Für Anleger wurde Douglas zu einer herben Enttäuschung. Nur wenige Tage nach der Ankündigung des Börsengangs griff dann doch der Finanzinvestor CVC bei der Parfümeriekette zu. „Als zuverlässiger und langfristig orientierter Partner wird CVC uns mit zusätzlicher Industrieexpertise sowie finanziellen Mitteln unterstützen, um unser nachhaltiges Wachstum sicherzustellen“, erklärte Douglas-Chef Henning Kreke. Der Börsengang habe sich nur als zweitbeste Option für das Unternehmen herausgestellt.
Was Sie über die Börsenkandidaten wissen sollten
ZALANDO (Online-Versand von Schuhen und Bekleidung)
Börse: Frankfurt (Prime Standard)
Erstnotiz: 1. Oktober
Zuteilungspreis: 21,50 Euro
Eigentümer: Kinnevik (36,5 Prozent), European Founders Fund/Gebrüder Samwer (17 Prozent), Bestseller/Anders Holch Povlsen (10 Prozent), Tengelmann (5 Prozent), Holtzbrinck Ventures (8 Prozent), OTPP (2 Prozent)
Bewertung: bis zu 5,34 Milliarden Euro
Platzierungsvolumen: 526 Mio. Euro (605 Mio. Euro inkl. Mehrzuteilung)
Streubesitz: 11,3 Prozent
Banken: Credit Suisse, Morgan Stanley und Goldman Sachs
Umsatz und Ebit:
2011: 510 Mio. Euro Umsatz, Ebit¹: -57 Mio. Euro
2012: 1159 Mio. Euro, Ebit¹: -77 Mio. Euro
2013: 1762 Mio. Euro, Ebit¹: -99 Mio. Euro
2014: 2235 Mio. Euro², Ebit¹: 52 Mio. Euro
2015: 2784 Mio. Euro², Ebit¹: 136 Mio. Euro
2016: 3399 Mio. Euro², Ebit¹: 207 Mio. Euro
¹Gewinn vor Zinsen und Steuern, Nettogewinn ist weiter negativ
²Prognose der Deutschen Bank
ROCKET INTERNET (Holding von jungen Internet-Unternehmen)
Börse: Frankfurt (Entry Standard)
Erstnotiz / Handelsstart: 2. Oktober
Zeichnungsfrist: 24. September bis 1. Oktober
Preisspanne: 35,50 bis 42,50 Euro
Platzierung: 33 bis 38 Millionen Aktien
Volumen: 1,477 Millionen Euro
erwarteter Börsenwert des Unternehmens: 6,2 bis 6,7 Milliarden Euro
Eigentümer: Brüder Samwer (52,3 Prozent), Kinnevik (18,1 Prozent), United Internet (10,4 Prozent, Access Industries (Len Blavatnik, 8,3 Prozent), Philippine Long Distance Telephone (PLDT, 8,4 Prozent), Holtzbrinck Ventures (2,5 Prozent)
Banken: JPMorgan, Morgan Stanley, Berenberg
TELE COLUMBUS (Kabelnetzbetreiber)
Zeitpunkt: Herbst 2014
Eigentümer: mehrere Hedgefonds
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: JPMorgan, Goldman Sachs
TLG IMMOBILIEN (Gewerbeimmobilien in Ostdeutschland)
Zeitpunkt: Herbst 2014
Eigentümer: Lone Star
Bewertung: 1,5 Milliarden Euro (inklusive Schulden)
Volumen: rund 500 Millionen Euro
Banken: UBS, JPMorgan
STEINHOFF (Möbelproduktion und -handel)
Zeitpunkt: nach dem 9. September
Eigentümer: börsennotiert, Gründer Bruno Steinhoff größter Aktionär
Bewertung: knapp 9 Milliarden Euro (Börsenwert)
Volumen: Wechsel von der Börse Johannesburg nach Frankfurt, Kapitalerhöhung im Juli durchgeführt, möglicherweise weitere Platzierung im Zuge des Wechsels des Börsenplatzes.
