Wissenswert Wenn der Bonus unglücklich macht

Sind die eigenen Mitarbeiter mit Ihrem Gehalt zufrieden? Die Antwort auf diese Frage können Unternehmen leicht steuern, wenn sie ein paar Tipps aus der Forschung beherzigen. Denn eine Studie der Universität Köln liefert ein erstaunliches Ergebnis: Besonders transparente Bonussysteme sorgen oft für Unzufriedenheit.

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Bonus allein macht nicht glücklich: Entscheidend ist der Referenzpunkt. Quelle: ap

DÜSSELDORF. Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass Ihr Kollege einen höheren Bonus bekommt als Sie. Dann werden Sie sich mit einem Mal viele Fragen stellen. Hat der Kollege wirklich mehr geleistet? Kann der Chef ihn vielleicht nur besser leiden? Habe ich möglicherweise das falsche Geschlecht? Und: Soll ich mich jetzt mehr anstrengen, oder bin ich beleidigt?

Die Antworten auf diese Fragen sind ganz entscheidend für die künftige Zusammenarbeit im Unternehmen. Wer beleidigt ist, ist unzufrieden und wird sich weniger ins Zeug legen. Das wiederum findet der Arbeitgeber schlecht. Es kommt eine Abwärtsspirale in Gang, bei der beide - Unternehmen und Mitarbeiter - nur verlieren können.

Ist es also sinnvoll, dass die Kollegen wissen, wer welchen Bonus bekommt? Oder könnte weniger Transparenz im Vergütungssystem zu mehr Zufriedenheit und damit auch zu besseren Leistungen führen? Bisher haben Forscher die verschiedenen Reaktionen darauf vor allem in Laborexperimenten studiert. Sie stellten fest: Fairness und Vertrauen spielen eine wichtige Rolle, aber auch Referenzpunkte und Vergleiche mit anderen.

Axel Ockenfels, Dirk Sliwka und Peter Werner, allesamt von der Universität Köln, hatten so etwas wie Forscherglück. Denn die drei konnten auf normalerweise unter Verschluss gehaltene Daten von rund 5 000 echten Führungskräften eines international tätigen Unternehmens zugreifen und diese auch noch mit Ergebnissen einer ausführlichen Umfrage abgleichen.

Felddaten von echten Unternehmen bekommen Forscher nur sehr selten - oft spricht der Datenschutz dagegen, und viele Firmen wollen sich schlicht nicht in die Karten schauen lassen. Andererseits liefern Felddaten nur dann valide Erkenntnisse, wenn die Ergebnisse mit denen einer Kontrollgruppe verglichen werden können. Genau das aber war im betrachteten Unternehmen gegeben.

Denn rund 60 Prozent der Manager arbeitete in Deutschland, der Rest in den USA. Die Vergütungssysteme in beiden Ländern waren identisch, nur die Kommunikation war unterschiedlich. Während den deutschen Managern erklärt wurde, ob sie 100 Prozent oder mehr oder weniger der erwarteten Leistung erreicht hatten, erhielten die US-Führungskräfte nur Angaben über einen zu zahlenden Bonus in Dollar.

Beim Vergleich stellten die Forscher fest, dass im transparenten deutschen Vergütungssystem der Referenzpunkt von 100 Prozent eine wesentlich wichtigere Rolle spielte als in den USA. Das führte dazu, dass deutsche Führungskräfte auch häufiger den 100-Prozent-Bonus erhielten.

Zwei Gründe waren dabei entscheidend. Der Bonitopf war in beiden Ländern begrenzt. Bekam ein Kollege von seinem Vorgesetzten einen höheren Bonus als 100 Prozent gewährt, führte das automatisch zu einer Verringerung des Bonus für einen anderen Kollegen. Und: Die Führungskräfte bewerteten ihre Vorgesetzten auch. Wer weniger als 100 Prozent Bonus bekam, bewertete seine Chefs deutlich schlechter. Aus zwei Richtungen drängte also alles auf den Referenzpunkt von 100 Prozent Bonus.

In den USA zeigte sich ein ganz anderes Bild, obwohl das Vergütungssystem identisch war. Dort erhielt weniger als jeder zehnte der Führungskräfte den 100-Prozent-Bonus. Die Zusatzvergütungen waren breiter gestreut - sowohl nach oben als auch nach unten. Einen eindeutigen Referenzpunkt konnten die Forscher nicht feststellen.

In einem zweiten Schritt glichen die Forscher ihre Daten mit den Ergebnissen der Umfrage ab. So zeigten sich die US-Manager zufriedener als ihre deutschen Kollegen. Mit verschiedenen Regressionsanalysen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Zufriedenheit der Manager im transparenten deutschen System geringer ausfällt. Vor allem: Wer weniger als 100 Prozent Bonus bekam, der wurde deutlich unzufriedener, während die Zufriedenheit bei denen, die mehr als 100 Prozent bekamen, nicht in gleichem Maße stieg.

Ockenfels, Sliwka und Werner kommen zu dem Schluss, dass Transparenz tatsächlich schädlich für die Zufriedenheit und damit auch für die Leistungskraft von Führungskräften sein kann. In den USA wichen die obersten Bosse sogar häufiger von den 100-Prozent-Boni ab und ernteten trotzdem mehr Zufriedenheit der Führungskräfte.

Daraus folgern die Kölner, dass es zu weniger frustrierenden Vergleichen kommt, wenn es eben keinen Referenzpunkt gibt. Ganz nach dem Motto: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß." Das betrachtete Unternehmen jedenfalls hat nun - so schreiben die Autoren - als Reaktion auf die Studie auch das deutsche Vergütungssystem etwas weniger transparent gestaltet.

"Bonus Payments and Reference Point Violations" von Axel Ockenfels, Dirk Sliwka und Peter Werner. IZA-Diskussionspapier (Feb. 2010)

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