Rennen um die besten Firmen Wenn Großinvestoren im letzten Moment zuschnappen

In Europa boomen Börsengänge. Doch auch wenn IPOs gerade Hochkonjunktur haben - große und bekannte Namen gehen häufig im letzten Moment doch noch an einen einzelnen Investor.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Was Alibaba alles macht
Wenn es um die Könige des Onlinehandels geht, dann reden viele über US-Konzerne wie Amazon und Ebay. Es gibt aber einen Akteur aus China, der mit zwei seiner Portale im Jahr 2012 sogar mehr verkaufte als die beiden amerikanischen Konkurrenten: Alibaba. Der „Economist“ bezifferte den Wert der vertriebenen Produkte auf 170 Milliarden Dollar – mehr als die US-Riesen zusammen erwirtschafteten. Das dürfte auch daran liegen, dass Alibaba sich nicht nur auf den Onlinehandel beschränkt. Handelsblatt Online hat zusammengetragen, welche Geschäftsmodelle sich hinter dem Namen verbergen. Quelle: AP
AlibabaDer bekannteste Geschäftsbereich des Konzerns: die gleichnamige Handelsplattform Alibaba. Anders als Amazon, das mit der Plattform gerne verglichen wird, richtet sich Alibaba nicht direkt an die Kunden, sondern ist eine Plattform für Geschäftspartner, ein sogenannter B2B-Handel. Auf der Webseite können Unternehmen ihre Gebote für das Produkt einer anderen Firma abgeben – etwa Büro- oder IT-Materialien. Quelle: dpa
TaobaoDie Online-Plattform erinnert schon eher an ein bekanntes Geschäftsmodell: Taobao ist eine Auktionsplattform, gewissermaßen das chinesische Ebay. Besonders beliebt ist die App für das Smartphone. Nach Angaben des chinesischen Marktforschungsinstituts iResearch ist die mobile Version die beliebteste „Mobil-Kommerz-App“ im Reich der Mitte und zählt monatlich die meisten aktiven Nutzer. Auf der Plattform kann jeder seine eigenen Sachen einstellen und verkaufen oder auf angebotene Produkte bieten. Quelle: Screenshot
TmallDie Shoppingseite erinnert an eine Art hochwertiges Amazon. Tmall, ehemals Taobao Mall, hat sich darauf spezialisiert, Markenprodukte anzubieten. Dort können Modeketten wie Uniqlo, Adidas und New Balance ihre Produkte an den Kunden bringen. Auch IT-Spezialisten wie Dell, Samsung oder Nokia zählen zu den Anbietern. Gemessen am Bruttowert der Waren, war Tmall im Jahr 2013 die größte Handelsplattform in China. Quelle: Screenshot
1688Eine der ältesten Alibaba-Webseiten entstand bereits 1999. Das Onlineportal 1688 hat den Großhandel ins digitale Zeitalter verfrachtet. Die Webseite bietet chinesischen Händlern direkten Kontakt und soll dabei helfen, heimische Marken auf die Portale von Alibaba zu holen. Quelle: Screenshot
AliexpressEin Outlet im Internet – so lässt sich wohl am besten das Angebot von Aliexpress beschreiben. Das Onlineportal stellt den Kontakt zwischen Konsumenten und Großhändlern sowie Produzenten in China her. Bisher fokussiert sich das Unternehmen auf die Märkte in Russland, Brasilien und den USA. Doch auch in Europa kann man bereits über die chinesische Plattform bestellen. Quelle: Screenshot
AlipayAlibaba-Gründer Jack Ma (Bild) ist aber nicht nur im Onlinehandel aktiv, sondern hat auch eine Onlinebezahlmethode entwickelt. Weil in China Kreditkarten nicht so verbreitet sind wie in der westlichen Welt, hat Ma ein System erschaffen, mit dem die Kunden die Waren seiner Onlineanbieter auch direkt über Alipay begleichen. Das Unternehmen kooperiert mit den großen chinesischen Banken sowie Visa und Mastercard. Um den Kunden die Sorge zu nehmen, dass ihre Waren trotz Bezahlens nicht ankommen, bietet Alipay die Möglichkeit, das Geld zurückzuhalten, bis der Kunde den Erhalt der Ware bestätigt hat. Mit dieser Methode hat sich Alipay zu einem Giganten unter den Bezahldiensten entwickelt – und die Onlinetransaktionen seit 2008 auf einen Wert von 660 Milliarden US-Dollar getrieben, wie die Credit Suisse berichtet. Zuvor sei der Onlinemarkt für Bezahldienste fast nicht existent gewesen. Quelle: REUTERS

Für Anleger wurde Douglas zu einer herben Enttäuschung. Nur wenige Tage nach der Ankündigung des Börsengangs griff dann doch der Finanzinvestor CVC bei der Parfümeriekette zu. „Als zuverlässiger und langfristig orientierter Partner wird CVC uns mit zusätzlicher Industrieexpertise sowie finanziellen Mitteln unterstützen, um unser nachhaltiges Wachstum sicherzustellen“, erklärte Douglas-Chef Henning Kreke. Der Börsengang habe sich nur als zweitbeste Option für das Unternehmen herausgestellt.

