen üblicherweise zwischen 80.000 und 120.000 Euro – anschließend von der Steuer absetzen wollen. Die Finanzämter akzeptieren die Kosten jedoch nur im jeweiligen Entstehungsjahr. Einen Verlustvortrag, wie bei Unternehmen, gibt es für Privatpersonen nicht. Also engagierten die drei Flieger Anwalt Pseftelis, der sie bis zum BFH begleitete. Dieses urteilte, dass ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegt, und gab den drei Piloten recht.

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