Banken: Kapitalerhöhung begleitet von Barclays, BNP Paribas, Citigroup, HSBC und Commerzbank
HELLA (Autoscheinwerfer-Hersteller)
Zeitpunkt: Herbst 2014 möglich
Eigentümer: Familie
Bewertung: rund 3,5 Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: Citi, Bankhaus Lampe
ARMACELL (Dämmstoff-Hersteller)
Zeitpunkt: Ende 2014/Anfang 2015
Eigentümer: Charterhouse Capital Partners
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: Deutsche Bank, Bank of America Merrill Lynch, BNP Paribas
SCOUT24 (Betreiber von Online-Marktplätzen)
Zeitpunkt: Ende 2014/Anfang 2015
Eigentümer: Hellman & Friedman (49 Prozent), Blackstone (21 Prozent), Deutsche Telekom (30 Prozent)
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: rund 400 Millionen Euro (für 20 Prozent der Anteile)
Banken: Goldman Sachs, Credit Suisse als Koordinatoren (erwartet)
SIEMENS AUDIOLOGISCHE TECHNIK (Hörgeräte)
Zeitpunkt: frühestens Ende 2014
Eigentümer: Siemens AG
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: möglicherweise als Spin-off mit Ausgabe von Aktien an Siemens-Aktionäre
Banken: Auswahl in Kürze erwartet
AXEL SPRINGER DIGITAL CLASSIFIEDS (Online-Anzeigenbörse)
Zeitpunkt: Anfang 2015
Eigentümer: Axel Springer SE (70 Prozent), General Atlantic (30 Prozent)
Bewertung: rund drei Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: noch nicht ausgewählt
DOUGLAS (Parfümerie, Einzelhandel)
Zeitpunkt: Frühjahr 2015
Eigentümer: Advent International und Familie Kreke
Bewertung: rund zwei Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: noch nicht ausgewählt
HAPAG-LLOYD (Reederei)
Zeitpunkt: Herbst 2015
Eigentümer: (vor Vollzug der Fusion mit CSAV ) Stadt Hamburg (37 Prozent), Kühne Maritime (28 Prozent), TUI (22 Prozent), Signal Iduna (5 Prozent), HSH Nordbank (3 Prozent), M.M. Warburg & Co (2,9 Prozent) und HanseMerkur (1,8 Prozent), CSAV erhält zunächst 30, später 34 Prozent.
Dabei wäre Douglas für Anleger durchaus interessant gewesen. In den zwei Jahren der Restrukturierung hat sich das Unternehmen von einer primär in Deutschland tätigen Einzelhandelsgruppe zu einer international tätigen, fokussierten Parfümeriekette gewandelt. Laut Unternehmensangaben hätten Anleger in den europäischen Marktführer investieren können. Und: Der Börsengang wäre Finanzkreisen zufolge auf ein Emissionsvolumen von über einer Milliarde Euro gekommen.
Das wäre das größte Debüt seit Rocket Internet im Oktober 2014 gewesen - und Douglas galt damit als Kandidat für den MDax. Doch dass sich die Alteigentümer - hier der Finanzinvestor Advent und die Familie Kreke - kurzfristig anders entscheiden, ist kein Einzelfall. Denn immer mehr Unternehmen in Deutschland und auch in Europa bereiten nicht mehr nur einfach ihren Gang auf das Börsenparkett vor. Zugleich lassen sie auch prüfen, ob ein Verkauf mehr Sinn machen könnte. Auch wenn Börsengänge derzeit Hochkonjunktur haben - große und bekannte Namen gehen häufig im letzten Moment noch an einen einzelnen Investor.
Vor allem Beteiligungsgesellschaften, die sich von Portfoliofirmen trennen wollen, loten meist alle möglichen Wege aus - den Verkauf an einen strategischen Investor, die Weitergabe an einen anderen Finanzinvestor oder den Börsengang. Bei einem Verkauf können die Alteigentümer das Unternehmen auf einen Schlag loswerden, während dies beim Börsengang in der Regel nur schrittweise erfolgt. Der Hintergedanke bei der zeitgleichen Vorbereitung eines Verkaufs und eines Börsengangs - dem sogenannten „Dual Track“ - ist, den Verkaufspreis nach oben zu treiben.
Aufgrund der starken Aktienmarktentwicklung habe bei vielen Dual Tracks in diesem Jahr zwar der Börsengang im Vordergrund gestanden, sagt Dirk Albersmeier, Co-Chef des M&A-Geschäfts in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei JP Morgan: „Die zunehmende Volatilität und die ausgesprochen guten M&A-Bewertungen haben jedoch dazu geführt, dass in letzter Zeit nahezu alle großen Dual-Track-Verfahren in Europa in einer M&A-Transaktion geendet sind.“
Einen klassischen Königsweg gibt es nicht
So schluckte der Finanzinvestor Cinven den Laborausrüster Labco, die Deutsche Telekom hat den Telekommunikationskonzern Slovak Telekom komplett übernommen, die britische Modekette New Look ging an die südafrikanische Investmentgruppe Brait, und der kanadische Asset-Manager Brookfield kaufte die Ferienparkkette Center Parcs.