Was Sie über die Börsenkandidaten wissen sollten

Dabei wäre Douglas für Anleger durchaus interessant gewesen. In den zwei Jahren der Restrukturierung hat sich das Unternehmen von einer primär in Deutschland tätigen Einzelhandelsgruppe zu einer international tätigen, fokussierten Parfümeriekette gewandelt. Laut Unternehmensangaben hätten Anleger in den europäischen Marktführer investieren können. Und: Der Börsengang wäre Finanzkreisen zufolge auf ein Emissionsvolumen von über einer Milliarde Euro gekommen.

Das wäre das größte Debüt seit Rocket Internet im Oktober 2014 gewesen - und Douglas galt damit als Kandidat für den MDax. Doch dass sich die Alteigentümer - hier der Finanzinvestor Advent und die Familie Kreke - kurzfristig anders entscheiden, ist kein Einzelfall. Denn immer mehr Unternehmen in Deutschland und auch in Europa bereiten nicht mehr nur einfach ihren Gang auf das Börsenparkett vor. Zugleich lassen sie auch prüfen, ob ein Verkauf mehr Sinn machen könnte. Auch wenn Börsengänge derzeit Hochkonjunktur haben - große und bekannte Namen gehen häufig im letzten Moment noch an einen einzelnen Investor.

Vor allem Beteiligungsgesellschaften, die sich von Portfoliofirmen trennen wollen, loten meist alle möglichen Wege aus - den Verkauf an einen strategischen Investor, die Weitergabe an einen anderen Finanzinvestor oder den Börsengang. Bei einem Verkauf können die Alteigentümer das Unternehmen auf einen Schlag loswerden, während dies beim Börsengang in der Regel nur schrittweise erfolgt. Der Hintergedanke bei der zeitgleichen Vorbereitung eines Verkaufs und eines Börsengangs - dem sogenannten „Dual Track“ - ist, den Verkaufspreis nach oben zu treiben.

Aufgrund der starken Aktienmarktentwicklung habe bei vielen Dual Tracks in diesem Jahr zwar der Börsengang im Vordergrund gestanden, sagt Dirk Albersmeier, Co-Chef des M&A-Geschäfts in der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei JP Morgan: „Die zunehmende Volatilität und die ausgesprochen guten M&A-Bewertungen haben jedoch dazu geführt, dass in letzter Zeit nahezu alle großen Dual-Track-Verfahren in Europa in einer M&A-Transaktion geendet sind.“


Einen klassischen Königsweg gibt es nicht

So schluckte der Finanzinvestor Cinven den Laborausrüster Labco, die Deutsche Telekom hat den Telekommunikationskonzern Slovak Telekom komplett übernommen, die britische Modekette New Look ging an die südafrikanische Investmentgruppe Brait, und der kanadische Asset-Manager Brookfield kaufte die Ferienparkkette Center Parcs.

Das sind eine ganze Menge Firmen, obwohl doch eigentlich auch die Börsengänge in Europa Hochkonjunktur haben. Martin Steinbach, der bei EY den Bereich IPO und Listing Services in Deutschland, Schweiz und Österreich leitet, sagt: „Im ersten Halbjahr 2015 sind 13 Prozent aller Exits aus Private-Equity- oder Venture-Capital-Portfolios in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika über einen Börsengang erfolgt - das ist ein Allzeithoch.“ Der Trend gehe derzeit im IPO-Markt jedoch zu großen Transaktionen. „Und je größer diese sind, desto wahrscheinlicher ist ein Verkauf an einen einzelnen Investor.“ Die meisten Kaufinteressenten gebe es bei Unternehmen, die einen starken Markennamen oder hohe Marktanteile haben.

Börsengang: Fakten und Begriffe

Einen klassischen Königsweg gibt es zwar nicht. Grundsätzlich ist der Verkauf an einen strategischen Investor aber für Beteiligungsgesellschaften am interessantesten. „Da sich durch den Zukauf häufig Ertrags- und Kostensynergien ergeben sowie der Eintritt in neue Märkte dadurch schneller gelingt, sind diese Investoren in der Regel bereit, den höheren Kaufpreis zu zahlen“, erklärt Steinbach. Wenn die potenziellen Käufer wissen, dass zeitgleich ein Börsengang vorbereitet wird, steigt die Bereitschaft, viel Geld auf den Tisch zu legen, möglicherweise noch weiter.

Für viele Unternehmer, die weiterhin das Sagen in ihrer Firma haben möchten, kommt es aber häufig nicht infrage, an einen einzelnen Investor zu verkaufen. „Bei einem Börsengang bleiben sie unabhängiger und flexibler“, betont Steinbach. „Dass der Börsengang bevorzugt wird, ist nicht ungewöhnlich, da hierdurch auch Aufmerksamkeit erzeugt wird“, sagt auch Berthold Fürst, der das deutsche M&A-Geschäft bei der Deutschen Bank leitet. Albersmeier von JP Morgan ist daher überzeugt, dass sich das Verhältnis von Börsengängen und Verkäufen mittelfristig ausbalanciert.

Kandidaten gibt es auch in Deutschland noch genügend. Während der Raststättenbetreiber Tank & Rast wohl eher verkauft wird, scheint unter anderem bei der Deutschen Pfandbriefbank PBB und dem Modeunternehmen CBR der Börsengang die bevorzugte Variante zu sein.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%