Das sind eine ganze Menge Firmen, obwohl doch eigentlich auch die Börsengänge in Europa Hochkonjunktur haben. Martin Steinbach, der bei EY den Bereich IPO und Listing Services in Deutschland, Schweiz und Österreich leitet, sagt: „Im ersten Halbjahr 2015 sind 13 Prozent aller Exits aus Private-Equity- oder Venture-Capital-Portfolios in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika über einen Börsengang erfolgt - das ist ein Allzeithoch.“ Der Trend gehe derzeit im IPO-Markt jedoch zu großen Transaktionen. „Und je größer diese sind, desto wahrscheinlicher ist ein Verkauf an einen einzelnen Investor.“ Die meisten Kaufinteressenten gebe es bei Unternehmen, die einen starken Markennamen oder hohe Marktanteile haben.
Börsengang: Fakten und Begriffe
IPO steht für „Initial Public Offering“, was so viel wie „erstmaliges öffentliches Angebot“. Im Angelsächsischen spricht man bei einem Börsengang auch von „going public“. Es geht also um den Börsengang, der Anlegern erstmals öffentlich Teile des Unternehmens in Form vom Aktien anbietet. Die Aktien sind dabei ein – meist winziger – verbriefter Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens.
Eine Neuemission ist ein Angebot neu geschaffener Wertpapiere. Das können Aktien, Anleihen, Zertifikate oder sonstige Wertpapiere sein. Kommen etwa bei einem Börsengang neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung auf den Markt, spricht man von einer Neuemission.
Sie legt den Zeitraum fest, innerhalb dessen ein Anleger neu emittierte Wertpapiere zeichnen kann, also sich durch schriftliche Erklärung die Übernahme eines bestimmten Betrags zusichern kann. Nur wenn die Nachfrage schwach ist, wird eine Zeichnungsfrist auch mal verlängert.
Vor Beginn der Zeichnungsfrist nennt das Unternehmen eine Preisspanne, zum Beispiel von 20 bis 25 Euro. Die Investoren teilen dann mit, wie viele Aktien sie zu übernehmen bereit sind und nennen dafür einen Preis innerhalb der Preisspanne. Kommen nicht genug Anfragen zusammen, kann das Unternehmen – der Emittent – die Preisspanne auch senken. Aus den Zeichnungsaufträgen ermittelt der Emittent dann den Ausgabepreis, zu dem es die Aktien den Investoren überlässt.
Bei vielen Börsengängen können über das genannte Emissionsvolumen hinaus in den Tagen nach der Erstnotiz an der Börse weitere Aktien ausgegeben werden. Diese Mehrzuteilung wird auch Greenshoe genannt. Sie kommt bei hoher Nachfrage nach den Wertpapier zum Einsatz. Wie groß der Greenshoe ist, muss im Börsenprospekt stehen.
Nachdem die Aktien zum Ausgabepreis an die Anleger verteilt worden sind, wird es ernst: Die Aktien werden zum ersten Mal an der Börse gehandelt. Aus Kauf- und Verkaufsangebot wird der erste Kurs im Handel ermittelt – die Aktie notiert zum ersten mal an der Börse. Die Erstnotiz erfolgt zum angekündigten Datum, der erste Handelskurs sollte über dem Ausgabepreis liegen.
Wertpapiere, die an einer Börse gehandelt werden, unterliegen bestimmten Spielregeln. An einem regulierten Markt sind diese besonders umfassend und verlangen zum Beispiel Banken, die den Handel betreuen und Berichtspflichten, wie die Veröffentlichung von Quartalsberichten nach bestimmten Vorschriften. Am unregulierten Markt sind die Vorschriften lascher und die eine Überwachung des Handels – etwa bei der Kursbestimmung - greift nicht.
Beim Börsengang kommt eine zuvor festgelegt Zahl an Aktien in den Börsenhandel. Der Wert all dieser Aktien zusammen entspricht dem Platzierungsvolumen. Dabei kann es sich um neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung (Neuemission) oder um Aktien der bisherigen Eigentümer und vorbörslichen Investoren handeln.
Multipliziert man den Aktienkurs mit der Zahl aller frei handelbaren Aktien eines Unternehmens, erhält man den Börsenwert eines Unternehmens. Dieser entspricht der Marktkapitalisierung gleichgesetzt. Die Aktien, die nicht zum Handel an der Börse zugelassen sind, – also im Bestand des Unternehmens verbleiben – sind dabei unberücksichtigt.
Unternehmen lassen selten alle Aktien an der Börse zum freien Handel zu, sondern lediglich einen Teil. Liegt etwa der Streubesitz bei 30 Prozent, sind auch nur 30 Prozent der Eigenkapitalanteile an der Börse handelbar. Je höher der Streubesitz, umso liquider ist der Handel und umso geringer die Kursschwankungen, die sich aus Kauf- und Verkaufsorders ergeben.
In der Regel verbleibt bei einem Börsengang ein großer Teil der Aktien in Besitz von den bisherigen Eigentümern. Während der Haltefrist – auch Lock-up-Periode genannt – dürfen sie aus diesem Bestand keine Aktien verkaufen. Eine lange Haltefrist gilt als Bekenntnis zu einem Unternehmen.
Die Konsortialbanken begleiten den Börsengang und anschließenden Aktienhandel für ein Unternehmen. Das lassen sich die Banken natürlich vom Unternehmen bezahlen. Eine besondere Aufgabe fällt den Konsortialbanken zu, die sich als Designated Sponsor engagieren. Sie sorgen dafür, dass der Handel liquide bleibt, auch wenn zum Beispiel Käufer keinen Verkäufer der Papiere finden. Dann übernehmen sie den Part des Verkäufers, damit immer ein Kurs gestellt werden kann.
Darunter versteht man das Verfahren, mit dem der Preis für neu an die Börse zu bringende Aktien festgelegt wird. Da vor der Emission von neuen Aktien kein Börsenhandel mit diesen Papieren stattfindet, kann dieser Preis nicht durch Angebot und Nachfrage an der Börse bestimmt werden. Beim angelsächsischen Auktionsverfahren geben die Banken, die das Unternehmen an die Börse bringen, eine Preisspanne vor. Innerhalb dieser können Investoren ihre Gebote abgeben. Auf Grund der vorliegenden Orderlage wird der tatsächliche Emissionskurs letztlich aus dem Gebots-Durchschnitt gebildet. Früher wurde das heute kaum noch gebräuchliche Festpreisverfahren angewandt, bei dem sich die beratenden Banken und die AG schon vor Verkaufsangebot auf einen Preis einigten, den Anleger dann akzeptieren mussten.
Die Roadshow ist eine Werbetour eines Unternehmens bei möglichen Investoren. Dabei wird versucht, möglichst viele Investoren zu gewinnen, die den angestrebten Preis für die Aktien zu zahlen bereit sind. Die Roadshow ist daher wichtig, um die richtige Preisspanne auszuloten.
Einen klassischen Königsweg gibt es zwar nicht. Grundsätzlich ist der Verkauf an einen strategischen Investor aber für Beteiligungsgesellschaften am interessantesten. „Da sich durch den Zukauf häufig Ertrags- und Kostensynergien ergeben sowie der Eintritt in neue Märkte dadurch schneller gelingt, sind diese Investoren in der Regel bereit, den höheren Kaufpreis zu zahlen“, erklärt Steinbach. Wenn die potenziellen Käufer wissen, dass zeitgleich ein Börsengang vorbereitet wird, steigt die Bereitschaft, viel Geld auf den Tisch zu legen, möglicherweise noch weiter.
Für viele Unternehmer, die weiterhin das Sagen in ihrer Firma haben möchten, kommt es aber häufig nicht infrage, an einen einzelnen Investor zu verkaufen. „Bei einem Börsengang bleiben sie unabhängiger und flexibler“, betont Steinbach. „Dass der Börsengang bevorzugt wird, ist nicht ungewöhnlich, da hierdurch auch Aufmerksamkeit erzeugt wird“, sagt auch Berthold Fürst, der das deutsche M&A-Geschäft bei der Deutschen Bank leitet. Albersmeier von JP Morgan ist daher überzeugt, dass sich das Verhältnis von Börsengängen und Verkäufen mittelfristig ausbalanciert.
Kandidaten gibt es auch in Deutschland noch genügend. Während der Raststättenbetreiber Tank & Rast wohl eher verkauft wird, scheint unter anderem bei der Deutschen Pfandbriefbank PBB und dem Modeunternehmen CBR der Börsengang die bevorzugte Variante zu sein.